Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
Vom Netzwerk:
sie sich wieder von mir löste; ich wusste es. »Aber damit hat meine Schuld nichts zu tun.«
    »Womit dann?«
    Ihre vertraute Art, etwas von mir zu fordern, rührte mich. Erstaunlicherweise hieß ich das willkommen. Sie wird mir keine Ausweichmöglichkeit lassen.
    »Meine Schuld«, sagte ich, »liegt darin begründet, dass Ihr nicht die Erste seid, vor der ich gekniet habe und … und der ich mich auf diese Art unterworfen habe. Als ich mich vor Etienne demütige, fand ich heraus, dass ich … dass ich darauf reagiere. Wie konnte ich den Tod meines Freundes zu so etwas Verdorbenem machen? Irgendwann habe ich den Gedanken daran einfach aus meinem Kopf verdrängt.«
    Sie blickte mir weiter unverwandt in die Augen. »Das ist doch nicht wirklich passiert.«
    »Dariole, ich schwöre, dass ich …«
    »Caterina.« Sie runzelte die Stirn, während sie sich offensichtlich die Worte der alten Italienerin wieder ins Gedächtnis rief. »Caterina hat gesagt: ›Es gibt Männer der Gewalt, welche die Macht anbeten.‹ Damals habe ich das nicht verstanden. ›Männer, die voller Ehrfurcht zu jenen aufblicken, die noch gewalttätiger sind als sie.‹ Seid Ihr sicher, dass das nicht auch bei Euch und Sully der Fall war?«
    Ihre Frage verschlug mir den Atem, als hätte sie mir die Faust in die Magengrube gerammt.
    »Falls ja«, antwortete ich dumpf, »dann bin ich noch weniger als Eure Gesellschaft geeignet, als ich gedacht habe.«
    Ihr Leib bewegte sich unter meinen Händen, als sie mit den Schultern zuckte.
    »Euer Freund ist tot, Messire. Es kann ihm egal sein, was Ihr jetzt denkt. Und wenn Ihr begreift, was Ihr wollt … nun, dann nehme ich nicht an, dass Euch das noch in den Wahnsinn treiben wird. Es ist ja nicht so, als würde das irgendjemandem schaden, Messire, noch nicht einmal Euch selbst.«
    Dariole berührte meine Wange mit den Fingern. An der Kälte ihrer Haut erkannte ich, dass sie unter Schock stand. Ihre Augen waren groß, ihre Pupillen dunkel.
    Sie fragte: »Hasst Ihr mich, weil es mir gefällt?«
    Ich fand keine Bitterkeit in mir. »Dariole … nein!«
    »Nun denn. Das genügt.«
    Eine Art von Klarheit erfüllte mich im Kielwasser meines Geständnisses. Vielleicht war das Mut.
    Und da ist auch sie; das habe ich nicht vergessen.
    Ich sagte: »Sollte Ihr je wünschen, Eure … Eure Würde abzulegen, Mademoiselle … dann sollt Ihr wissen, dass Ihr mir vertrauen könnt.«
    In ihren Augen spiegelte sich das Licht, das durch die offene Stalltür hereinfiel.
    Mit klarer Stimme sagte sie. »Luke. Ich habe geschrien. Ich habe ihn angefleht, es nicht zu tun.«
    Ich sah ihr an, dass dies das Schmerzhafteste war, das sie jemals laut eingestanden hatte.
    Dariole hob das Kinn und schaute mich offen an. »Könnt Ihr mich lehren, wie man das macht? Wie ich etwas aus dem machen kann, was er mir angetan hat?«
    Die Verwandlung von Demütigung in Befriedigung. Ich dachte an Etienne und an die simple Demütigung, wenn ein Mann in einen eindrang.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich, »aber ich kann es versuchen, Dariole. Wenn es funktioniert … Wenn es nicht funktioniert, kann ich alles andere versuchen, was Ihr wollt. Auch wenn mir Abstinenz schwer fallen würde …« Ich hielt kurz inne. »Ich glaube nicht, dass ich Euch wehtun könnte.«
    Ein schwaches Lächeln färbte ihre Stimme. »Ich glaube nicht, dass ich ›abstinent‹ bleiben könnte.« Und dann fügte sie ernster hinzu: »Nein, danke.«
    Als sie mich diesmal küsste, spürte ich ihre Tränen nass und warm auf meinem Gesicht.
    »Aber ich bin zu alt«, sagte ich in der unwahrscheinlichen Hoffnung, dass sie das leugnen würde.
    »Ich weiß«, erwiderte Dariole. »Aber wir sind Fechter, Duellanten. Duellanten werden nicht alt. Spione auch nicht. Messire, wir werden beide vermutlich in den nächsten zwei Jahren sterben! Welchen Sinn hat es da, über das Altwerden nachzudenken?«
    Ich konnte nur leise darauf erwidern: »Mademoiselle … wann seid Ihr so weise geworden?«
    In der Sprache von Southwark sagte Dariole: »Ihr seid ein Arsch, Rochefort.«
    »Euer Englisch ist bei weitem noch nicht gut genug, als dass Ihr mich adäquat beleidigen könntet.«
    »Ja, das zumindest ist wahr!«
    »Ach, Mademoiselle.« Ich versuchte ein Lächeln. »Ihr seid ganz und gar nicht gut für meinen Ruf! Und was habe ich schon außer meinem Ruf?«
    Sie musterte mich von Kopf bis Fuß. »Mit Eurer Größe und der Statur eines Hauses … das hilft sicherlich.«
    Dass sie mich in solch einem

Weitere Kostenlose Bücher