1610 02 - Kinder des Hermes
verließ rückwärts das Zelt und sprach draußen vor dem Zelteingang leise mit den Wachen. James schlurfte von der Empore hinunter, auf der sein Stuhl stand, die Hände zwei hübschen Pagen auf die Schultern gelegt.
»Würdet Ihr jetzt wohl mit Uns kommen, Sir?« Das war keine Bitte.
Der König führte mich zu der Zeltwand, die den Schlafbereich abtrennte. Die Pagen teilten den Vorhang für ihn. James ging hindurch und winkte mir, ihm zu folgen.
Nehmen wir einmal an, ich hätte einen Dolch im Gewand … dachte ich, Seiner Majestät dicht auf den Fersen.
Die Pagen zogen ihren König aus und kleideten ihn anschließend in eine reich bestickte Tagesrobe. Ein Himmelbett nahm den größten Teil des Raumes ein. Am Fußende stand eine Truhe, und daneben schlief ein Hund. Obwohl noch genügend Sonnenlicht durch die gefärbte Zeltwand fiel, brannten Kerzen auf dem Tisch.
Eine kleine, dunkle, buckelige Gestalt erhob sich vom Tisch und verneigte sich vor dem König.
»Aye, Robbie«, sagte James Stuart offensichtlich gut gelaunt.
»Mylord Minister.« Ich verneigte mich. Robert Cecil hier in Wookey?
Mir blieb nur wenig Zeit zum Nachdenken.
»Der Herr Minister hat Uns über diesen Unsinn von wegen einer Verschwörung informiert«, bemerkte James, stapfte durch den Raum und setzte sich aufs Bett. »Wir schweben in Lebensgefahr … Ha!«
Er winkte uns, uns zu setzen. Ich nahm mir einen Hocker neben Cecil und versuchte, im Zwielicht den Gesichtsausdruck des Ministers zu deuten – ohne Erfolg.
»Es mag ja verrückt klingen, Euer Majestät«, wagte ich mich vor, »nur ändert das unglücklicherweise nichts an der Tatsache, dass es der Wahrheit entspricht. Der Herr Minister hat durchaus Recht, wenn er sagt, dass Gefahr für das Leben Euer Majestät besteht.«
»Aye?« James Blick wanderte zu seinem Obersten Minister. Ich sah einen Hauch von freundlicher Ironie in seinem Gesichtsausdruck. »Dann habt Ihr also Recht. Tatsächlich bezweifeln Wir auch, dass alles andere, ihn dazu bewogen haben könnte, uns die Angelegenheit vorzutragen. Er mag seine Geheimnisse, nicht wahr, Robbie?«
Cecil versteifte den buckeligen Rücken. »Euer Majestät … vor einem abgehalfterten Spion und Abenteurer …!«
Ich dachte, was ich schon einmal sechs Jahre zuvor gedacht hatte: Der schottische König und der englische Höfling, der ihn auf den Thron gesetzt hatte, hatten etwas von einem alten Ehepaar. Monsieur de Sully hatte damals große Freude gehabt, darüber zu spekulieren, wer der Mann und wer die Frau dabei war.
Inständig wünschte ich mir, ich könnte die Zeit wieder zurückdrehen und würde nicht dort stehen, wo ich nun stand.
»Der Herr Minister wird Euer Majestät keine unnötigen Sorgen bereiten wollen«, sagte ich so geschmeidig wie möglich. Das war nicht Heinrich von Navarra, der das Kind beim Namen nannte; das war James Stuart, der den Namen des Kindes gar nicht wissen wollte. Sollten andere sich darum kümmern.
Gereizt sagte James: »Dieser Gelehrte, dieser Arzt mit Namen Fludd … Wir könnten ihn für schuldig befinden. Tatsächlich sind Wir von Verschwörungen geradezu umringt! Gott streckt Uns jedoch seine Hand entgegen, um Uns zu retten – wie auch nicht anders zu erwarten ist. Aber diesen Unsinn, dieses Geschwätz, dass Unser Sohn etwas damit zu tun hat … Das werden wir nicht glauben!«
Ich stand auf und ging zum Bett, um vor dem König zu knien. Was auf mich hinabblickte, war ein halb ausgekleideter Mann mittleren Alters, der in seinen Decken zu frieren schien und seine Furcht nicht ganz verbergen konnte.
»Bitte, verzeiht, mein Herr und König. Es ist wahr. Falls die Beweise nicht ausreichen sollten, die der Herr Minister Euch vorlegt, dann … Prinz Heinrich hat wörtlich zu mir gesagt, dass er sich den Thron nehmen wird.«
»Ihr habt ihn missverstanden.«
Ich hob den Kopf, blieb aber knien, wohlwissend, dass ich den König bei weitem überragen würde, sollte ich aufstehen. »Sire, ich wünschte, dem wäre so, doch das ist nicht der Fall. Euer Majestät wird es sehen, wenn Ihr die Verschwörer verhaften lasst, wenn sie sich alle vor dem Maskenspiel versammeln … Mein Rat ist, es so aussehen zu lassen, als würde es stattfinden, auch wenn das jetzt unmöglich ist, und sie dann alle gemeinsam zu verhaften. Dann, Sire, werdet Ihr sehen, dass der Prinz einen Dolch im Gewand trägt.«
»Wir glauben nicht, dass er diesen aus böser Absicht mit sich führt! Jeder Mann kann einen Dolch tragen.«
Es gelang mir,
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