1621 - Die Verdammten
Feldweg.
Licht hatte ich nicht eingeschaltet. Ich ließ die Scheinwerfer auch ausgeschaltet, als ich in den schmalen Weg fuhr.
Ich glaubte nicht mehr, dass ich von der Straße aus gesehen werden konnte. Dort trafen jetzt weitere Fahrzeuge an der Unfallstelle ein. Auch ein Streifenwagen war dabei.
In mir schoss wieder der heilige Zorn hoch, als ich an die Verdammten dachte. Warum taten sie das? Warum verbrannten sie unschuldige Menschen?
Ich konnte mich nicht in ihre Gedankengänge hineinversetzen und musste es allgemein sehen.
Sie waren vor Urzeiten von Luzifer gerettet worden. Irgendwie ließen sich diese Wesen auch mit den Kreaturen der Finsternis vergleichen.
Und wer auf der Seite des Bösen stand, der konnte einfach nicht anders handeln. Der war praktisch dazu gezwungen, und diesem Weg folgten auch die beiden Verdammten.
Sie konnten also ihre Feinde durch Feuer vernichten, Feuer, das nicht von dieser Welt war.
Aber warum hatten sie Father McCallum nicht zu verbrennen versucht?
Das wusste ich nicht. Es konnte sein, dass gewisse Menschen einen nicht so einfachen Tod haben sollten. McCallum hatten sie das Blut aus dem Körper holen wollen, und hier hatten sie eben ein anderes Zeichen ihrer Grausamkeit gesetzt.
Ich wollte mir auf keinen Fall etwas einbilden. Es war durchaus möglich, dass sie mir gegenüber Stärke und Macht demonstrieren wollten.
Mit einem war ich zusammengetroffen, und jetzt fragte ich mich, wen oder was er in mir gesehen hatte. Einen Feind, der ihnen gefährlich werden konnte, oder nur einen Menschen, der durch Zufall davongekommen war? Es war eigentlich völlig egal. Ich stellte mich darauf ein, ihnen zu begegnen und das wahrscheinlich noch in dieser Nacht, die sich fast endlos hinzog.
Ich stieg aus dem Rover. An der Unfallstelle sah es aus wie in einem Film, dessen Szene sich in der tiefen Dunkelheit abspielte. Es gab keine Flammen mehr, nur das Wrack glühte noch, aber bald verschwanden auch die letzten Reste unter dem Schaum.
Wo steckten die Verdammten?
Ich ließ meinen Blick automatisch in die Höhe gleiten und suchte den Himmel ab. Er blieb dunkel. Nichts flog oder wischte unter ihm hinweg.
Die Verdammten hatten sich zurückgezogen.
Ich dachte darüber nach, ob ich in Rom anrufen und Father Ignatius informieren sollte. Davon nahm ich Abstand. Ich wollte erst wieder mit ihm reden, wenn ich die Nephilim besiegt hatte.
Nur war die Frage offen, ob mir das auch gelingen würde.
Ob ich wieder zur Kirche zurückfahren und sie dort erwarten sollte? Der Pfarrer befand sich noch immer in der Schusslinie, und ich konnte mir vorstellen, dass die beiden Verdammten ihr Vorhaben, ihn zu töten, nicht aufgegeben hatten. Er war schutzlos. Er war auch nicht bewaffnet. Er hätte also das perfekte Opfer sein können.
So recht wollte ich an meine eigenen Überlegungen nicht glauben. Dann hätten die Verdammten den Geistlichen auch umbringen können, als ich unterwegs war. Doch sie hatten stattdessen zwei unschuldige Menschen getötet, und wahrscheinlich würden sie so weit termachen.
Wie ich es auch drehte und wendete, die perfekte Lösung fiel mir nicht ein.
In meine Gedanken und Überlegungen hinein geschah etwas anderes.
Es meldete sich mein Handy…
***
Auch Father Ignatius telefonierte. Er hatte seinen Agenten angerufen, denn er wollte erfahren, ob sich etwas getan hatte.
Leider konnte ihm der Mann nichts Neues sagen, und so hatte Ignatius wieder aufgelegt. Er war kein junger Mensch mehr, aber noch immer sehr agil und klar im Kopf.
In diesen Augenblicken sah er um Jahre gealtert aus. Er konnte sich vorstellen, dass es diesmal eine Niederlage gab, die selbst John Sinclair nicht mehr aufhalten konnte. Wenn dieser uralte Mythos zur Wirklichkeit werden sollte, und das in einer Welt, die völlig anders aussah, dann musste man als Realist auch schwarzsehen, und das schmerzte ihn zutiefst.
Bei einer Schwester hatte er sich einen kleinen Imbiss bestellt. Brot mit einer Paste aus Thunfisch. Dazu trank er Wasser und saß grübelnd an seinem Schreibtisch.
Er wusste nicht, ob Kardinal Maurizio angeklopft hatte oder einfach so das Büro betrat, jedenfalls öffnete sich die Tür, und der Kardinal kam auf den Schreibtisch zu. Er deutete auf den Teller, auf dem noch ein Rest der kargen Mahlzeit lag.
»Es sieht nicht so aus, als wolltest du in dieser Nacht noch ein paar Stunden schlafen.«
»Du hast es erfasst.« Der Kardinal ließ sich auf dem Stuhl nieder, auf dem er vor Kurzem schon mal
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