1610 02 - Kinder des Hermes
seid nicht de Rochefort‹, hatte sie einst zu mir in der schmuddeligen Taverne gesagt, wo man Maignan auf ihren Befehl hin ermordet hatte. Sie bemerkte jedoch nichts dazu, dass Cecil den Adelspartikel benutzte. Sie schaute mich einfach nur weiter an, und es schien, als hätte sie am liebsten gelächelt, hätte dieses Lächeln dem Beobachter nicht zu viel verraten.
»Natürlich, Eure Majestäten; Herr Minister«, willigte ich elegant ein.
Was würde mir eine offene Anklage nützen?
Meine Gedanken überschlugen sich geradezu, während ich die Hände hinter dem Rücken verschränkte und berichtete, was zwischen mir und Robert Fludd in den vergangenen drei Monaten geschehen war. Wenn ich sie anklage, wird man mich dann anhören? Ravaillac ist tot. Er ist gestorben, ohne ›Monsieur Belliard‹ auch nur mit einem Wort zu erwähnen, der ihm geholfen hat, Heinrich IV. zu ermorden. Ich bin allein; das Wort eines einzelnen Mannes … das Wort eines Spions.
Und egal wie viel Respekt ich mir auch am Stuarthof verdient haben mag, das Letzte, was der Herr Minister und Seine Majestät jetzt hören wollen, ist, wie eine andere Herrscherin öffentlich des Mordes an ihrem Ehegatten beschuldigt wird.
Sully. Ich beobachtete Maria di Medicis weiches Gesicht, während ich von den Ereignissen in Somerset berichtete und kurz erklärte, wie Doktor Fludds Pläne durch die Anwesenheit eines weiteren Studenten von Giordano Bruno zunichte gemacht worden waren. Habt Ihr immer noch Eure Hände am Hals von Seiner Gnaden? Laut Cecils Berichten, saß der Herzog noch immer im Ministerrat, aber …
Als ich zum Schluss kam, vermochte ich nicht zu sagen, ob Maria di Medici an den Tod von Suor Caterina glaubte oder nicht. Allerdings witterte sie die Gelegenheit, an das Wissen von Monsieur le Docteur zu gelangen – das sah ich ihr deutlich an.
»Wir sind Unserem Freund sehr dankbar.« Hier lächelte sie mich gnädig an, nannte mich aber nicht beim Namen, egal ob mit oder ohne ›de‹. »Er hat Uns hervorragend gedient. Mit Hilfe dieses Philosophen Monsieur Fludd werden Frankreich und England eine neue Ära des Friedens einleiten.«
Oder wenn sie in den Krieg ziehen, werden sie sicher sein können, ihn zu gewinnen. Mir war durchaus bewusst, dass Robert Fludd ein zweischneidiges Schwert war. Ich riskierte alles, indem ich mich voll und ganz auf meine persönliche Einschätzung dieser beiden Charaktere verließ: dass diese, ein weibischer Mann und ein weibisches Weib, tatsächlich nicht wollten, dass ihre Länder in einen Krieg verwickelt wurden. James musste sich an Schottland erinnern, Maria an die Kriege in Frankreich …
Als ich so am Fuß des langen Tisches stand und zu James Stuart und Maria di Medici am anderen Ende blickte, kam mir der Gedanke, dass es für alle Beteiligten vielleicht besser gewesen wäre, wenn ich Mademoiselle Dariole vor vierzehn Tagen in dieses Haus gebracht hätte, damit sie mit ihrem Schwert die Welt von Robert Fludd hätte befreien können. Aber wie auch immer … Niemand konnte sicher sein, dass es nicht vielleicht doch noch andere wie Fludd und Caterina gab.
Maria di Medici deutete auf die Papiere vor Minister Cecil. »Wir müssen noch immer ein paar Einzelheiten besprechen. Messires, dürften Wir wohl mit Unserem Untertanen Rochefort unter vier Augen sprechen? In einem Privatgemach vielleicht …?«
Ihr sanfter Tonfall mochte viele ja täuschen, doch ich bezweifelte, dass das auch für den König und Cecil galt, James Stuart reagierte mit einem angemessenen, blumigen Kompliment, willigte aber dennoch ein.
Maria di Medici stand auf und ging elegant in eine benachbarte kleine Kammer, die – das sah ich beim Eintreten – einst Fludds Arbeitszimmer gewesen sein musste. Der Schreibtisch war vom Feuer ein wenig mitgenommen. Er stand an einer Wand, von der man die Paneele heruntergerissen hatte.
Die Königin setzte sich auf einen Hocker und ließ mich stehen. Ich verschränkte die Hände wieder hinter dem Rücken und blickte auf sie hinunter. Die Tür hinter uns stand offen. Der König von England und Schottland verließ den Raum und rief seinem Minister jovial zu, sie sollten sich ein paar Erfrischungen besorgen. Bisweilen ist eine offene Tür das einzig sichere Mittel gegen Lauscher.
Mit leidenschaftslosem Gesichtsausdruck schaute ich weiter auf die Königin hinunter. Wegen dir hat man Maignan die Kehle durchgeschnitten, sinnierte ich, und in der Normandie sind zwölf Mann für dich gestorben. Vielleicht hatten
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