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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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sie zuckte mit den Schultern.
    »Habt Ihr mir nicht zugehört, Messire? Ich kann keine Frau sein. Das bringt mich nach und nach um. Das hier ist, was ich bin, und das muss ich auch sein. Ich weiß nicht, ob Ihr mich wollt oder nicht!«
    Mit einem Seufzen, das meinen ganzen Leib beben ließ, blickte ich ihr in die Augen. »Mademoiselle … Ich muss Euch anflehen.«
    »Was ist es denn diesmal?«
    »Ich flehe Euch an, mir eine zweite Chance zu geben.« Ich konnte nicht anders, als sie noch fester zu packen. »Ich wünsche eine zweite Chance. Denn ich liebe Euch.«
    Schließlich atmete ich aus und entspannte meine Finger; ich wusste, dass ich ein paar Druckstellen hinterlassen haben musste. »Natürlich müsst Ihr nur sagen, dass Ihr keinerlei Liebe für mich empfindet, und ich werde es nie wieder erwähnen, Mademoiselle.«
    Ungläubig hob sie die Augenbrauen. »Wirklich?«
    »Nein.« Ich seufzte und stand auf. »Ich werde dumm genug sein, es wieder zu sagen. Das wisst Ihr.«
    Sie legte die Hände auf meine Brust, drückte ihren Leib gegen den meinen, stützte ihr Kinn auf ihre Finger und blickte zu mir hinauf. In Afrika gibt es große Katzen, die auf ähnliche Art auf den Bäumen liegen, um sich dann auf unvorsichtige Reisende zu stürzen – und ich wage zu behaupten, dass sie auch ein ähnliches Gesicht dabei machen.
    »Dariole, ich liebe Euch bis zum Wahnsinn, und ich habe keine Ahnung, wie ein Liaison zwischen uns funktionieren soll! Ich habe versucht, ein Leben für Euch zu finden, das Euch glücklich macht. Der Junge liebt Euch. Philippe. Ich weiß, dass ich nichts wert bin. Ich bin ein schlechter Mensch, und …«
    Sie strich mir das Haar aus dem Gesicht. »Philippe und ich, wir würden uns irgendwann gegenseitig umbringen, selbst wenn … Ihr habt Recht, Messire: Er liebt mich, und ich bin mit ihm verheiratet. Aber ich habe das Gefühl, als wäre ich mit Euch schon weit länger verheiratet.«
    Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie mit den Fingern über mein geheiltes Auge strich. Als ich zu ihr hinunterschaute, verschwand das Lächeln wieder.
    »Gefalle ich Euch besser in Rock oder Hose?«, fragte sie.
    »Darauf gibt es zwei Antworten, und keine von beiden ist richtig. In beidem«, gestand ich. »Ihr seid Junge und Mädchen zugleich. Was hätte es für einen Sinn, nur die Hälfte von Euch zu lieben?«
    Nun erschien wieder ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht.
    »Es gibt da etwas, was ich Euch fragen muss, auch wenn ich nicht das Recht dazu habe«, sagte ich. »Ihr, Mademoiselle. Wenn Ihr fühlt … Ihr sprecht von Liebe und Mitgefühl, aber nie, dass Ihr mich braucht.«
    Sie drückte ihre Stirn gegen meine Brust. »Als ich Euch nicht finden konnte. Als ich dachte, Sully hätte Euch getötet … Als ich Euch gesucht und gesucht habe und schon fast aufgegeben hätte … Da wollte ich sterben. Ihr wart fort, Messire. Das, was ich am meisten brauche, war aus dieser Welt verschwunden. Ich hätte alles gegeben, um Euch wieder zurückzuholen, wenn auch nur, um Euch zu sagen: ›Geht nicht. Ich kann nicht mehr ohne Euch leben.‹«
    Sie legte den Kopf zurück, blieb aber in meiner Umarmung. Ich konnte nicht sprechen, sondern blickte nur zu ihr hinunter.
    Sie sagte: »Messire … So tapfer bin ich nicht. Erst als ich gesehen habe, dass Ihr lieben könnt – als ich gesehen habe, wie sehr Ihr Messire de Sully liebt –, da habe ich mir eingestanden, dass ich Euch liebe. Es tut mir Leid. Ich hätte es sagen sollen.«
    Ich legte meine Hände auf ihr viel zu weißes Gesicht, während sie mit den Tränen rang.
    »Gütiger Gott«, sagte ich unglücklich. »Ich glaube, Ihr werdet mich jeden Augenblick töten, weil ich mir erlaubt habe, von dem zu träumen, was ich nicht haben kann … weil ich so getan habe, als wäre ich der Mann, der bei Euch bleiben kann …«
    »Warum auch nicht?« Ihre Augen wurden größer. »Ihr habt gesagt, dass Ihr mich liebt. Das war keine Lüge. Ich weiß es.«
    Ich erzählte ihr alles, was ich eine Stunde zuvor über Etiennes Tod niedergeschrieben und vernichtet hatte.
    »Das …« Darioles Augen leuchteten, klar und verwirrt, als sie zu mir hinaufblickte. »Gebt Ihr Euch noch immer die Schuld daran? Dieser Etienne … Er ist gestorben, weil er dumm war, Messire. Das wisst Ihr doch, oder?«
    Nur mit Mühe konnte ich ein Lachen unterdrücken. Das ist so typisch Dariole!
    »In gewissem Sinne, ja.« Ich schüttelte den Kopf. Die Wärme ihres Leibes würde eine Kälte zurücklassen, wenn

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