1624 - Die Atlantis-Hexe
dritt, und Sir James’ Gesicht zeigte einen ernsten Ausdruck. Er blickte auf seine Hände, als er das Wort übernahm.
»Ich will ehrlich sein. Ich habe diesem Mann nicht so recht geglaubt. Auch wenn er sehr authentisch wirkte. Nun aber sehe ich die Dinge anders und denke, dass wir uns auf etwas Bestimmtes einstellen sollten, wenn Mrs. Prentiss involviert ist.«
»Sie meinen Atlantis.«
»Korrekt, Suko.«
So dachte ich auch. Das war nicht von irgendwo hergeholt. Auch Sir James kannte Purdys Affinität zu dem längst versunkenen Kontinent.
Dort hatte sie als Kriegerin gelebt. Aber das war nicht hundertprozentig vorbei, denn immer wieder war es zu Zwischenfällen gekommen, die sich auf Atlantis bezogen. Nicht alle Bewohner waren mit dem Kontinent untergegangen. Das hatten wir schon mehr als einmal erlebt.
»Diondra«, wiederholte Sir James. »Sagt Ihnen der Name etwas?«
»Nein. Bis heute habe ich ihn nie zuvor gehört«, erwiderte ich.
»Und was ist mit Mrs. Prentiss?«
Es war Zeit, ihn über das Telefongespräch mit ihr aufzuklären. Und so erfuhr er all das, was mir die Staatsanwältin gesagt hatte.
»Das hört sich nicht gut an«, fasste Sie James zusammen. »Ich gehe zudem davon aus, dass diese Diondra eine Frau ist, die über mehr als nur normale Kräfte verfügt. Und wenn ich an das blaue Licht denke, dann habe ich das Gefühl, dass sie auf einem Zeitstrahl reist, was ich einfach mal so hinnehme.«
»Da liegen wir auf einer Linie«, sagte Suko und fuhr fort: »Wenn mich nicht alles täuscht, geht es ihr um Purdy Prentiss. Dass sie sich auf dem Wasser gezeigt hat, war wohl mehr eine Demonstration ihrer Macht. Da wollte sie zeigen, wer sie ist und auch, dass sie den normalen Menschen über ist. Nur stellt sich die Frage, was diese Diondra mit Purdy zu tun hat.«
»Das müssen Sie Mrs. Prentiss selbst fragen.«
»Richtig, Sir.« Suko sah mich an. »Das werden wir auch - oder?«
»Darauf kannst du dich verlassen. Und das so schnell wie möglich. Leider haben wir Pech. Sie befindet sich jetzt mitten in einer Verhandlung. Das weiß ich von ihr.«
Sir James nickte. »Fahren Sie trotzdem hin. Ja, Sie müssen so schnell wie möglich mit ihr reden. Diese Diondra halte ich für eine Bedrohung. Wir dürfen einfach nicht zulassen, dass Personen wie sie hier ihre Zeichen setzen können.«
Das war genau in unserem Sinn. Ich nickte ebenso wie Suko. Dann erhoben wir uns.
Sir James lehnte sich zurück. »Ich denke, dass Sie mir so schnell wie möglich Bescheid geben.«
»Darauf können Sie sich verlassen«, versprach ich.
Unser Besuch war beendet.
Auf dem Gang musste ich erst mal tief schlucken.
»Was ist?«, fragte Suko.
Ich hob die Schultern. »Eigentlich nicht viel. Ich hatte nur gedacht, mal zwei Tage Ruhe zu haben.«
Suko grinste. »Und wovon träumst du in der Nacht?«
Ich winkte ab. »Lass uns zum Gericht fahren. Dann schnappen wir sie uns nach der Verhandlung…«
***
Sie war da, und sie war trotzdem woanders.
Anders konnte man es nicht bezeichnen, denn Purdy Prentiss befand sich nicht mehr im Gerichtssaal. Sie schaute noch vorn, und sie sah eine völlig andere Umgebung. Eine wilde und raue Landschaft, in der sich keine Menschen befanden. Bis auf eine Frau.
Sie war mit Tüchern bekleidet, die sie um ihren Körper gewickelt hatte.
Und sie lief durch die Landschaft, als wäre sie verloren oder auf der Suche nach irgendetwas.
Verfolger waren nicht zu sehen, dennoch lief sie schnell, als könnte sie es kaum erwarten, zu einem bestimmten Ziel zu gelangen.
Purdy wusste nicht, ob sie diese Frau kannte, aber dann ging sie von einer bestimmten Voraussetzung aus, die sich in ihrem Kopf festgesetzt hatte.
Diese Frau war sie selbst!
Näher darüber nachdenken konnte sie nicht, denn die Bilder waren einfach zu stark.
Sie hetzte weiter. Sie lief an einem Hang entlang, der dicht bewaldet war. Über ihr in der Luft schwebten große Vögel, als wären sie auf der Suche nach Nahrung.
Sie rannte trotzdem weiter, auch wenn sie die Tiere damit auf sich aufmerksam machte. Auch wenn es nicht so aussah, schien sie ein Ziel zu haben, denn genau in der Richtung, in die sie sich bewegte, stieg Rauch in den Himmel. Dort musste ein Feuer brennen. Es sah ganz so aus, als wollte die Flüchtende es erreichen.
Die Frau war barfuß. Purdy sah sie genau, aber sie war trotzdem nicht in der Lage, sie zu beschreiben. Den Anblick vergaß sie sofort wieder, als wäre die Rennende ein Phantom oder ein Schatten.
Wenig später
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