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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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unauffällig zu Minister Cecil zu blicken. Der Politiker hatte einen Gesichtsausdruck, der mich denken ließ, dass ich über bereits breit ausgetretene Pfade wandelte.
    »Wir werden es nicht glauben!« James schlug leidenschaftlich auf die Matratze. »Wir werden es nicht glauben, bis wir ihn nicht den Dolch heben und zustoßen sehen! Monsieur de Rochefort, das ist Unser Prinz, Unser Sohn, Unser Erbe … Wir können das nicht von ihm glauben!«
    Mit Königen zu diskutieren, ist zumeist sinnlos. Ich verneigte mich wie ein Mann, der sich dem Willen seines Monarchen unterwirft, und fragte mich kurz, warum ich mir überhaupt die Mühe machte, diesen starrköpfigen und verblendeten Vater am Leben zu erhalten.
    Dariole. Um Robert Fludd aus seinem Versteck zu locken, damit sie wieder gesunden konnte, indem sie ihn erschlug. Und weil der junge Heinrich eine kleine Schlange ist.
    Cecil setzte sich an den Tisch und sagte: »Es gibt eine Möglichkeit, die Wahrheit zu enthüllen, Euer Majestät, aber dazu müsst Ihr ihn in der Tat zuschlagen lassen. Monsieur Rochefort war Soldat. Er kann Euch einen Halsschutz sowie ein Kettenhemd geben und es dann unter dem Kostüm verbergen.«
    James Stuart hob den Kopf wie ein Hund, der einen Hirsch wittert. »Na schön. Also gut. Wenn sich seine Unschuld nur so beweisen lässt, dann werde ich es tun!«
    Dass der König mit einem Mal so viel Rückgrat bewies, überraschte mich – und offenbar auch Cecil, wie mir ein rascher Blick in seine Richtung zeigte. Wie es aussieht, hat der Herr Minister sich selbst überlistet.
    »Das ist durchaus möglich«, sagte ich vorsichtig. »Ihr dürft jedoch nicht vergessen, Sire, dass man ein Kettenhemd zwar unter dem Wams und einen Halsschutz unter dem Kragen verbergen kann, doch wenn der Mörder auf das Gesicht zielt … Dann wäre Euer Majestät keinesfalls in Sicherheit.«
    Cecil war zwar so schwer einzuschätzen wie eh und je; doch als ich das sagte, wirkte er erleichtert.
    »Er wird seinen Vater nicht ins Gesicht schlagen«, sagte James Stuart mit ruhiger Würde, die in deutlichem Gegensatz zu seiner üblichen Steifheit stand. »Was das betrifft, könnt Ihr Uns ruhig glauben, Minister Cecil.«
    Ich hatte den Eindruck, als würde der kleine Mann sich gleich in die Hose machen, und das konnte ich ihm auch nicht verdenken. Hier saß er, Erster Minister eines Königs, mit einem ganzen Netz von Informanten, um seinen Herrn vor Spionen und Meuchelmördern zu schützen, und ihm gegenüber hockte jener König bereit, wie ein Lamm zur Schlachtbank zu gehen.
    »Bevor das nicht getan ist, werden wir keinerlei Haftbefehle ausstellen«, sagte James.
    Cecil schlug mit der Faust auf den Tisch. »Euer Majestät tut dies gegen meinen ausdrücklichen Rat!«
    »Euer Majestät ist nicht an Euren Rat gebunden, mein Herr Minister!« James schottischer Akzent kam wieder deutlich zum Vorschein. Wütend redete er auf Cecil ein. Zwar verstand ich das Schottische nicht, aber wie ein ›Ich tue, was ich für richtig halte!‹ aus dem Mund eines Königs klingt, das weiß ich, unabhängig von Dialekt oder Sprache.
    Es könnte nicht schaden, Cecil glauben zu machen, dass ich ihm zur Seite stehe, dachte ich. »Aber, Sire«, wandte ich mich an den König, »das Maskenspiel kann gar nicht stattfinden. Es ist, wie Master Alleyne gesagt hat: Wir haben keine Clio und keine Zeit, bis heute Abend einen Ersatz anzulernen.«
    James Stuart schnaufte vernehmlich. Er wuchtete seinen ungelenken Leib aus dem Bett und rief den Dienern zu, sie sollten trotz der Sommerhitze ein Kohlebecken hereinbringen. Dann stapfte er auf und ab, während Cecil und ich darauf warteten, von ihm gehört zu werden.
    Unvermittelt blieb James vor mir stehen und musterte mich von Kopf bis Fuß.
    »Wenn Wir richtig verstanden haben, habt Ihr den Text doch häufig genug gehört, Monsieur de Rochefort, hm?«
    »Ich habe die Proben häufig verfolgt, Euer Majestät«, erwiderte ich.
    Der König legte den Kopf zur Seite. Die meisten anderen Menschen hätte sein Blick wohl nervös gemacht. »Und würdet Ihr Uns wohl sagen, ob Ihr glaubt, Euch weitgehend exakt an die Zeilen der Muse erinnern zu können?«
    »Das würde uns auch nichts nützen, Sire«, antwortete ich. »In der uns noch zur Verfügung stehenden Zeit könnte ich sie keinem anderen Jungen mehr beibringen, selbst wenn Master Alleyne noch einen Lehrling hätte.«
    James Stuart drehte sich um und ging zum Tisch, wo Minister Cecil inzwischen aufgestanden war. Der König

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