1617 - Blutlust
tat. Unter dem Licht lagen die beiden unterschiedlichen Personen wie auf einer Bühne, und es wurde höchste Eisenbahn.
Justine flog heran. Ihr Tritt schleuderte einen Mann weg, der sich über einen anderen gebeugt hatte. Noch hatten wir nicht gesehen, ob es sich dabei wirklich um einen Vampir handelte, doch die Szene war eigentlich deutlich genug gewesen.
Justines brutaler Tritt reichte aus. Ich hatte nicht gesehen, wo der Mann getroffen worden war, aber er flog mit einer solchen Wucht zur Seite, dass er sich überschlug und danach starr liegen blieb.
Er war eine Beute für Justine. Jane und ich mussten uns um den anderen Mann kümmern.
Der war zu einem winselnden Bündel geworden und schien es noch nicht richtig begriffen zu haben, dass er gerettet worden war. Wir sahen ihn zittern und schauten dabei in ein mit Blut verschmiertes Gesicht.
Der Mann war fertig. Wir sahen die Panik in seinen Augen und den weit aufgerissenen Mund, wir hörten sein Röcheln und auch seine schwache Stimme, die Worte sprach, die wir nicht verstanden.
Bisswunden sahen wir nicht an seinem Hals. Es war also klar, dass man ihn noch nicht gebissen hatte. Er war ein normaler Mensch geblieben, auch wenn er unter den Attacken noch lange leiden würde.
»Bleib du bei ihm!«, wies ich Jane an und erhob mich, weil ich mich um Justine kümmern wollte. Sie hatte sich mit der anderen Gestalt beschäftigt, und ich ging davon aus, dass dieser Mann zu den Blutsaugern gehörte.
Justine hatte ihn auf die Füße gerissen und ihn so gedreht, dass sie ihn mit dem Rücken gegen die Wand pressen konnte. Es sah lässig aus, wie sie ihn mit der ausgestreckten Hand festhielt.
Der Mann wehrte sich nicht, der Druck gegen seine Brust war wohl zu stark. Den Kopf hielt er nicht ruhig. Er pendelte hin und her. Dabei stand sein Mund weit offen, sodass wir sein Markenzeichen sahen, denn ich hatte neben Justine angehalten.
»Und?«
Sie lachte kurz auf. »Er ist einer von uns.«
»Er wurde dazu gemacht«, sagte ich. »Bestimmt.«
Ich nickte und sagte: »Dann brauche ich ja nicht lange zu raten, wer dafür die Verantwortung trägt. Deine Freundin Viola und letztendlich auch du, denn du hast ihr Blut getrunken.«
»Das stimmt.«
»Und Viola ist weg. Jetzt können wir uns mit ihrem Erbe beschäftigen.«
»Das ist dein Job.«
»Hör damit auf.« Ich spürte, dass ich wütend wurde. »Es hätte nicht so kommen müssen, wenn du deine Gier besser unter Kontrolle gehalten hättest.«
»Sei froh, dass wir den Kerl mit dem Rattengesicht gerettet haben. Wenn ich ihn mir so anschaue, hat er es nicht mal verdient.«
So war sie. Es hatte keinen Sinn, wenn ich ihr widersprach. Für mich zählte nur, dass ich die Person liquidierte, die diesen Mann zu einem Vampir gemacht hatte.
Er passte nicht hierher. Ich glaubte nicht daran, dass er ein Angestellter des Bestatters war. Wenn mich nicht alles täuschte, musste er sich hierher verirrt haben.
Justine hatte meine Gedanken erraten. »Denkst du daran, dass er uns helfen könnte?«
»In der Tat. Es gibt für mich nur eine Erklärung. Viola muss ihn zu einem Blutsauger gemacht haben.«
»Dem stimme ich zu.«
»Und deshalb gehe ich davon aus, dass er mehr über sie weiß. Vielleicht war er mal mit ihr zusammen. Das hier ist kein Ort, an dem man sich zufällig trifft.«
Justine nickte. »Das kann sein, Partner.«
In diesem Fall musste sie auf meiner Seite stehen, denn auch sie wollte Viola finden. Es war nicht in ihrem Sinn, dass sie durch London lief und Menschen das Blut aussaugte, sodass sie in die Schattenwelt eintraten.
»Dann solltest du ihn mal fragen. Schließlich seid ihr beide irgendwie gleich.«
Sie warf mir einen schrägen Blick zu, sah, dass ich die Schultern anhob, und nickte.
Ich drehte mich von ihr weg und schaute nach Jane Collins. Sie und der Bestatter waren nicht mehr zu sehen, aber eine Tür stand offen, und in dem Raum dahinter brannte Licht.
Jane würde sich um den Mann kümmern. So konnte ich zuhören, was der Blutsauger preisgeben würde.
Justine stand vor ihm. Sie grinste ihn an. Sie zeigte ihm ihre Zähne und fragte: »Wie ist es, Bruder? Willst du mir nicht sagen, was hier passiert ist?«
Er sagte nichts. Er schüttelte den Kopf. Dabei ließ er ein Knurren hören.
»Das ist keine Antwort. Du willst doch weiterleben, oder etwa nicht?«
»Was willst du?«
»Etwas über Viola wissen. Aber sag mir auch deinen Namen, Bruder.«
»Ich bin Bruce Hammer.«
»Okay, ich heiße Justine. Ich kenne
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