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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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trat ich dem zweiten Mann die Beine unter dem Leib weg.
    Das Klirren und Zischen der Klingen nahm all meine Aufmerksamkeit in Anspruch, und ich erschrak, als ich plötzlich einen dumpfen Schlag hörte. Der Nihonese hatte auf einen der Männer geschossen, die Dariole angriffen, doch niemand geriet ins Taumeln.
    »Sie tragen vielleicht Kettenhemden oder Brustpanzer unter den Wamsen. Zielt auf Hals und Gesicht!«
    Ein Mann stolperte. Dariole stieß nach seinem Gesicht, und ich schlug in die Lücke und durchtrennte dem Mann die Kniesehne. Schreiend fiel er nach hinten. Ich wirbelte herum, um zwei kurze Stöße anzubringen: in Brust und Auge der beiden Männer, die ich kampfunfähig gemacht hatte.
    Eins, zwei – es hatte nur Sekunden gedauert. Außerhalb der Salons sind Duelle kurz und brutal. Die Männer, die über die Felsen kamen, hatten den Sand noch nicht erreicht. Als ich kurz in ihre Richtung blickte, warf einer die Arme hoch und verschwand. Es war kein Schuss zu hören. Tang auf den Felsen: er ist gestürzt.
    Die beiden Männer, die gegen Dariole kämpften, wichen einen Schritt zurück.
    Einer mit einem scharlachroten Federbusch auf dem Hut rief: »Messire Rochefort!«
    Er sprach mit florentinischem Akzent. Ich erkannte ihn. Der kleine, kantige Kerl hatte mich in jener Nacht aufgehalten, als ich versucht hatte, ins Arsenal zu kommen.
    »Werft Eure Waffen fort!«, rief er. »Wir sind zu viele! Ihr habt nicht die geringste Chance!«
    Ihre Pistolen leer geschossen, die ersten Männer bereits am Boden, und nach einem Schuss von unserer Seite wurden die Männer hinter ihm langsamer; sie zögerten. Mit jedem Wort verloren seine Männer an Schwung. Ich musste die Gelegenheit ergreifen, bevor sie sich neu formieren konnten.
    »Ich bin nicht Maignan!«, rief ich zurück. Nun waren die nächsten drei nah genug herangekommen, und ich erkannte zwei aus dem Schankraum in Les Halles: den Mann, der Maignan gehalten hatte, und den, der ihm die Kehle durchgeschnitten hatte. Letzterer führte sein Schwert mit der linken Hand. Zwei abgehalfterte Höflinge, die sich an die Rockzipfel der Reichen und Mächtigen hingen, in diesem Fall an die der Königin. Angewidert glaubte ich, mein eigenes Spiegelbild zu sehen.
    Einer schrie: »Die Königin bietet Euch eine faire Verhandlung an!«
    Lügender Narr.
    Ich beugte mich vor, um die Hand auf den Hals der Stute zu legen, und rief zurück: »Sie kann sich ihre faire Verhandlung in den fetten Medici-Arsch schieben!« Dann schlug ich mit der flachen Hand dem Pferd auf den Hals.
    Die Stute trat und stand auf. Ich sprang zurück. Sie stieg und trat und schleuderte Sand in weitem Bogen um sich.
    Ich hatte gehofft, dass meine Obszönität den einen oder anderen Höfling in Wut versetzen würde, doch keiner von ihnen zögerte auch nur einen Augenblick. Ich hatte gehofft, das Pferd würde sie behindern, doch sie duckten sich weg. Vier Männer lagen im Sand, und ich konnte nicht sicher sein, dass auch nur einer von ihnen tot war. Fünf Männer rückten weiter gegen uns vor. Es waren Narren, aber immer noch genug, um uns zu töten …
    Zwei weitere Pistolen wurden abgefeuert. Auch wenn die Kugeln ihr Ziel nicht fanden, demoralisierte das Knallen die Angreifer weiter. Ich nutzte den Vorteil, den mir das panische Pferd gewährte, so gut ich konnte. Ich sprang links an Dariole vorbei, stellte mich zwei Klingen und begegnete dem dritten Mann mit dem Dolch.
    Zu spät erkannte ich, dass der Junge nicht gegen zwei Männer kämpfte, sondern nur gegen einen. Ich kann den fünften nicht sehen …
    Links neben mir ertönte ein Husten und Grunzen.
    Irgendetwas Heißes, was rasch abkühlte, spritzte mir auf den linken Arm und ins Gesicht. Nein, das ist nicht das Meer. Das Wasser war zu weit entfernt – und im Frühling zu kalt, als dass es sich so warm angefühlt hätte.
    Etwas Schweres fiel neben mir dumpf zu Boden.
    Der schwere Gegenstand, der ein paar Zoll von mir entfernt durch den Sand rollte, war ein Kopf.
    Am Rand meines Sichtfeldes erkannte ich den ›Dämon‹, der in dem aufgewühlten Sand stand. Tang hing an seinen zerrissenen Kleidern, und er hielt ein gekrümmtes Schwert in den Händen. Zu seinen Füßen lag ein enthaupteter Mann.
    Gütiger Gott, wenn ich geahnt hätte, dass er bewaffnet ist …!
    In nur einem Augenblick erkannte ich: Er ist ein Schwertkämpfer. Er benutzt einen Krummsäbel wie die Türken und nordafrikanischen Emire. Er hat sich aber gerade erst davon erholt, das Wasser aus den

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