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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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aufgelacht wie ein Straßenjunge. Nun sah sie mich jedoch an wie ein Erwachsener ein unbändiges Kind. Und bei mir regte sich körperlich gar nichts.
    »Ich kann noch nicht einmal auf angemessene Art um Gnade flehen«, brachte ich mühsam hervor. »Mademoiselle … Ja, ich hätte Euch sagen sollen, dass Fludd Euch gefangen nehmen könnte. Es tut mir Leid.«
    Wieder veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Mir schnürte es die Kehle zu. Ich glaubte, ihre Gesichtszüge würden sich verziehen wie die eines Kindes, kurz bevor es in Tränen ausbricht … dann: Nein, sie steht kurz davor, in lautes Lachen auszubrechen.
    Sie tat keines von beidem.
    Mit einer gekonnten Bewegung nahm sie ihre Klinge fort. Kein Schmerz durchfuhr meine Hand. Ich erkannte, dass sie unverletzt war. Staub wirbelte auf, als Dariole einen Schritt zurücktrat.
    »›Gefangen nehmen‹«, sagte sie langsam. »Robert Fludd könnte mich gefangen nehmen …«
    Ich vermochte dem Gefühl in ihrer Stimme keinen Namen zu geben.
    »Steh auf«, sagte sie.
    Mühsam rappelte ich mich auf und drückte dabei die Hand auf meine Wunde. Meine Waffen lagen mehrere Schritt von mir entfernt auf dem Stallboden. Den Rücken gegen die Wand gelehnt, gelang es mir tatsächlich, mich halb aufzurichten.
    »Du blutest.« Das war eine sachliche Feststellung.
    Ich nickte und starrte Dariole an. Der Blutverlust machte mich leicht benommen. Meine Stiefel waren bis zum Knöchel nass. Sie kann mir ihr Schwert einfach so in den Leib rammen. Ich bin entwaffnet. Ich kann nichts dagegen tun.
    Dariole steckte das Rapier in die Scheide zurück, ohne die Klinge vorher zu säubern.
    Das leise Klicken, als die Parierstange auf den hölzernen Abschluss der Scheide traf, ließ mich zusammenzucken wie eine alte Frau, wenn der Wind die Tür zuschlägt.
    Dariole trat vor. Sie war in meiner Reichweite. Ich hätte sie schlagen können.
    »Ist das …?« Es fiel mir schwer zu sprechen. »Dieser Schmerz. Ist er so, wie es war? Für Euch bei Fludd, meine ich? Er hat mir geschrieben, dass Ihr verletzt worden seid.«
    Dariole presste die Lippen aufeinander.
    Bevor mir klar werden konnte, was sie vorhatte, trat sie dicht an mich heran, schob ihre Schulter in meine Achsel, legte sich meinen Arm um die Schulter und richtete sich auf.
    Hätte ich lachen können, ich hätte es getan. Sie war so klein, dass ich noch immer vornübergebeugt stand, obwohl sie sich zur vollen Größe aufgerichtet hatte. Ich wollte gar nicht erst darüber nachdenken, wie viel von meinem Gewicht ich tatsächlich auf sie verlagern musste. Und warum hilft sie mir jetzt?
    Wortlos änderte sie ihre Haltung, drückte die Schultern gegen meine Brust und zwang mich, in Richtung Tür zu wanken. Ich gab alle Gedanken an Waffen auf, als sich die durch den Blutverlust hervorgerufene Schwäche richtig bemerkbar machte. Dann nahm ich den feinen Geruch ihres Schweißes wahr. Als wir das Sonnenlicht erreichten, sah ich, dass sie ein braunes Leinenwams trug sowie eine ebensolche Hose – eine Farbe, die ihr Gesicht bleich und ausgemergelt wirken ließ.
    In der Tür blieb sie stehen und atmete tief durch. Ihre Stimme klang metallisch.
    »Robert Fludd will König James tot sehen. Das reicht als Grund, um James Stuart am Leben zu erhalten. Ich will Robert Fludd tot sehen.«
    Ihr Tonfall änderte sich nicht, ebenso wenig wir ihr Gesichtsausdruck. Aufmerksam musterte ich sie. Einen Übelkeit erregenden Augenblick lang war ich nicht sicher, ob das wirklich Dariole war.
    Ich nickte zu dem Bein, auf das ich meine Hand drückte, um die Blutung aufzuhalten. »Und wollt Ihr mich auch tot sehen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Die unverhohlene Wahrheit ließ mich schaudern.
    »Wenn Ihr … Wenn du hier bist …« Erst langsam sickerte bei mir durch, was ihre Gegenwart bedeutete. »Dariole, jetzt gibt es nichts mehr, was mich an diese verrückte Verschwörung binden würde! Was Lord Cecil betrifft, so werde ich schon einen Weg an ihm vorbei finden. Wir können hier weg.«
    Dariole nickte vage in Richtung Nordwesten. »Geht nach Bristol, du und Saburo. Dort werdet ihr ein Schiff finden. Ich bleibe hier.«
    »Hier …?«
    Sie blickte zu mir hinauf. »Du wirst von hier verschwinden. Du hast mir schon genug Ärger eingebracht. Mach einfach nur, dass du hier wegkommst, während ich das erledige!«
    Je lauter ihre Stimme wurde, desto höher wurde sie auch und geriet ins Wanken. Ich streckte die Hand aus, um mich am Türpfosten festzuhalten. »Dariole …«
    Sie ließ mich

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