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1620 - Vorleser des Teufels

1620 - Vorleser des Teufels

Titel: 1620 - Vorleser des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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überlegte noch. Ich hatte die Stimme bereits gehört und war auch von ihr fasziniert gewesen. Mich würde es allerdings interessieren, wie Audrey in meinem Beisein reagierte, wenn sie ihren Mentor hörte.
    Ich wartete ihre Antwort nicht ab, sondern ging schon auf den CD-Spieler zu. Ich legte die Scheibe ein und kurze Zeit später, als die ersten Geräusche vorbei waren, drehte ich mich um, weil ich Audrey nicht aus den Augen lassen wollte.
    »Wir sind so weit.«
    Sie stand noch immer auf derselben Stelle und sie hielt sogar ihr Messer fest. Ihr Blick saugte sich am CD-Spieler fest und sie zuckte wie unter einem Schlag zusammen, als die Stimme erklang und schon bei den ersten Worten erkennen ließ, welch eine Macht in ihr steckte.
    Es war eine völlig fremde Welt, die uns da akustisch näher gebracht wurde. Obwohl wir nichts verstanden, war es schon faszinierend, sich der Stimme hinzugeben.
    Ich kannte sie ja und wusste Bescheid. Bei Audrey Wilder war das anders. Für sie war das Gesagte neu und sie ließ sich davon in den Bann ziehen. Es war deutlich zu sehen, wie sie sich veränderte. Zwar wechselte sie ihren Platz nicht, aber sie bewegte sich auf der Stelle hin und her und scharrte dabei mit den Füßen.
    Ich ließ sie nicht aus dem Blick. Sie verdrehte die Augen auf eine ungewöhnliche Art, sie stöhnte auf, und über ihre Wangen rannen plötzlich Tränen.
    Ich konnte mich daran erinnern, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt ungefähr gelauscht hatte, und wollte die CD eigentlich aus dem Apparat nehmen, doch ich zögerte, weil mich das Verhalten der Frau irgendwie störte. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass sich die Frau beim Klang der Stimme entspannte, doch das war nicht der Fall. Sie wurde immer erregter. Sie atmete heftiger und es sah aus, als würde sie etwas sehen, das ich nicht zu Gesicht bekam.
    Und was sie sah, machte sie nicht eben fröhlich, es sorgte für eine starke Angst, denn sie fuchtelte mit beiden Händen, um irgendwelche Gegner abzuwehren, die ich nicht sah. Es war niemand bei uns, trotzdem schlug sie immer wieder mit ihren Händen danach und fing an zu flüstern.
    Ich spitzte die Ohren, bekam leider wenig mit und sah jetzt, dass sie mit dem Taschenmesser nach diesen Phänomenen stach, die nur für sie sichtbar waren.
    Längst hatte sie ihre Sicherheit verloren. Auch ihr Äußeres veränderte sich. Sie war schweißgebadet. Ihr Mund stand weit offen. Weit aufgerissen waren auch ihre Augen, die ihren klaren Blick längst verloren hatten. Dann zog sie sich plötzlich zurück und machte dabei den Eindruck, als kämen ihr die unsichtbaren Feinde immer näher.
    Sie begann zu jammern, sie stieß nach wie vor mit dem Messer in die Luft. Noch immer fühlte sie sich bedroht, und jetzt trat sie auch nach ihren Feinden.
    Ich hatte bisher nicht eingegriffen und nur zugeschaut. Lange konnte ich das nicht mehr mit ansehen. Es war kein Vergnügen für mich, zu sehen, wie sich diese Frau quälte, deshalb musste ich etwas unternehmen.
    Drei schnelle Schritte brauchte ich, um in ihre Nähe zu gelangen. Aber ich packte sie nicht von vorn, weil sie noch immer mit dem Messer zustieß, ich kam von der Seite und griff mit beiden Händen zu.
    Audrey schrie auf. Dann stolperte sie und fiel auf die schmale Couch, wo sie liegen blieb. Ich packte ihr rechtes Handgelenk. Ein kurzer Dreh, ein leiser Schrei, dann hielt ich das Messer in der Hand und legte es zur Seite.
    Die Stimme war noch immer zu hören. Nur nicht mehr so deutlich, weil sie vom Schluchzen der Frau übertönt wurde. Ich wollte ihre Qual beenden und stellte die CD ab.
    Übergangslos hätte jetzt die Stille eintreten müssen, was jedoch nicht der Fall war, denn Audrey stand noch immer unter ihrem Bann. Sie lag zuckend auf der Couch, stieß die Arme hoch, um die Feinde abzuwehren, die nur sie sah.
    Ich steckte das Taschenmesser ein, nachdem ich es zusammengeklappt hatte. Ich ging davon aus, dass für Audrey Wilder im Moment keine Gefahr mehr bestand.
    In der Küchenzeile hier im Wohnzimmer befand sich auch eine Spüle.
    Ein Glas war schnell gefunden. Zur Hälfte ließ ich es mit Wasser volllaufen und ging dann zu Audrey zurück.
    »Bitte, trink das.«
    Sie reagierte zuerst nicht, weil sie noch zu sehr in ihrer eigenen Welt steckte. Dann aber umfasste sie das Glas mit beiden Händen, um so das Zittern zu überwinden.
    Wenig später war das Glas leer, und ich stellte es zur Seite. Meine Fragen hielt ich zurück, denn Audrey sollte sich erst erholen. Dann

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