1624 - Die Atlantis-Hexe
wieder zu mir und hatte das Gefühl, tief und fest geschlafen zu haben, wobei ich mich an nichts mehr erinnern konnte, was während dieser Zeit geschehen ist. Aber jetzt weiß ich es. Shaft ist verschwunden, und diese seltsame Frau, die ich für einen Moment gesehen habe, muss seine Komplizin gewesen sein. Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen.«
»Kennen Sie die Frau denn?«
Nixon winkte ab. »Ach, hören Sie doch auf, so blöde Fragen zu stellen. Wenn ich sie gekannt hätte, dann hätte ich es Ihnen längst gesagt. Aber dem ist nicht so. Sie ist mir unbekannt, und mein Mandant hat auch nie von ihr gesprochen. Manchmal denke ich, dass sie ein Geist war oder so etwas Ähnliches.«
»Okay.«
»Haben Sie sonst noch Fragen, Frau Staatsanwältin?«
»Im Moment nicht.«
»Dann bin ich zufrieden.«
Weniger zufrieden war der Richter, der sich wieder gefangen hatte. Er konnte die Dinge einfach nicht so laufen lassen und musste eine gewisse Ordnung in das Durcheinander bringen. Deshalb ging er an seinen Platz, wo auf einem Samttuch noch eine altmodische Glocke stand, die er in die Hand nahm und sie heftig schüttelte.
Der Klang erreichte jedes Ohr. Plötzlich hörten die Menschen auf zu sprechen. Wer noch nicht in seine Richtung schaute, der drehte sich nun um.
Mason Kilrain fühlte sich unwohl, was ihm anzusehen war. Seine Hände fuhren leicht fahrig durch die Luft. Als er zu sprechen begann, kratzte seine Stimme.
Er sprach davon, dass es keinen Menschen gab, der genau nachvollziehen konnte, was hier geschehen war. Der Richter vermied Spekulationen, aber er kam auf das Wesentliche zu sprechen.
»Ich muss Ihnen nicht erst sagen, dass wir durch die Befreiung Jason Shafts eine Niederlage erlitten haben. Es tut mir leid, dass uns dies alles widerfahren ist. Aber wir müssen uns damit abfinden.« Er trank einen Schluck Wasser und fuhr fort: »Um eins möchte ich Sie noch bitten, Ladies and Gentlemen. Was hier passiert ist, das muss unter uns bleiben. Es darf kein Wort nach draußen dringen. Ich will nicht, dass die Öffentlichkeit über den Vorfall hier in Kenntnis gesetzt wird.«
Schweigen. Die Menschen schauten sich an. Einige nickten, andere hoben ihre Schultern.
Bis Nixon sich meldete und fragte: »Wie wollen Sie der Öffentlichkeit klarmachen, dass es heute nicht zu einem Urteilsspruch gekommen ist? Haben Sie dafür eine Lösung?«
»Ja, die habe ich.« Der Richter nickte. »Ich werde vor die Presse treten und erklären, dass die Verhandlung noch mal vertagt worden ist. Das muss man mir abnehmen. Irgendwelche Gründe werde ich nicht nennen, und ich werde mich auch nicht auf irgendwelche Spekulationen einlassen. Das mal vorweggenommen.«
Ein Mann meldete sich. Es war der Vater einer der Ermordeten.
»Ich kann mir nicht erklären, was hier abgelaufen ist. Fest steht, dass der Mörder meiner Tochter nicht mehr hier im Raum ist. Aber wenn man ihn befreit hat, wird das nicht ungesehen passiert sein. Es muss draußen aufgefallen sein. Jeder von uns hat wohl die seltsame Frau gesehen, bevor es uns erwischte. Sie und er, das ist ein Paar, das kann sich nicht unbemerkt bewegen. Besonders das Bild des Mörders hat sich in der Öffentlichkeit und bei den Menschen eingeprägt. Also wird man Bescheid wissen.«
Es war ein Argument, gegen das man nicht viel sagen konnte. Nur eine erhob ihre Stimme und sprach dagegen. Es war Purdy Prentiss, die das nicht so stehen lassen wollte.
»Im Prinzip gebe ich Ihnen ja recht. Aber die Befreiung ist außerhalb des Gerichtssaals bestimmt nicht aufgefallen.«
»Was macht Sie da so sicher?«
»Dann hätten wir etwas erfahren. Die Presse, die draußen lauert, wäre nicht still geblieben. Ob das Paar aus der Tür gegangen wäre oder aus dem Fenster, man hätte es gesehen. Genau das ist es, was ich sagen will. Die Flucht ist noch nicht aufgefallen.«
Nicht alle Anwesenden stimmten der Staatsanwältin zu. Ein Mann rief: »Ist das denn technisch möglich?«
»Anscheinend schon. Sonst hätten wir ja eine Reaktion von draußen erlebt. Fragen Sie mich bitte nicht nach Einzelheiten. Die kann ich Ihnen auch nicht sagen.«
»Die weiß wohl keiner von uns!«, rief eine Frau mit schriller Stimme.
»Das ist doch alles nicht normal! Hier hat eine andere Macht die Hand im Spiel.«
»Der Teufel!«, rief jemand.
»Genau.«
Ab jetzt redeten die Menschen wieder durcheinander. Der Richter hatte Mühe, sich mit seiner Glocke wieder Gehör zu verschaffen. Er wiederholte seinen Text in Kurzform.
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