1614 - Beauloshairs Netz
niedergelassen hatte.
Der Brei stimulierte die Roach. Er steigerte ihre Liebesfähigkeit und führte dazu, daß sie sich nach Einnahme der Mahlzeiten in wilder Lust und in rascher Folge mit allen möglichen Partnern und Partnerinnen paarten. Alt und Jung in trauter Zweisamkeit, und die Liebesspiele dauerten oftmals bis zur nächsten Nahrungsaufnahme. Es gab Tote dabei, Paare, die sich gegenseitig zur Steigerung ihrer Lust zerfleischten und sich gewollt oder ungewollt tödliche Wunden beibrachten.
Wenn sie nicht von ihren Artgenossen zum Frühstück verzehrt wurden, schaffte man sie weg zur nächsten Aufbereitungsstation, wo sie ebenfalls in die Nahrungskette eingegliedert wurden.
Diesmal war es anders. Alle, die sich auf den langen Trog stürzten und eine Mahlzeit zu sich nahmen, fielen nach hinten und blieben reglos liegen. Die anderen Roach beachteten sie nicht. In ihrer Gier erkannten sie zwar, daß etwas mit dem Brei nicht in Ordnung war, aber ihre Sucht nach dem Genußmittel mit der potenzsteigernden Wirkung überlagerte alles andere. Frauen und Männer bewegten sich unruhig durcheinander, und sie begannen bereits jetzt an den Geschlechtsmerkmalen der anderen herumzuspielen.
Keiner von mehreren Tausenden überlebte an diesem Trog, und Wirad kam zu spät und stellte fest, daß der Trog übersät war von toten Artgenossen. Von dem Brei war nicht mehr viel zu erkennen, und das, was übergelaufen war, klebte wie Leim am Boden und ließ sich nicht mehr ablösen.
Wirad wandte sich ab, eilte zwischen die dichten Netzgewebe der Umgegend und legte die paar Netzstrecken zur Küste in kürzester Zeit zurück. Er berichtete, was er vorgefunden hatte. Ein Kommando unter Führung mehrerer Ernährungswissenschaftler machte sich auf und überprüfte die Station, in der der Brei zubereitet worden war. Es stellte sich heraus, daß eine bestimmte Pflanzenart Giftstoffe entwickelte, wenn sich ihr Proteinsaft mit tierischem Eiweiß mischte.
Damit schied eine in den Zentren der sich lichtenden Wälder in großen Mengen vorkommende Pflanze aus dem Nahrungskreislauf aus, und die Statistik wurde um ein paar Prozente nach unten korrigiert, was die Dauer der Versorgung anging.
Erneut gerieten zwei Schlagworte in den Vordergrund, die auf Bourasha seit längerer Zeit die Riinde machten.
Geburtenkontrolle und Immunisierung.
Die theoretischen Kenntnisse zu ihrer Verwirklichung waren vorhanden, die Natur der Roach kam wenigstens dem ersten von beiden entgegen. Eine Dezimierung der Geburten um mindestens die Hälfte erschien sinnvoll, und dafür waren die Rechner und Berechner sogar bereit, einen Teil der Nahrungsaufbereitungsstationen stillzulegen oder zu zerstören.
Was die Immunisierung anging, so trug sich kein Roach egal welchen Geschlechts ernsthaft mit dem Gedanken, sich sein Leben lang in Liebesspielen zu ergehen, ohne Nachwuchs in die Welt zu setzen. Eine Immunisierung hätte schwerwiegende psychische Folgen bei allen Roach erzeugen können. Eine landesweite Psychose hätte sich ausgebreitet. Also verschwand das Schlagwort wieder, und nur die Dezimierung der Brut blieb übrig.
Wirad beschäftigte sich damit, als er sich in die Brandung warf, um seinen Körper zu kühlen und ein paar schmackhafte Fische zu fangen. Seit dreißig Sonnenläufen weilte er an der Küste, lebte in einer Laube mit sechs Frauen verschiedenen Alters und ließ es sich gutgehen. Er ernährte sich hauptsächlich von Fisch, und die Nahrung tat seinem Körper und seinem Geist gut. Genau das brauchte er für die nächste Zeit und die folgenden Weltenläufe.
Bald würde der ruhige Wind vorüber sein. Die ersten Stürme würden einsetzen, und ihnen folgte die Regenzeit. Warme und kalte Luftmassen vermischten sich da in rascher Folge und erzeugten gewaltige Gewitter.
Dies war seine Zeit, die Zeit Wirads.
Zwischen den weit ausladenden Blättern einer Schmarotzerpflanze liebte er nach der Mahlzeit ein junges Mädchen, das die Schwelle der Geschlechtsreife soeben überschritten hatte. Sie mochte seinen vom Meer feuchten Körper an ihrem Rücken. Ihre Duft- und Lockstoffe waren noch wenig ausgeprägt, aber er führte sie mit seiner Erfahrung und seiner Lust zum ersten großen Höhepunkt ihres Lebens. Wie trunken taumelte sie an seinem Körper, zappelte und bebte. Sie wollte mehr, er spürte es. Sie wollte alles auf einmal in einer so kurzen Zeit.
Aber Wirad gab es ihr nicht. Er vermochte selbst nicht genau zu sagen, warum. Wahrscheinlich lag es daran, daß er
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