1619 - Die Vampir-Echse
war, denn die innere Stimme sagte ihr, dass da etwas nicht stimmte. Vielleicht war es auch nur die Sorge um einen ihr sympathischen Menschen…
***
Nein, sie hatte das Erlebnis noch längst nicht überwunden. Als Lisa Dell ihre Wohnung betrat, zitterte sie am ganzen Leib. Es konnte auch daran liegen, dass sie allein war. Selbst in der Wohnung kam sie sich verloren vor, Sie knipste das Licht an und erschrak vor sich selbst, als sie sich im Spiegel sah. Sie sah verändert aus, eine Fremde schaute ihr entgegen.
Das Erlebte hatte schon Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen.
Außerdem hatte sie das Gefühl, schlecht zu riechen, obwohl sie nicht in die Unterwelt abgetaucht war.
Sie drehte sich um und betrat ihr Schlafzimmer. Zuvor schaltete sie auch in den restlichen Zimmern das Licht ein. Ohne Beleuchtung fühlte sie sich wie in einer Höhle gefangen, und das wollte sie auf keinen Fall.
Es hatte Zeiten gegeben, da wäre sie um diese Uhrzeit sofort ins Bett gegangen. Daran war jetzt nicht zu denken. Sie würde auf keinen Fall Schlaf finden. Nicht nach allem, was sie erlebt hatte, wobei diese Bilder noch immer durch ihren Kopf streiften und sich auch so leicht nicht vertreiben lassen würden.
Ihre Kleidung warf sie in den Wäschekorb. Sie schlüpfte in ein bequemes Jogging-Outfit, das sie auch nicht wechseln wollte, wenn sie sich zum Schlafen niederlegte.
Dieser Abend hatte ihr Leben verändert. Eine so schreckliche und albtraumhafte Gestalt zu sehen, darüber kam sie einfach nicht hinweg.
Das war schlimm, und sie wusste auch, dass diese Gestalt nicht künstlich war, da hatte sich auch keiner einen Scherz erlaubt. Es gab sie in der Realität. Sie war eine Mischung aus Mensch und Reptil.
Als sie auch das Oberteil übergestreift hatte, ließ sie sich auf dem Bett nieder und vergrub das Gesicht in den Händen. Sie fühlte sich nicht nur verlassen, es drängte sich auch etwas anderes in ihr hoch, und das war das Gefühl der Angst.
Ja, sie hatte Angst.
Es war grauenhaft. Sie bekam es auch nicht weg, ebenso wenig wie die Erinnerung an diese Gestalt.
Lisa hatte sich dieses Geschöpf ja nicht eingebildet. Es trieb sich in den Kanälen herum, ernährte sich sicher auch von dem, was es dort fand, und Lisa stellte sich die Frage, ob dieses Geschöpf tatsächlich allein war oder nicht noch weitere Artgenossen in der Tiefe lauerten.
Sie wusste es nicht, und sie fragte sich zugleich, warum sie sich überhaupt darüber Gedanken machte. Es war nicht ihr Problem. Darum sollten sich Menschen wie dieser Suko kümmern, denn sie war nicht die Polizei.
Lisa hätte mit Shao und ihrem Freund gern noch einen Drink genommen.
Einem solchen war sie nie abgeneigt. Lisa wusste, dass ein kräftiger Schluck manchmal gut gegen Einsamkeit war. Wenn sie das große Jammern überkam, schüttete sie sieh zwar nicht ganz zu, aber der Alkohol tat ihr gut. Das jedenfalls bildete sie sich ein, auch wenn der Jammer am anderen Morgen nicht selten in einem Katzenjammer endete. Das nahm sie hin, und sie wusste auch, dass sie ihren Job dann meist erst später antreten konnte. Dafür blieb sie am Abend dann länger im Geschäft.
Wie eine alte Frau erhob sich Lisa von der Bettkante. Sie schlurfte ins Wohnzimmer, in dem nur die Lampe an der Decke brannte. Sie war ihr zu hell. Sie knipste sie aus und dann die beiden Lampen an den Wänden an, die von der Form her aussahen wie geknickte Blumen.
Jetzt war es gemütlicher. Das Licht weicher. Es floss über die alte Couch, die beiden Sessel und den Tisch. Das Mobiliar hatte sie von ihrer verstorbenen Tante übernommen. Ebenso wie die alte Stereo-Anlage.
Dafür war die Glotze neu. Der Apparat mit dem Flachbildschirm stand auf einem Ständer.
Lisa trank gern Calvados. Sie holte die Flasche aus dem Barfach des dunkelbraunen Schranks, der so wuchtig war, dass er in ein Zimmer mit normalen Maßen nicht hineingepasst hätte. Hier reichte er nicht mal bis zur Decke.
Die Bar war gut sortiert, aber Lisa blieb beim Calvados. Ein Glas stand auch bereit. Flasche und Glas nahm sie mit an ihren Platz. Der Sessel war breit, recht durchgesessen, aber sich einen neuen zuzulegen, daran dachte sie nicht.
Das ungute Gefühl war noch immer vorhanden. Hinzu kam die Stille, die nur durchbrochen wurde, als der Calvados in das Glas gluckerte. Dass ihre Hand zitterte, lag an der Furcht, die noch immer in ihr steckte.
»Also denn«, flüsterte sie, hob das Glas an und kippte den ersten Schluck in sich hinein.
Das Zeug war scharf,
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