1619 - Die Vampir-Echse
die aber meldete sich nicht. So gab sie sich einen Ruck und zog den Griff in die Waagerechte.
Ein kurzer Ruck, und das Fenster war offen.
Kühle erwischte sie. Die Temperatur war schon gefallen.
Sie wollte alles sehen und ging deshalb nach vorn. Hinaus ins Freie, in die Kühle - und in den Angriff.
Sie hatte den Kopf zuerst nach links gedreht. Das genau war ein Fehler gewesen. Die VampirEchse hatte an der anderen Seite gelauert und griff nun an.
Pranken mit Krallen erwischten die Frau. Lisa fühlte sich angehoben und wurde umgedreht. Sie war so erschrocken, dass sie nicht mal einen Schrei ausstieß, und einen Augenblick später erhielt sie einen Stoß, der sie ins Zimmer katapultierte.
Sie rutschte über den flachen Tisch hinweg und landete der Länge nach auf der Couch, auf der sie noch nachfederte.
Noch immer hatte sie nicht den vollen Überblick. Aber sie wusste, wer sie überfallen hatte, denn die Unperson aus dem Gully stand vor ihr und glotzte auf sie nieder…
***
Lisa Dell starrte in die kalten Reptilienaugen. Ein menschlicher Blick war das nicht. Aber sie sah auch das glatte Gesicht, das so gar nichts Monsterartiges an sich hatte.
Der nackte Oberkörper war bis zum Nabel normal, aber die untere Hälfte der Arme waren es nicht. Da zeigte sich die Haut verändert. Sie war schuppig, und die Finger bestanden aus Krallen.
Das Gleiche galt für die Füße. Überhaupt zeigte die Haut unterhalb des Nabels ein Schuppenmuster, wie Lisa es nur von Reptilien her kannte.
Als völlig durchgeknallt sah sie die violett geschminkten Lippen an. Aber das war nur ein Nebengedanke, für sie waren andere Dinge wichtiger als das Aussehen.
Diese Kreatur wollte etwas von ihr. Sonst wäre sie nicht in ihre Wohnung eingedrungen. Auf dem Kopf bildete das Haar einen steifen Drachenkamm, auch den übersah Lisa, denn sie wartete darauf, dass etwas geschah.
Die Kreatur hob einen Arm an und legte einen Finger ihrer Kralle gegen die Lippen. Dieses Zeichen sagte alles. Lisa sollte den Mund halten.
Wenn sie das nicht tat, war sie verloren. Zum Zeichen, dass sie begriffen hatte, deutete sie ein Nicken an.
Die Monster-Frau lächelte. Sie schien zunächst zufrieden.
In den nächsten Sekunden tat sich nichts. Der Eindringling stand nur da und beobachtete die auf der Couch liegende Frau, die sich etwas entspannt hatte.
Jetzt spürte Lisa auch die wunden Stellen an ihrem Körper. Sie sandten Schmerzsignale aus, denn beim ersten Angriff waren die Krallen durch den Stoff des Jogging-Anzugs gedrungen und hatten auf der Haut Kratzer hinterlassen.
Lisa wunderte sich über sich selbst, dass sie in der Lage war, eine Frage zu stellen. Ihre Stimme war sehr leise. Sie konnte sich selbst kaum hören.
»Wer bist du?«
Schweigen.
Die nächste Frage. »Was willst du?«
Das hatte der Eindringling besser verstanden, denn seine schmalen Lippen zeigten ein Lächeln. Zugleich öffnete sich der Mund, und wie schon in der Gullyöffnung huschte für einen Moment die gespaltete Zunge hervor, die ebenso schnell wieder verschwand wie sie erschienen war.
Dafür blieb der Mund offen. Das hatte seinen Grund, denn jetzt erhielt Lisa die Antwort auf ihre Frage.
Zwei spitze Zähne schauten aus dem Oberkiefer hervor, und der Frau schoss der Begriff Vampir durch den Kopf. Sie wusste auch damit etwas anzufangen, denn Vampire ernährten sich von Blut. Und in ihren Adern floss dieser rote Saft.
Lisa erschrak so heftig, dass sie auf der Couch liegend erstarrte. Obwohl sie glaubte, Bescheid zu wissen, war sie nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Was sie hier erlebte, kam ihr alles so schrecklich irreal vor. Das passte einfach nicht ins normale Leben. Aber was war in dieser Szene schon normal?
Nichts mehr. Die Welt war auf den Kopf gestellt worden. Hier zählte nur noch ihre Angst.
Noch stand die VampirEchse. Allerdings nicht mehr lange. Sie ging in die Knie und nahm so eine für sie bessere Haltung ein. Denn da konnte sie schneller an ihr Opfer herankommen, um es leer zu saugen.
Es wird mein Hals sein, dachte Lisa. Ja, nur der Hals. Das habe ich in den Filmen gesehen. Verdammt noch mal, und ich kann mich nicht dagegen wehren.
Wieder huschte die Zunge hervor. Es gab keine andere Kommunikation zwischen den beiden so unterschiedlichen Wesen. Und Lisa glaubte auch nicht, dass sich diese Gestalt mit einer menschlichen Stimme artikulieren konnte.
Durch ihren Kopf huschten die schrecklichsten Vorstellungen. Wenn die Kreatur sie gebissen und ihr
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