1629 - Die blaue Schlange
Zarphis erst kurz vor der Abstimmung kennenlernte. „Ich würde mir jedoch keine Sorgen machen", empfahl ihr die Frau mit den leicht geschlitzten Augen. Sie war Henna Zarphis sympathisch, und sie fühlte sich zu ihr hingezogen, obwohl sie sie kaum kannte. „Es sieht nicht so aus, als könnte die Opposition genügend Räte für die Abstimmung heranschaffen. Du scheinst einen Schutzengel zu haben."
Eine eigenartige Bemerkung, die Henna Zarphis noch lange beschäftigte.
Wenn der Rat vollständig erschien, verfügte die Opposition über eine Mehrheit von zwei Stimmen. Sollten ausgerechnet bei einer so wichtigen Abstimmung einige Räte fehlen?
Henna Zarphis konnte es sich nicht vorstellen. Und doch war es so. Als es zur Abstimmung kam, blieben die Sitze von drei Räten der Opposition leer, und ihre Förderer gewannen. Damit war der Weg frei für den XD-Transponder.
Später erfuhr Henna Zarphis, was die drei Räte daran gehindert hatte, an der Sitzung teilzunehmen. Einer war von einer unerklärlichen Übelkeit befallen worden, der zweite hatte einen kleinen Unfall gehabt und mußte ärztlich behandelt werden, und der dritte war in einen Antigravgleiter gestiegen, dessen Syntronik sich selbständig gemacht und ihn auf eine Insel entführt hatte, die einige tausend Kilometer von der Hauptstadt entfernt war. Erst dort hatte er die Syntronik wieder unter Kontrolle bringen können. „Es ist wahr", sagte Henna Zarphis zu Alnora Deponar, ohne zu ahnen, daß sie ihre Schwester vor sich hatte. „Ich habe einen Schutzengel.
5.
Das genügt! ermahnte ihn eine innere Stimme. Du weißt jetzt, wie die beiden Schwestern zusammengekommen sind.
Demun Targ war wie im Fieber. Er saß vor dem Monitor und konnte sich nicht von ihm lösen. Er wußte, weshalb Alnora Henna dazu veranlaßt hatte, mit ihr ins Solsystem zu Siegen.
Sie glaubt, die Wahrheit erkannt zu haben, dachte er. Und nun geht sie konsequent ihren Weg! „Ich habe mich entschlossen, meine Arbeit als Rätin einzuschränken", verkündete Alnora Deponar, als Gendal Jumphar sie in ihrem Haus besuchte.
Der selbstherrliche Akone blickte sie überrascht an. Sie trug ein farbenprächtiges Gewand, das ihre Figur lose umgab und ihr von den Schultern bis zu den zierlichen Füßen reichte.
Das Jahr 1190 NGZ war erst wenige Tage alt, und die junge Frau war vor nur wenigen Wochen in ihrem Amt bestätigt worden. Bisher hatte er keinerlei Anzeichen von Amtsmüdigkeit bei ihr bemerkt. „Was veranlaßt dich dazu?" fragte er, während er sich in einen der gepolsterten Sessel sinken ließ. Er strich sich die Haare aus dem Gesicht, um sie besser sehen zu können. „Du hast gute Arbeit geleistet. Deine Kritiker sind verstummt, und selbst deine schärfsten Feinde geben zu, daß es dir gelungen ist, eine enge Zusammenarbeit auf wissenschaftlichem und technischem Gebiet mit den Völkern der Springer und der Blues herbeizuführen. Du genießt höchstes Ansehen. Warum willst du alles opfern? Steckt ein Mann dahinter?"
„Unsinn!" fauchte sie, während sie Getränke für ihren Gast und sich selbst auf den Tisch stellte. „Als Blaue Schlange kann ich mehr für mein Volk tun, als mir allein als Rätin möglich ist.
Ich werde mein Amt behalten, aber weitaus weniger dafür tun als bisher."
„Das gibt dir mehr Spielraum für die Blaue Legion."
„Ich brauche die Freiheit, um wirkungsvoller gegen unsere Feinde, die Galaktiker, kämpfen zu können." Sie nippte an ihrem Glas.
In den Augen Gendal Jumphars leuchtete es auf, und ein geradezu dämonisches Lächeln glitt über seine Lippen. „Du hast recht. Endlich hast du die Entscheidung getroffen, auf die ich schon lange gewartet habe. Es wird Zeit, daß wir verstärkt in die Offensive gehen. Nur so können wir Akon zu seiner alten Größe führen und zu der galaktischen Macht wachsen lassen, die ihm zukommt."
Er war nach wie vor der einzige, dem sie wirklich vertraute.
Sie berichtete ihm, daß sie die Blaue Legion, wie sie ihre Organisation nannte, mittlerweile stark ausgebaut hatte. „Wir haben Agenten und Spitzel bei allen wichtigen galaktischen Völkern und im Galaktikum", eröffnete sie ihm, wobei sie sich nicht die Mühe machte, Triumphgefühle vor ihm zu verbergen, denn selbst er wußte nicht, wie sehr sie die Macht ihrer Organisation ausgeweitet hatte. „Auch auf Terra haben wir Agenten. Sie sind bis in die Nähe der Schaltstellen der Macht gekommen. Ich bin genau über die Bewegungen der wichtigsten Persönlichkeiten
Weitere Kostenlose Bücher