1629 - Die blaue Schlange
nicht so recht zu ihr und ihrer Persönlichkeit passen.
Einen Tag nach der Bestattung ihres Vaters kam Gendal Jumphar zu ihr. Er besuchte sie in dem Haus, in dem sie Saudra besiegt hatte. „Wir müssen über deine Zukunft reden", eröffnete er das Gespräch. „Ich habe bereits die Weichen gestellt. Du wirst in die Politik gehen, so wie dein Vater es wollte. Da du aus einer angesehenen Familie stammst und über den nötigen finanziellen Rückhalt verfügst, wirst du es nicht schwer haben, Rätin zu werden."
Sie blickte ihn belustigt an. „Und ich werde gar nicht gefragt?"
„Nein", erwiderte er selbstherrlich. Durch die herabhängenden Strähnen seines schwarzen Haares blickte er sie durchdringend an. „In diesem Fall nicht. Dein Volk braucht dich, und du wirst dich ihm nicht verweigern. In der Rolle einer Rätin wird es dir gelingen, die Organisation >Blaue Legion< so auszubauen, wie es notwendig ist, damit sie zu einem schlagkräftigen Instrument gegen die Feinde unseres großen Volkes wird."
Ein dämonisches Lächeln glitt über seine Lippen. „Du wunderst dich? Ich bin über alles informiert. Du hast einen Fehler gemacht."
„Welchen?"
„Du hast zu viele Mitwisser. Ich verstehe das. Wenn man eine solche Organisation aufbaut, läßt sich das kaum vermeiden." Das Feuer in seinen Augen schien aufzulodern. „Doch Fehler kann man korrigieren. An der Spitze einer Organisation wie der Blauen Legion muß jemand stehen, den nur eine handverlesene Gruppe von wirklich zuverlässigen Mitarbeitern kennt. Für alle anderen Mitglieder muß er anonym bleiben. Deshalb gibt es nur einen Weg, die Organisation abzusichern, und du mußt ihn gehen, oder die Blaue Legion wird niemals den Erfolg haben, den sie haben könnte."
„Welchen Weg?"
„Du weißt, was ich meine."
„Ich soll meine Mitwisser töten!"
„Ich habe bereits eine Liste derer aufgestellt, die in Frage kommen", erwiderte Gendal Jumphar. „Es muß sein. Sie werden das nötige Opfer für ihr Volk erbringen."
Er reichte ihr eine Liste mit Namen, und sie erbleichte. „Es sind gute Freunde dabei."
„Freunde? Sie sind unzuverlässig."
Er reichte ihr eine Akte. Sie blätterte sie flüchtig durch und erfuhr in wenigen Sekunden mehr über ihre Freunde als in all den Jahren zuvor.
Er griff nach ihrer Hand. „Ist die Liste vollständig, oder fällt dir noch jemand ein, der den Erfolg der Blauen Legion gefährden könnte?"
Zwei weitere Namen drängten sich ihr auf, und bevor sie recht wußte, was sie tat, kamen sie ihr über die Lippen. „Ich übernehme es für dich", versprach ihr Gendal Jumphar. „Meine Organisation wird diese Personen verschwinden lassen. Danach wird es nur noch zwei oder drei Eingeweihte geben, die wissen, daß du die >Blaue Schlange< bist."
Er erhob sich und verließ den Raum.
Alnora erhob keinen Einspruch.
Noch nicht einmal zwanzig Stunden vergingen, dann hatte Gendal Jumphar die unliebsamen Mitwisser beseitigt; Einige verunglückten, einer schien Selbstmord begangen zu haben, ein anderer wurde Opfer eines Verbrechens, das einem Galaktiker angelastet wurde, und zwei weitere schienen eines natürlichen Todes gestorben zu sein. Eine besondere Untersuchung in diesen Fällen gab es nicht.
Danach wußten nur noch Gendal Jumphar, zwei enge Freunde und AInora selbst, wer an der Spitze der Organisation stand.
Demun Targ erschauderte. Er spürte, wie ihn das Grauen kalt überlief, und zunächst zweifelte er am Wahrheitsgehalt des syntronischen Filmst Bis zum Tode ihres Vaters hatte Alnora sich in keinem Fall bösartig verhalten oder sonst ein Verhalten gezeigt, das in irgendeiner Weise aus dem Rahmen fiel. Sie hätte den Tod ihrer Mitarbeiter verhindern müssen.
Jetzt wußte er, daß sie die Blaue Schlange, und das Gendal Jumphar ihr gefährlicher Mitspieler war.
Eine innere Stimme warnte ihn davor, noch länger in dem verbotenen Raum zu bleiben. Sie schrie förmlich in ihm und drängte ihn, so schnell wie möglich in seine Kabine zurückzukehren, ja besser noch, das Raumschiff mit einer Rettungskapsel zu verlassen und auf irgendeinem der Planeten des Solsystems oder in einem der Wachforts Schutz zu suchen.
Er wußte jetzt, daß die Blaue Schlange auf nichts Rücksicht nahm, wenn es darum ging, ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Doch er zögerte.
Er wollte noch mehr über die Geheimorganisation wissen, und er glaubte, noch ein wenig Zeit zu haben.
Noch war alles ruhig an Bord der MAGENTA. Doch wie lange noch ?
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