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1620 - Vorleser des Teufels

1620 - Vorleser des Teufels

Titel: 1620 - Vorleser des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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können uns ihm nicht entziehen. Er hat uns so stark gemacht. Er hat mir das Gefühl für die Schmerzen genommen, und das alles ist geschehen, weil er uns vorgelesen hat. Da holt er uns zusammen und lässt seine Stimme erklingen.«
    »Und wo findet das statt?«, fragte ich.
    »Nie an derselben Stelle. Wir haben uns schon in einem Zelt getroffen, aber auch in einem Haus. Er sucht immer die besonderen Plätze für seine Lesungen aus. Wo er selbst wohnt, das weiß ich nicht. Einmal haben wir uns sogar in der Unterwelt getroffen und ihm zugehört.«
    »Das ist wirklich ungewöhnlich«, gab ich zu. »Wann hat er denn zur nächsten Lesung eingeladen?«
    Sie musste nicht lange nachdenken, um die Antwort zu geben. »Das ist heute.«
    Ich glaubte, mich verhört zu haben.
    »Wirklich?«, fragte ich. »Hast du heute gesagt?«
    »Das habe ich.«
    »Und wo?« Ich räusperte mich. »Wo findet die Lesung statt? Wo werdet ihr euch treffen?«
    Die Antwort, die sie mir gab, gefiel mir nicht, weil sie einfach zu vage war.
    »Woanders. Nicht im Zelt. Wir - wir - wollen ganz für uns sein, und von keinem Menschen gestört werden. Bei Anbruch der Dunkelheit treffen wir uns an der Anlegestelle. Dann werden wir auf ein Boot gehen und damit aufs Wasser fahren.«
    »Auf die Themse?«
    »Das ist vorgesehen.«
    »Und wo ist das genau?«
    Audrey Wilder wischte über ihre Stirn. »Weiter im Westen. Etwas außerhalb der Stadt. Es ist auch nicht der Fluss direkt, sondern ein schmaler Seitenarm.«
    »Da gibt es viele.«
    »Das weiß ich. Ich muss noch nachdenken.«
    »Okay, tu das.«
    Ich streichelte ihr über die Stirn, die noch immer schweißnass war. Ich wollte ihr Zeit lassen und mich inzwischen mit Purdy Prentiss und auch mit Suko kurzschließen, denn allein konnte ich die Sache nicht durchziehen.
    Bis zur Tür ließ mich Audrey kommen, dann hörte ich wieder ihre Stimme.
    »Gegenüber von Fulham.«
    Ich blieb stehen. »Und wo dort genau?«
    »Da ist ein Steg. Dort sollen wir uns treffen. Da sind auch die künstlichen Seen. London Wetland Centre und…« Mehr sagte sie nicht, und ich war damit schon zufrieden. Über Details konnte ich sie später befragen, wenn ich mit Purdy Prentiss und Suko telefoniert hatte. Jedenfalls nahm dieser Fall allmählich Gestalt an, und das kam mir natürlich sehr entgegen.
    Audrey musste nicht unbedingt zuhören, was ich sagte. Deshalb verzog ich mich für die Dauer meines Telefonats ins Schlafzimmer der toten Rita Benson zurück.
    Ich musste die Wohnungstür passieren, und es gab leider nichts, was mich warnte. Ich sah auch nicht, dass sie spaltbreit offen stand, doch als ich mich in ihrer Höhe befand, da wurde sie nach innen gerammt und erwischte mich mit ihrer Kante am Kopf.
    Die Aktion hatte mich voll überrascht. Ich flog zur Seite, prallte gegen die Wand und sah für einen Moment Sterne vor meinen Augen aufzucken.
    Groggy war ich nicht, nur angeschlagen und nicht fähig, mich der Person zu stellen, die die Wohnung betreten hatte.
    Es war ein Mann.
    Nur was für einer!
    Eine schokoladenbraune Haut und funkelnde Augen. Ein breiter Körper, ein glattes Gesicht, ein Kopf ohne Haare und eine Faust, die immer größer wurde, als sie auf mich zuschoss.
    Ich konnte ihr nicht ausweichen.
    Wo genau sie mich traf, bekam ich nicht mit. Jedenfalls war es das Gesicht, und der Treffer reichte aus, um mich auf der Stelle zusammenbrechen zu lassen.
    Das war nicht alles, denn ich verabschiedete mich in die Tiefen der Bewusstlosigkeit…
    ***
    Audrey Wilder wusste nicht, ob sie sich richtig verhalten hatte. Sie befand in sich in einer Lage, in der sie mit sich selbst nicht richtig klar kam, und die Antworten hatte sie irgendwie gegen ihren Willen gegeben.
    Sie hatte sich auch nicht dagegen sträuben können. Zudem war dieser John ein Mensch, der Vertrauen in ihr erweckt hatte.
    Aber sie fühlte sich auch wie eine Verräterin an Karu, und das bedrückte sie, denn schließlich verdankte sie ihm so viel. Er hatte ihr Leben geändert und ihm sogar einen neuen Sinn gegeben. Er hatte ihr und den anderen Frauen andere Welten eröffnet, sie hatten sich auch versprochen, ihn nicht zu verraten, aber das hatte sie jetzt getan. Und sie erinnerte sich an seine Vorgaben, als er ihnen erklärt hatte, dass er immer bei ihnen war, auch wenn sie ihn nicht sahen. Und wenn das tatsächlich zutraf, dann war er bestimmt auch über das informiert, was sie getan hatte. Davor fürchtete sie sich.
    Sie hätte am liebsten alles zurückgenommen, was

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