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1610 01 - Der letzte Alchimist

1610 01 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 01 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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unglücklichen feindlichen Soldaten in den Niederlanden abgenommen hatte. Seitdem hat dieser Mantel mehr als zehn Jahre Krieg erlebt. Derart gewandet würde uns kein Mensch für wohlhabende Reisende halten.
    Saburo schlug die Kapuze zurück und stapfte zur Laufplanke.
    Ich schnappte mir meine Satteltaschen, warf sie mir über die Schulter, um mein Gesicht zu verbergen, und schlurfte hinter ihm her, wobei ich ein wenig gebückt lief, sodass mich meine Körpergröße nicht verraten würde.
    Tanaka Saburo war nicht fremdartig genug, als dass jedermann sofort erkennen konnte, dass etwas mit ihm nicht stimmte; dennoch zog er die Aufmerksamkeit auf sich. Kein Mensch blickte in meine Richtung, als ich von Bord ging. Und auch nicht zu Mademoiselle Dariole, wie ich bemerkte, als sie mir in ihren Männerkleidern folgte. Der englische Spion beobachtete nur den Mann aus Nihon, die Zunge zwischen den Lippen hindurchgeschoben, als würde er lateinische Grammatik lernen.
    Nehmen wir einmal an, ich würde zu Sullys Mann hier gehen, Beaumont. Aber vielleicht hat man ihn schon zurückgerufen … oder gar verhaftet. Nein. Beaumont hat schon immer das Gras wachsen hören …
    »Falls es nicht schon so ist, wird die Medici bald ihre Agenten hier haben«, bemerkte ich und ging nun neben Saburo her. »Und wie ich London kenne, wird der englische Spionagemeister Robert Cecil in jeder Taverne seine Agenten haben wie auch in den Straßen, zusammen mit einer ganzen Reihe von Amateuren.«
    Auch würde es hier spanische Agenten geben, von denen nicht alle der englischen Regierung bekannt waren. Außerdem noch Türken, Slawen und Agenten der niederländischen Republik, die jedoch wohl eher Wirtschaftsspionage betreiben würden – es sei denn sie gehörten zu den französischen Exilanten am Hofe des Erzherzogs. Auch würde man hier verdeckt arbeitende Jesuiten finden, und jeder würde sich als jemand anders ausgeben!
    Den Namen Rochefort kann ich nicht verwenden und auch nicht Belliard. Ravaillac wird schon vor Tagen geredet haben.
    »Rasch jetzt, aber lasst es nicht so aussehen, als würden wir uns beeilen.« Ich scheuchte Saburo durch das dichte Gedränge auf der St Katharine's Stair, wobei wir immer wieder Seeleuten ausweichen mussten, die Fracht entluden. Dariole folgte uns.
    Wo ich uns auf die Straßen führen wollte, die uns weg von diesen außerhalb gelegenen Pfarreien in die City von London bringen würden, stolperte uns eine fröhliche Gruppe Männer entgegen. Bei dem Versuch, ihnen aus dem Weg zu springen, verlor ich den Informanten aus den Augen. Ich kniff die Augen zusammen und blickte hinter mich. Schließlich sah ich ihn, wie er inmitten von Männern, die wie Kauffahrer aussahen, wieder in Richtung Taverne verschwand. Offenbar hatte der Durst die Überhand gewonnen, oder vielleicht hatte er auch nur ein paar Sekunden zu lange gewartet. In jedem Fall sorgte ich dafür, dass wir rasch in der Menge verschwanden und er nicht mehr zu uns aufschließen konnte. Dabei bemerkte ich, dass mir der Schweiß über den Rücken lief.
    Dariole holte uns schwankend ein. Dass sie mit ihrem langen Schwert immer wieder gegen die Passanten stieß, schien sie nicht im Mindesten zu stören. »Hier entlang«, sagte sie.
    »Ich hoffe, Eure Erinnerung, was diese Stadt betrifft, ist besser als Eure Sprachkenntnisse, Mademoiselle.«
    Sie warf mir einen missbilligenden Blick zu. Dann führte sie uns über Wege, an die ich mich vage von meinem letzten Besuch erinnerte: über die Hogges Lane zum Tower Hill, wo wir zwischen Frauen hindurch schritten, die zum Waschen an den Fluss gingen, und anschließend über die Marck's Lane in die City. Irgendwo südlich von More Gate verlor ich endgültig die Orientierung.
    »Wart Ihr schon einmal hier?«, fragte Saburo und schaute mich an. »Werden wir dort bleiben, wo Ihr schon einmal geblieben seid?«
    »Der Duc de Sully war ein hochgeehrter Gast des englischen Königs.« Ich schüttelte meine Gedanken ab und grinste grimmig. »Ich nehme nicht an, dass man uns in das Haus eines großen Lords einladen wird, Messire Saburo. Wir werden uns wohl selbst etwas suchen müssen.«
    Als ich Paris zehn Tage zuvor verlassen hatte, war ich fast ohne Geld abgereist. Nun, zehn Tage voller Ausgaben später und nach der Fahrt mit der St Willibrod … Wenn ein Mann offenkundig das Land mit den Behörden auf den Fersen verlässt, zahlt er meist deutlich mehr als den üblichen Preis. Der Preis für die Schiffspassage eines Pferdes beträgt

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