1617 - Blutlust
Vorsprung herausgeholt hatte. Ihr war die Bar bekannt, sie bewegte sich schnell, und wir hatten kurze Zeit später den Bereich erreicht, wo in einer hellen Wand die Umrisse einer Tür zu erkennen waren.
Vor mir riss Viola die Tür auf.
Sie sprang über die Schwelle, drehte noch den Kopf und sah, dass sie verfolgt wurde. Darauf reagierte sie nicht, kam mit beiden Füßen auf und stieß sich sofort wieder ab.
Ich sah sie, und die Umgebung, in der wir uns jetzt befanden, war einfach nur trist. Graues Mauerwerk an beiden Seiten. Ein kühler Luftstrom, der in mein Gesicht wehte und mir sagte, dass irgendwo ein Fenster oder eine Tür offen stand.
Viola huschte nach rechts. Bevor ich sie greifen konnte, war sie durch eine offen stehende Tür verschwunden und in einem Waschraum gelandet, in dem das einzige Fenster weit geöffnet war. Der Ausschnitt war so groß, dass ein Mensch hindurchschlüpfen konnte, ohne sich irgendeine Schramme zu holen.
Viola war nahe genug herangekommen, um einen Sprung zu riskieren.
Sie stieß sich vom Fliesenboden ab, doch da war ich bei ihr und hämmerte meine beiden Hände gegen ihren Rücken.
Sie stürzte und noch bevor sie aufschlug, sprang ich zurück und brachte so eine Distanz zwischen uns.
Erst jetzt zog ich die Beretta. Aber auch das Kreuz holte ich hervor.
Viola, die alles andere als geschwächt war, wollte wieder in die Höhe springen, als ihr Blick auf das Kreuz fiel.
Von einem Moment zum anderen veränderte sich ihr Verhalten. Sie blieb liegen und ihr Gesicht verwandelte sich in eine Fratze der Angst, denn sie wusste, was ihr bevorstand. Geweihte Kreuze sind für Vampire tödlich - besonders mein Talisman, der sich erwärmt hatte.
Aus dem Gang hörte ich die Stimme der Cavallo. Sie wollte Viola eigenhändig vernichten.
Den Spaß verdarb ich ihr.
Ich warf das Kreuz auf die am Boden liegende Viola. Auch Vampire reagieren in einem Reflex. Das war hier nicht anders, denn Violas Hände schnellten vor und fingen das Kreuz auf.
Die Folgen waren der schreckliche Schrei und das Verbrennen der Gestalt. Sie fing kein Feuer, aber ich sah, wie sich ihre Haut an den Händen veränderte. Sie warf Blasen, sie fiel ab, und plötzlich zeigte sich auf dem Gesicht der irre Ausdruck einer Todesangst.
Ein letztes Aufbäumen noch, danach fiel sie in sich zusammen, wobei ihr Gesieht einen normalen, beinahe friedlichen Ausdruck angenommen hatte.
Es war das Zeichen, dass ich sie erlöst hatte…
***
Justine Cavallo konnte ihren Zorn kaum im Zaum halten. Ich hörte ihre Flüche hinter mir und drehte mich um. Sie funkelte mich an und sah dabei aus, als wollte sie mir den Kopf abreißen.
»Was hast du?«, fuhr ich sie an.
»Du hast sie vernichtet!«
»Ja, das habe ich.«
»Dabei hat sie mir gehört!«
»Ach? Tatsächlich? Bitte, aber dir wäre sie entkommen. Und mir nicht. Das ist der Unterschied.«
»Sie wäre mir nicht entkommen, Sinclair. Niemals! Ich bin besser als sie, verdammt!«
Ich blieb gelassen. »Klar, du bist immer besser.« Dann lachte ich. »Aber erinnere dich daran, dass sie dir schon einmal entwischt ist und mir nicht.«
Darauf wusste selbst sie keine Antwort. Es war mir auch ehrlich gesagt egal. Ich ließ sie stehen und ging zurück in die Bar, wo Jane Collins auf mich wartete.
Sollte die Cavallo mit ihrem Frust allein zurechtkommen, das kümmerte mich nicht im Geringsten…
ENDE
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