1610 02 - Kinder des Hermes
Spofforth … Gott schenke ihm den ewigen Frieden. Und die armen tapferen Seelen mit ihm …«
James blickte zu mir hinauf. Ein Mann kann sich nicht immer die Sache aussuchen, für die er fechten will. Lediglich mein Interesse an den Informationen Lord Cecils hatte mich dazu bewogen, diesen Mann zu unterstützen; im Gegensatz zu Monsieur Saburo brauchte ich James nicht auf dem Thron von England. Aber ich benötigte Hilfe für Messire de Sully, und zu diesem Zweck musste ich mich mit James Stuart verbünden. Von Zeit zu Zeit kam mir allerdings der Gedanke, dass ich das auch so getan hätte.
»Sire«, sagte ich, »bevor wir London erreichen, würde ich gerne etwas mit Euch besprechen.«
»Und das wäre?«
Drei Tage lang hatte ich nach dem richtigen Augenblick gesucht, nur genutzt hatte es mir nichts. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich ins kalte Wasser zu stürzen.
»Es geht um Doktor Fludd, Sire. Er ist ein Verräter und Mörder …«
James grunzte. »Habt Ihr Beweise dafür? Für den Mörder, meine ich.«
»Wir befinden uns hier nicht vor einem Gericht«, erwiderte ich in sanftem Ton, zwängte mich in den Fensterrahmen, der allerdings ein wenig klein für einen Mann von meiner Statur war, und legte die Hände auf die Schenkel. »Ich spreche von dem, was wir beide wissen, Sire. Fludd ist ein Verschwörer, ein Mörder, und er befiehlt die schlimmsten Dinge, auch wenn er sie nicht mit eigenen Händen verübt. Ihr habt gesagt, ›Hängt ihn‹, und er hat in der Tat den Tod verdient, aber …«
»Könige mögen dieses Wort nicht, ›aber‹, Master de Rochefort«, bemerkte James in sanftem Tonfall, doch mit einem Funkeln in den Augen.
Trotz seiner Krittelei ist er bereit, mir zuzuhören, dachte ich. Da wir allein waren, hatte ich einen Augenblick Zeit zum Nachdenken. Aber ich bin entschlossen.
»Doktor Fludd«, begann ich, »mag ansonsten ja sein, was er will, aber er ist in jedem Fall auch der letzte lebende Schüler des neapolitanischen Ketzers Giordano Bruno. Er ist der Erbe dieses Wissens, und nach Caterinas Tod der einzige Anwender der vorausschauenden Mathematik.«
James blickte mir in die Augen. Ich fuhr fort: »Ihr sagt, er habe den Tod verdient. Da will ich Euch nicht widersprechen, Sire. Aber ich sage auch, dass er noch für etwas anderes taugen würde … Man könnte ihn benutzen. Wir könnten seine Fähigkeiten zu unserem Vorteil nutzen.«
Die Holzwände der Kabine knarrten, als das Schiff eine Wende fuhr und in den Kanal einbog. Dass wir uns auf einem recht kleinen Schiff befanden, wirkte nicht gerade beruhigend auf mich; zu gut erinnerte ich mich noch an Monsieur Saburos Schiffsunglück. Ich versuchte, die hin- und herschwingende Lampe aus meinem Geist zu verdrängen und all meine Aufmerksamkeit auf den zerzausten König von Schottland und England zu lenken.
James runzelte die Stirn. »Wir sollen diesen Fludd benutzen? Und Ihr wollt das für Uns tun? Ihr seid kein Engländer – und auch wenn Wir um die uralten Verbindungen zwischen Frankreich und Schottland wissen, so reicht das doch nicht aus, Uns davon zu überzeugen, Euch eine Stimme in dieser Angelegenheit zu geben.«
Ich blickte an meinen Händen vorbei auf den massiven Eichenboden und das Schattenspiel dort, als das Schiff den Kurs änderte. »Ihr müsst wissen – Lord Cecil wird es Eurer Majestät schon gesagt haben –, dass ich der Diener des Duc de Sully bin. Ihm gilt meine Hauptsorge in dieser Angelegenheit. Seit nunmehr fünfzehn Jahren ist er mein Förderer.«
Der fette Schotte nickte unerwartet. »Aye. Robbie hat gesagt, Ihr wärt sehr loyal. Das ist eine Eigenschaft, die man nicht hoch genug schätzen kann.«
Das Schiff neigte sich, und das Sonnenlicht wanderte über den Rumpf.
»Doktor Fludd …«, hakte James nach.
»Doktor Fludd ist … wertvoll.« Ich wählte meine Worte sorgfältig. »Seine Fähigkeit, mit Hilfe von Brunos Mathematik die Zukunft vorherzusagen, könnte für viele Männer von unschätzbarem Wert sein – sagen wir zum Beispiel für einen König und seinen Minister, wenn nur sie diese Informationen erhalten. Nehmen wir einmal an, Sire, dass Robert Fludd nach unserer Ankunft in London nicht getötet werden würde, aber auch nicht fliehen könnte; nehmen wir einmal an, man würde ihn gefangen nehmen.«
Die Miene des schottischen Königs verfinsterte sich zusehends.
»Ich will mein Schicksal in Eure Hände legen, Sire.« Ich beugte mich vor. »Ich will Euch gestehen, dass ich in den vergangenen
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