1610 02 - Kinder des Hermes
erstaunlich klug. »Und Ihr, Master de Rochefort? Ohne Euch würde niemand Frankreich in dieser Angelegenheit als Partner auch nur in Betracht ziehen. Welchen Nutzen wollt Ihr für Euch daraus ziehen?«
Die ganze Zeit über, da die Martha schwankend und knarrend Bridgwater verlassen und Cornwall umrundet hatte, war ich auf Deck gewesen und hatte über die Implikationen solch einer Vereinbarung nachgedacht. Nach zwei Tagen, die ich so verbracht hatte, hoffte ich, die meisten Fragen beantwortet zu haben. Ich lehnte mich im Fensterrahmen zurück und wischte mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Mein neugewachsener Bart bestand nach wie vor nur aus Stoppeln. Ich schaute James Stuart in die Augen.
»Zunächst einmal, Sire … Zunächst einmal teilen wir hier bereits das Fell des Bären, obwohl dieser noch nicht erlegt ist.«
James lachte grimmig und entspannte sich sichtlich. »Aye. In Regierungsangelegenheiten ist das des Öfteren der Fall. Aber nehmen wir einmal an, der Bär sei schon tot. Was springt für Euch dabei heraus? Weshalb habt Ihr Uns das vorgeschlagen?«
»Meine Prioritäten … unterscheiden sich von den Euren, Sire. Seit ich gezwungen war, Frankreich zu verlassen, galt all meine Sorge Messire de Sully, und ständig habe ich darüber nachgedacht, wie ich ihm von Nutzen sein kann.«
James schaute mich nachdenklich an. »Sprecht weiter.«
»Einen Vertrag zwischen Frankreich und England kann man nicht einfach auf die Schnelle aufsetzen und abschließen. Ich hoffe nur, dass Euer Majestät über meine Worte nachdenken wird, sobald Ihr wieder im Whitehall-Palast seid.«
Ich atmete tief durch.
»Das wäre das eine, Sire, das andere … Ich wünschte mir, dass in einem solchen Vertrag festgeschrieben wird, dass die Güter, Ämter, das Vermögen, die Familie und die Person des Duc de Sully für alle Beteiligten als unantastbar gelten, und dass kein Mann – sei er nun ein Favorit oder gar ein Prinz von königlichem Blut – sich in die politischen Angelegenheiten des Herzogs einmischen darf, zumindest nicht zu dessen Nachteil.«
Ich hielt kurz inne und fügte dann hinzu: »Und sollte diese Bedingung missachtet werden, verliert die betreffende Partei augenblicklich jedwedes Recht auf die Informationen von Doktor Fludd.«
Rochefort: Memoiren
Zweiunddreißig
Die Umstände waren gegen uns. Bei Sonnenaufgang ließ der Wind drastisch nach und nahm an den beiden darauffolgenden Tagen auch nicht mehr zu.
Erst am Vormittag des dritten Tages blähten sich die Segel wieder, und Wellen zogen über das Meer. Ich ging an Deck und lehnte mich an die Reling, um sie zu beobachten. Nach einer Stunde vor der Küste von Kent traf die Martha zufällig auf eine Brigg, die gerade die Themsemündung verlassen hatte. Ich hörte den Engländer Arnott Befehle brüllen, und seine Männer rafften die Segel, um längsseits zu gehen.
Ist das meine Gelegenheit?
Ein Mann schafft sich seine eigenen Gelegenheiten, dachte ich und beobachtete, wie die Martha ein Boot zu Wasser ließ, um zu dem Kauffahrer hinüberzurudern. Kurz darauf kehrte das Boot mit einem Mann an Bord wieder zurück, der deutlich besser gekleidet war als der durchschnittliche Seefahrer. Mit Arnott und James Stuart verschwand er in der Kapitänskajüte. Es dauerte nicht lange, und Mademoiselle Dariole kam wie erwartet heraus, untröstlich darüber, dass man sie hinausgeworfen hatte.
Sie stand an der unteren Reling, zog sich die Wollmütze aus und fuhr sich mit den Fingern durch das kurzgeschorene Haar.
Ich stieg zu ihr hinunter und trat neben sie.
»Bevor wir London erreichen, muss ich noch einmal mit Euch sprechen, Mademoiselle.«
Dariole blickte weiter über das grüne Wasser hinweg zu dem Kauffahrer und streckte die Hand über die Wellen aus, um die Gischt zu fühlen. Sie schwieg – was ich ehrlich gesagt auch nicht anders erwartet hatte.
Holz knarrte, und in der Takelage über uns riefen die Seeleute einander zu. Dariole hob den Blick und gab mir mit einem Wink zu verstehen, dass sie mich durchaus bemerkt hatte. Die Mannschaft der Martha hatte Dariole zunächst für eine Hofblume und den Lustknaben des Königs gehalten. Sie jedoch hatte die Männer rasch eines Besseren belehrt, als sie einen von ihnen die Wanten hinaufgejagt und mit einem Tauende aus dem Krähennest geprügelt hatte. Ich musste jedes Mal lächeln, wenn einer der Männer sie nun respektvoll begrüßte, auch wenn er mehr als doppelt so alt wie sie war.
»Ich verstehe durchaus, dass Ihr mir
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