1610 02 - Kinder des Hermes
– Cecils Sekretär war wie benommen, als sein Herr ihm erklärte, was niedergeschrieben werden durfte und was nicht – wurden die Gespräche erst einmal ergebnislos und mit aller königlichen Bonhomie abgebrochen. James Stuart lud Maria di Medici für den kommenden Tag nach Greenwich und zu weiteren Gesprächen ein. Er, sie und eine Kompanie Musketiere ritten über die Heide, und ich ließ mich zurückfallen, bis ich Knie an Knie mit Monsieur Saburo ritt.
»Ihr habt eine meiner Fragen noch nicht beantwortet«, sagte ich.
»Hai.«
»Was sich vermutlich dadurch erklären lässt, das man Euch gebeten hat, es nicht zu tun, korrekt? Hat Dariole Euch gesagt, wo man sie finden kann?«
Der Samurai zuckte mit den breiten Schultern und nickte in Richtung des Palastes von Greenwich. »Dort. In irgendeinem Zimmer. Es ist ein großer Palast, Roshfu-san.«
»Und sie will mich nicht sehen?«
»Sie will Furada tot sehen.«
Und immer wieder läuft das Schiff auf diesen Fels. Als wir uns den roten Tortürmen des Palastes näherten, fragte ich mich, ob es die Sache wohl wert wäre, einen Diener zu bestechen, damit er mir den Aufenthaltsort von Mademoiselle Dariole verriet. Sie jetzt zu finden, wäre nicht allzu schwer. Aber wie sollte man diesen kalten, rechtschaffenen Zorn durchbrechen …?
James Stuarts Reiter verteilten sich vor uns.
Als wir dem Palasttor näher kamen, sah ich weitere Pferde, die sich auf der Straße und im Gras drängten. Sie schienen sich weder von den Torwachen noch von den Musketieren vertreiben zu lassen. Ich hörte im Zorn erhobene Stimmen.
Ungeduldig ritt ich James, Cecil und der unter einem Kapuzenmantel verborgenen Königin voraus, um zu sehen, ob nicht vielleicht ein Franzose Platz für den englischen König schaffen konnte. Eine tiefe Stimme hat den Vorteil, dass sie weit trägt. »Macht Platz! Macht Platz für Seine Majestät!«
Männer zu Fuß drängten sich im Tor, wie ich sah, nachdem ich mir meinen Weg durch die Menge gebahnt hatte: Höflinge, Gentlemen, Diener. Wachen versperrten den Weg – offenbar hatten die Neuankömmlinge versucht, sich Zutritt zu verschaffen.
Ich wendete das Pferd, um zu protestieren, und wurde mir des rauen Lärms bewusst, der von dem englischen Mob ausging. Zunächst wusste ich nicht warum.
Ein Stein oder Erdbrocken flog über die Hüte und Köpfe hinweg und landete zu Füßen von gut einem Dutzend Neuankömmlingen. Ich betrachtete ihre Kleidung mit den Augen eines Engländers, nicht eines Franzosen.
Jesuiten.
Ich schaute zur Medici auf ihrer Stute, daneben der König und der Minister. Falls sie wirklich so dumm gewesen sein sollte, ihre persönlichen Priester mitzubringen …
Ein Funkeln in ihren Augen ließ all meine Instinkte, die ich in den Jahren als Messire de Sullys Agent entwickelt hatte, entsetzt aufschreien: Du bist in Gefahr!
Bevor ich in der Menge untertauchen konnte, stieg Cecil mit Hilfe eines Soldaten vom Pferd und kam zu mir. Einen der Männer hinter der Gruppe in den Soutanen erkannte ich als den spanischen Gesandten. Offensichtlich sollen wir glauben, dass er sie in dieses Land gebracht hat, welches ihnen normalerweise verboten ist. Der älteste der Jesuiten deutete mit dem Finger auf mich.
»Das ist er!« Der Priester fixierte mich mit seinen dunklen Augen. »Das ist Messire Valentin Rochefort, der den Mord an Heinrich von Frankreich in Auftrag gegeben hat!«
So glatt, als hätte er sich auf diesen Augenblick vorbereitet – was wohl auch der Fall war –, sagte Robert Cecil: »Wie könnt Ihr Euch dessen so sicher sein, Mann? Das ist keine Anschuldigung, die man leichtfertig macht! Ist es nicht mehr als unwahrscheinlich, dass Ihr den Mörder des französischen Königs ausgerechnet in England findet?«
Letzteres war eine Warnung, die sich über die Köpfe der Priester hinweg an den spanischen Gesandten richtete. Deutlich sagte sie: Ich weiß, dass Ihr hierher gekommen seid, um Ärger zu machen. Vergesst es!
Dieses eine Mal hast du dir das falsche Ziel ausgesucht, dachte ich und hielt der Königin den Rücken zugewandt. Der spanische Gesandte mochte ja die unmittelbare Ursache für das Auftauchen dieser Priester sein, doch ich hätte alles darauf verwettet, dass er auf Bitten Maria di Medicis gehandelt hatte. Aber warum?
Bosheit. Ja. Aber … Ich bin die letzte Verteidigungslinie zwischen Sully und ihr.
Ein wenig heiser wandte ich mich an Lord Cecil. »Mylord, Ihr wisst, dass ich das nicht getan habe.«
»Das weiß ich sehr gut.
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