1610 02 - Kinder des Hermes
zwei Monaten mit Freuden zum Königsmörder geworden wäre, hätte ich denn eine Möglichkeit gefunden, an dieses Weib heranzukommen, Maria di Medici.«
James zuckte unwillkürlich zusammen, als ich ein gekröntes Haupt als ›Weib‹ bezeichnete. »Mit der Krone kommt Gottes Gnade!«
Sie hat sich illegal zur königlichen Regentin ausgerufen. Sie hat ja noch nicht einmal genug Verstand zum Eierlegen; für Frankreich ist sie eine Katastrophe. Ich verzichtete jedoch darauf, das laut auszusprechen.
James Stuart blickte mich mit wässrigen Augen an. »Auch wenn sie eine Frau ist, sie ist ein regierender Fürst, und damit steht nur Gott über ihr, Monsieur!«
Nun wurde mir klar, woher Prinz Heinrich seine Vorstellungen vom ›ewigen Königtum‹ hatte: nicht nur von Doktor Fludd. Obwohl ich glaube, dass Heinrich praktisch gesehen an das glaubt, was für James nur Theorie ist … Mit angemessener Demut senkte ich den Blick.
»Fahrt fort, Master de Rochefort.« James nickte mir zu.
Vorsichtig redete ich weiter. »Mit der Königin hat das Folgendes auf sich: Robert Fludd ist ein Mann, den es zu benutzen gilt. Wie man das bewerkstelligen kann, darüber habe ich inzwischen eingehend nachgedacht. Nehmen wir einmal an, er würde mir in die Hände fallen. Ich kann ihn nicht ins Frankreich der Medici mitnehmen. Die Königin hat einen Jesuiten als Beichtvater, und in Frankreich geht es zu wie in jedem anderen katholischen Staat Europas auch: Die Jesuiten würden Fludd einfach nach Rom schleppen und ihn wie Bruno bei lebendigem Leibe verbrennen. Das wäre zwar die gerechte Strafe für ihn, würde die Welt aber auch seiner Fähigkeiten berauben.«
Das Schiff neigte sich ein wenig zur Seite, sodass ich mich mit dem Fuß abstützen musste, um nicht aus dem Fenster zu fallen. Aufmerksam beobachtete ich den König. Ich wünschte, Lord Cecil wäre hier, um mir zu sagen, wie ich James Stuart am besten von etwas überzeugen kann. Da dem jedoch nicht so wahr, blieb mir nur die Wahrheit.
»Während wir uns durch die Sümpfe gekämpft haben, ist mir ein Gedanke gekommen, Sire, und ich hatte Zeit, darüber nachzudenken. Ihr wisst vielleicht, dass ich beachtlichen Groll gegen die Königin hege, da sie schon immer eine Feindin meines Herrn, des Herzogs war. Nun, gehen wir einfach mal davon aus … dass ich meine Gefühle beiseite lasse.«
Es bereitete mir nahezu körperliche Schmerzen, mich so ausdrücken zu müssen. Ich wünschte, ich könnte James offen ins Gesicht sagen, dass sie eine Königsmörderin ist.
»Mir scheint«, fuhr ich fort, »dass ich dem Duc de Sully am Besten helfen kann, indem ich meine Rachlust vergesse und nicht länger versuche, der Herrschaft der Königin ein Ende zu bereiten. Stattdessen werde ich Maria di Medici akzeptieren und mir das zunutze machen.«
James hob die zotteligen Augenbrauen. »Sie ist Eure gesalbte Königin, Mann! Es ist nicht an Euch, auch nur an Rebellion zu denken!«
»Das ist wahr«, erwiderte ich gequält. »Die Menschen betrachten sie als legitime Königin von Frankreich. Maria di Medici ist die Witwe des toten Heinrich, seine Königin, und die Mutter des lebenden König Ludwig. Das kann niemand leugnen.«
Und mit dem Tod von Ravaillac bleibt nur das Wort eines Spions und Mörders, um sie des Meuchelmordes zu bezichtigen.
Kälte breitete sich bei dieser Erkenntnis in meinem Bauch aus.
Ich glaube, jetzt werde ich nie mehr jemanden, der mich nicht kennt, von der Rolle überzeugen können, die Maria di Medici bei Heinrichs Tod gespielt hat.
Ich sagte: »Was nun die Frage betrifft, ob sie geeignet ist, Heinrich von Navarra als Monarchin zu folgen … Sire, ich will nur so viel sagen: Sie ist eine Frau und Mutter wie auch eine Königin. Deshalb wünscht sie als Monarchin auch keinen Krieg. So wie ich es verstehe, werden die Truppen für Jülich–Kleve bereits von der Grenze zurückbeordert.«
Kurz dachte ich darüber nach, was die Frau mit dem Schwert, Mademoiselle de la Roncière, wohl über die Frau Maria di Medici sagen würde und auf die Frage, ob diese nun Krieg wollte oder nicht. Der Gedanke hätte mich lächeln lassen, wäre da nicht die Tatsache gewesen, dass ich Mademoiselle Dariole verriet, indem ich hier mit James Stuart saß.
»Euer Heinrich war ein Krieger.« James nickte bedächtig. »Aber wenn Frankreich nun erst einmal für Frieden stehen würde … Nun, Wir glauben nicht, dass das schlimm wäre.«
Ich verneigte mich erneut vor ihm. »Ihr, Sire, als der ›britische
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