1617 - Blutlust
Schlecht war es nicht. Sie war noch so herrlich jung. Sie war knackig. Eine feste Haut, und ihr frisches Blut würde ihr besonders gut munden. Das wusste sie.
»Ach, gib mir nur ein Wasser.«
»Bist du sicher?«
»Ja.«
Miranda gab nicht auf. Sie kannte die dunkelhaarige Frau anders. Drinks hatte sie weggekippt wie Wasser, und so konnte sie sich nur über die Person wundern. »Warst du auf einer Kur?«
»Bestimmt nicht.«
»Oder hat deine neue Freundin dich dazu gebracht, nichts zu trinken?«
Viola war überrascht. »Von welcher Freundin sprichst du?«
»Man hat dich mal mit einem blonden Gift gesehen. Soll ein scharfer Feger gewesen sein.«
»Ach ja?«
Miranda hielt sich zurück, weil ihr der Tonfall der Frage nicht gefallen hatte. »Schon gut, ich will nicht persönlich werden. Es ist nur aufgefallen.« Viola winkte ab.
»Schon gut. Gib mir den Drink.«
»Mit Eis?«
»Ohne.«
Die Vampirin erhielt das mit Wasser gefüllte Glas. Sie trank in kleinen Schlucken und stellte sich vor, dass es Blut wäre. Aber der Geschmack stellte sich trotzdem nicht ein, und sie stellte das Glas weg, noch bevor sie die Hälfte getrunken hatte.
»Schmeckt nicht, wie?«
»Du sagst es.«
»Und was willst du jetzt trinken?«
Viola beugte sich vor. »Nichts, meine Süße. Ich habe keinen Durst mehr. Aber ich gehe trotzdem nicht.« Sie schob ihre Arme vor und umfasste Mirandas Hände. »Ich will dich haben, Süße. Was ist? Kommst du mit mir?«
Die junge Frau wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie bekam einen roten Kopf, schluckte und fragte mit leicht heiserer Stimme: »Was hast du denn vor?«
»Ich will mit dir tanzen!«
»Wie bitte?«
»Ja, wir beide tanzen.«
Miranda schnappte nach Luft. »Sollen wir gemeinsam strippen?«
»Wenn du willst…«
Die junge Frau überlegte. Sie hatte sich schon dafür entschlossen, denn sie wusste genau, dass sie Wachs in den Händen dieser Viola war.
Diese Frau war wie ein Raubtier, das sich nahm, was es wollte. Wenn sie Hunger auf eine bestimmte Person verspürte, dann stillte sie ihn. Das hatte Miranda nach den Strip-Einlagen bereits erlebt. Da war die Atmosphäre so aufgeheizt gewesen, dass es zu wilden Orgien gekommen war, an denen Miranda bisher noch nicht teilgenommen hatte, weil sie für den Nachschub an Getränken hatte sorgen müssen.
Zugeschaut hatte sie immer, und der Wunsch, mitzumachen, war ständig stärker geworden.
Jetzt hatte man ihr die Chance gegeben. Sie spürte die Unruhe in sich und konnte kaum ruhig stehen bleiben. Ein paar Mal zuckten ihre Lippen, sie setzte öfter zum Sprechen an, brachte allerdings keinen Laut hervor.
Viola half ihr. »Willst du?«
»Weiß nicht…«
Die Blutsaugerin sprach in Mirandas geflüsterte Antwort hinein. »Doch, du willst. Das sehe ich dir an.«
»Was sollen wir denn genau auf der Tanzfläche tun?«
»Wir beide bieten das Programm.«
Ein letzter Versuch. »Aber ich kann nicht richtig strippen. Ich bin nicht so gut wie du!«
»Das ist nicht nötig, Miranda. Ich werde für alles sorgen. Du kannst dich einfach fallen lassen!«
Miranda überlegte. Sie strich durch ihr Lockenhaar. Dann schaute sie in die Augen der anderen und sah die Härte in diesem Blick, der ihren letzten Widerstand zusammenschmelzen ließ.
»Ja, ich will.«
»Eine gute Entscheidung, Miranda. Du wirst den heutigen Abend nie vergessen, das verspreche ich dir.« Sie nickte. »Und jetzt leg bitte meine Musik auf.«
»Ja.« Miranda drehte sich um und trat an den CD-Spieler heran, der zwischen den Flaschen in einem hellen Regal stand. Sie kannte die Musik. Sie war manchmal sehr weich, fast träumerisch, dann wieder mit harten Akkorden unterlegt.
»Nun…?«
Miranda drehte sich noch mal um. »Gib den Mädels hier Bescheid, dass es losgeht.«
»Gern.« Viola glitt vom Hocker und drehte sich um. Sie klatschte einige Male in die Hände, um die Aufmerksamkeit der Frauen auf sich zu ziehen, bevor sie mit ihrer Ansage begann.
In ihrem Innern rauschte etwas. Sie spürte die Vorfreude, das innere Fieber, und sie war wahnsinnig scharf auf das Blut der jungen Miranda…
***
Auch in der Nacht schlief eine Stadt wie London nicht. Eine freie Fahrt war etwas anderes als das, was wir hinter uns hatten. Letztendlich waren wir doch angekommen, ohne allerdings direkt vor der Bar parken zu können. Wir mussten schon einige Schritte gehen.
Wir hatten den Vampir aus dem Wagen gezerrt und ihm nicht die Handfesseln abgenommen. Sicher war sicher, denn trauen konnten
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