1624 - Die Atlantis-Hexe
sogar analytisch denken und dachte daran, wie dumm es von ihr gewesen war, in diese Falle zu laufen. Andererseits war sie auch keine Hellseherin und in ihren Gedanken versunken gewesen.
Sie hatte keine Ahnung, wer sie niedergeschlagen hatte. Sie tippte allerdings auf Jason Shaft. Dieser Mann verfolgte sie mit all dem Hass, zu dem ein Mensch überhaupt fähig war. Das hatte sie an den Verhandlungstagen immer wieder erlebt.
Der dicke Nacken, der dicke Kopf. Alles kam ihr angeschwollen vor. Sie nahm ihre Umgebung zwar wahr, nur nicht mehr normal. Ein Filter schien alles zu dämpfen. Auch die Schrittgeräusche, die sich ihr näherten und neben ihr verstummten.
Einige Sekunden lang geschah nichts. Dann hörte Purdy Prentiss ein Kichern, das für sie nichts Freundliches an sich hatte. Es war ein Geräusch, das ihr durch und durch ging. Es klang einfach nur hässlich und war zugleich so etwas wie eine Drohung und ein Versprechen.
Die Staatsanwältin war eine Frau, die sich sehr wohl zu wehren wusste.
Wenn es sein musste, dann wurde sie zu einer wahren Kämpferin und konnte sich mit der Person vergleichen, die sie in ihrem früheren Leben in Atlantis gewesen war.
Davon konnte sie jetzt nur träumen. Sie fühlte sich platt. Sie war erledigt.
Sie würde es nicht schaffen, aus eigener Kraft auf die Beine zu gelangen, und alle Vorteile lagen auf der Seite ihres Gegners.
Er stand dicht neben ihr. Jetzt kicherte er nicht mehr. Er summte nur noch vor sich hin.
Das Summen nahm sie noch lauter wahr, als sich der Mann bückte und dabei nach ihr griff. Seine Hand schlug wie eine Eisenklaue gegen ihren malträtierten Hals. Die Finger klammerten sich im Kragen der Kostümjacke fest, und ein böses Flüstern erreichte ihre Ohren.
»Jetzt gehörst du mir!«
Ja, es war Shaft. Diese Stimme hatte sie in den letzten Tagen oft genug im Gerichtssaal gehört. Sie klang nicht sehr männlich. Eher hoch und leicht schrill. Die Freude über seinen Erfolg schwang darin mit.
Jason Shaft machte kurzen Prozess. Er riss die Staatsanwältin brutal in die Höhe. Dabei lachte er bösartig, und kaum stand sie auf den Füßen, da schleuderte er sie herum und warf sie in den Sessel hinter dem Schreibtisch.
Diese Aktion nahm die Staatsanwältin hart mit. Sie schrie leise auf, ohne dass sie es richtig merkte. In ihr war alles durcheinander, und sie stand dicht davor, in den tiefen Schacht der Bewusstlosigkeit zu fallen.
Aber sie blieb bei Bewusstsein, holte sogar Luft und riss die Augen auf.
Sie sah alles verschwommen, aber etwas wollte ihr nicht aus dem Kopf.
Dieser Verbrecher hatte sie mit beiden Händen gepackt. Das deutete darauf hin, dass er nicht mehr gefesselt war. Er war seine Handschellen also los geworden.
Nur allmählich klärte sich ihr Blick.
So sah Purdy, was mit ihr passiert war. Sie lag halb in ihrem Schreibtischsessel. Der Killer hatte ihn zurückgeschoben, damit er sich vor sie stellen konnte. Er hatte ihr seine Hände mit den langen und irgendwie bleichen Fingern um den Hals gelegt.
Mörderhände!, dachte sie und konzentrierte sich auf das Gesicht.
Es war einfach nur bösartig. Dabei brauchte er es nicht mal zu verziehen, es reichte aus, wenn er sie nur anschaute, denn in seinem Blick lag eine widerliche Kälte. Nicht mal der Ausdruck von Hass, er war so grausam neutral. Seine blassen Lippen hatten sich in die Breite gezogen. Sie wirkten so farblos wie seine graue Kleidung. Man hatte ihn in einen alten Trainingsanzug gesteckt.
Shaft stand dicht vor ihr.
Purdy nahm seinen Geruch wahr. Es war schon mehr ein Gestank. Eine Mischung aus dem, was in seiner Kleidung steckte und was dieser Körper abgab, der lange keine Dusche mehr gesehen hatte.
Er ließ sich Zeit. Er wollte Purdy zur Räson bringen, und er schlug mit der flachen Hand einige Male gegen die Wangen der Staatsanwältin.
Ihr Kopf flog von einer Seite zur anderen. Die Wangen röteten sich, aber sie verspürte kein Brennen.
Er hörte auf zu schlagen, bückte sich leicht und stellte dabei die erste Frage.
»Kannst du mich hören?«
Das konnte Purdy, denn ihr Gehör hatte nicht gelitten. Es war ihr nur nicht möglich, eine normale Antwort zu geben. Etwas saß in ihrer Kehle fest, und so war sie nur in der Lage, kurz zu nicken.
»He, das ist gut.«
Purdy schwieg. Es ging ihr ein wenig besser. Zumindest sah sie nicht mehr verschwommen, und sie erkannte, dass sich niemand außer Shaft und ihr in ihrem Büro aufhielt.
Diondra zeigte sich nicht. Warum auch? Sie hatte
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