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1612 - Der letzte Flug der LIATRIS SPICATA

Titel: 1612 - Der letzte Flug der LIATRIS SPICATA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Hilferufe. Es sieht so aus, als wären Tausende, vielleicht sogar Zehntausende von Schiffen in Not geraten damals, als der Raum scheinbar verschwand."
    „Kein Wunder", stieß Valdez hervor. Er schauderte, wenn er daran dachte, wie es der LIATRIS SPICATA an jenem Tag ergangen war. Und in den endlosen Tagen, Wochen und Monaten, die diesem verfluchten Datum gefolgt waren. Selbst das Jahr, das Valdez in einem Springer-Gefängnis verbracht hatte - wegen Bruchs eines Heiratsversprechens war er in Erzwingerhaft genommen worden -, war ihm nicht so hart und so lang vorgekommen wie die Monate, die er im Inneren der LIATRIS SPICATA hatte verbringen müssen, ohne jeden Kontakt zur Außenwelt. „Ob man jemals herauskriegen wird, was da eigentlich passiert ist?"
    Davina runzelte die Stirn. „Du denkst, daß es sich nicht um ein natürliches Phänomen gehandelt hat?"
    Valdez stieß ein verächtliches Schnauben aus. „Aber gewiß doch", sagte er. „Da hat jemand dran gedreht, soviel steht fest, jedenfalls für mich. Obwohl..." Er grinste schwach. „Vielleicht sollte ich über diesen Jemand nicht zuviel schimpfen. Wer einem alten Trampfahrer den Hyperraum abstellen kann, der bringt auch noch ganz andere Dinge zuwege."
    Davina Taigaram stieß einen langgezogenen Seufzer aus. „Ich für meinen Teil werde jedenfalls froh sein, wenn ich wieder etwas anderes unter den Füßen spüren kann als Stahl, auch wenn es hochklassiger Stahl ist. Wieder richtige Erde spüren, Wind im Gesicht fühlen. Wasser, wenn es regnet. Wißt ihr überhaupt noch, wie die Erde riecht?"
    „Ziemlich genau", antwortete Valdez grinsend. „Da, wo ich sie zum letztenmal gerochen habe, stank sie nach Abfall und..."
    Davina schüttelte verweisend den Kopf. „Rohling", sagte sie, aber sie lächelte dabei. Und Escobar Valdez lächelte ebenfalls.
     
    *
     
    „Noch drei Minuten!" stieß Valdez hervor.
    Er deutete nach vorn. Auf dem Reliefschirm war etwas zu sehen.
    Der Funker schniefte ein wenig. Er bekam es mit der Rührung zu tun, und auch Valdez hatte einen kleinen Kloß im Hals.
    Der kleine Leuchtpunkt halbrechts, das war die Sonne. Sol, das Zentralgestirn jenes Sonnensystems, das die Terraner als ihre Heimat betrachteten. „Mann, wie habe ich mich nach diesem Anblick gesehnt", murmelte Escobar Valdez ergriffen. „Wo kommen wir heraus?"
    Valdez grinste schwach. „Ich habe erwartet, daß ihr es eilig haben werdet", sagte er. „Und weil es ja gewissermaßen ein Notfall ist - in der Nähe des Saturn."
    Davina Taigaram stieß ein halblautes Lachen aus.
    Natürlich kannte jeder einzelne an Bord die Macken und Schrullen eines jeden anderen Besatzungsmitgliedes. Das ließ sich bei dem engen Zusammenleben an Bord gar nicht anders machen. Und so war auch jedem an Bord bekannt, daß Escobar Valdez - aus Gründen, die niemand zu erforschen gewagt hatte - ein Verehrer der Saturnringe war. Bei jedem An- und Abflug im Solsystem richtete er es wenn möglich so ein, daß der Kurs der LIATRIS SPICATA an den Ringen des Saturn vorbeiführte.
    Wenn es soweit war, stand der Kommandant in der Zentrale, starrte auf die Ringe, die Cassinische Teilung, die vorbeidriftenden Brocken aus Methan und Eis, und manchmal erklangen in seiner Kehle dann sehr seltsame Töne und Geräusche. Fachleute, selbsternannte, behaupteten steif und fest, daß der Kommandant der LIATRIS SPICATA - unter sehr guten Freunden als sentimentaler Knochen sehr wohl bekannt - in diesen Augenblicken einen handfesten Tränenausbruch der Rührung hinunterwürgte. „Ich hätte es mir denken können", sagte sie lächelnd. „Du und die Ringe des Saturn."
    „Jedem das Seine", gab Escobar Valdez zurück und richtete sich auf. Noch ein paar Augenblicke, dann hatte er es wieder einmal geschafft. Die LIATRIS SPICATA hatte dann das Sonnensystem wieder einmal erreicht, aus eigener Kraft, allen Widerständen, Pannen und Zweifeln zum Trotz. Und ihm, Escobar Valdez, war es zu danken, daß die alte brave LIATRIS SPICATA einmal mehr ihr Bestes gegeben hatte.
    Escobar Valdez konnte einmal mehr mit sich zufrieden sein, und er war es auch. Knapp einhundertneunzig Zentimeter groß, schlank und elastisch, mit sorgfältig gefärbten grauen Haaren an den Schläfen und einem martialischen Schnurrbart, der die Frauen auf allen Planeten maßlos beeindruckte - so war er vor einem Jahr von der Erde aufgebrochen. Die Größe stimmte noch, auch wenn er mitunter den Eindruck hatte, gramgebeugt zu gehen; an Gewicht hatte er bestimmt nicht

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