1634 - Strigen-Terror
Touristen bewegten sich auf den Bau zu. Sie gingen über eine breite Brücke und genossen die wunderbare Aussicht.
»Und? Was meinst du?«, fragte Suko.
Ich hob die Schultern. »Es ist unsere einzige Chance.«
»Das sehe ich auch. Was sagt dein berühmtes Bauchgefühl?«
»Dass ich satt bin.«
»Oh - nicht mehr?«
»Leider nein.«
Wir schafften es tatsächlich, rechtzeitig auf der Fähre zu sein, deren Bauch auch Autos schluckte. Das deutete darauf hin, dass die Insel Ornö doch recht groß war, denn es wurden auch noch eine Menge Container verladen.
Wir standen auf dem breiten Deck und spürten den warmen Fahrtwind, als sich das Schiff in Bewegung setzte.
Die meisten Fahrgäste waren Touristen. Es gab aber auch Einheimische, die auf der großen Insel zu tun hatten und sogar Gepäck mit hinüber schleppten.
Die Fahrt sollte etwas über zwei Stunden dauern. Gegen Mittag würden wir auf Ornö anlegen.
Das Leben geht oft seltsame Wege. Ich stand an Deck und dachte daran, dass ich vor drei Tagen noch in Südfrankreich gewesen war und jetzt an Bord dieser Fähre stand und auf das Wasser schaute. Es war ein so strahlend heller Sommertag, da konnte man gar nicht auf den Gedanken kommen, dass etwas Unheimliches und Brutales passierte, aber Carlotta hatte bestimmt nicht fantasiert.
Wenn ich ehrlich war, wartete ich voller Spannung auf eine Begegnung mit den Bluteulen und auch auf Strigus, der uns immer wieder entwischt war, ebenso wie der Supervampir Dracula II.
Meine Erinnerung glitt weit zurück. Ich dachte an einen Fall, in dem ein Tengu eine große Rolle gespielt hatte. Wir hatten ihn vernichten können, aber sein Geist hatte sich in eine Eule zurückgezogen und sich dann mit den Strigen verbündet. Auch da waren wir am Ball geblieben, aber Strigus hatten wir nicht vernichten können.
Vielleicht jetzt. Falls er überhaupt da war und sich auf der kleinen Insel ein neues Zuhause gesucht hatte. Möglich war alles.
Carlotta blieb in Sukos Nähe. Sie hatten sich zwei Stühle ausgesucht und genossen die Fahrt. Ich stand an der Reling und spürte Maxines Nähe.
»Worüber denkst du nach, John?«
Ich drehte mich nach rechts und legte meinen Arm um Maxines Schultern.
»Das weiß ich selbst nicht so genau. Mir geht einiges durch den Kopf.«
»Was die Strigen angeht?«
»Klar.«
»Und wie siehst du unsere Chancen?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich hoffe aber, dass sie nicht so schlecht stehen. Vielleicht findet sich eine Chance, dass wir es endlich zum Abschluss bringen.«
»Die Strigen sollen…«
»Nicht nur sie, auch ihn, Strigus! Er ist äußerst gefährlich. Er findet auch immer wieder Helfer. Ich weiß leider nicht, wie zahlreich die Bluteulen inzwischen wieder sind, obwohl wir so viele von ihnen vernichtet haben.«
»Und wie habt ihr das geschafft?«
»Durch magische Waffen. Geweihte Silberkugeln, aber auch mithilfe der Dämonenpeitsche. Nun ja, wir werden sehen. Lass uns erst mal auf dem kleinen Eiland sein.«
»Ich bin ja nur froh, dass Carlotta ihnen entkommen konnte«, sagte die Tierärztin leise.
»Ja, da hat sie wirklich Glück gehabt.«
Plötzlich musste Maxine lachen. »Es ist schon komisch, dass Carlotta und ich immer wieder in einen magischen Strudel hineingerissen werden. Das war bei mir früher nicht so. Erst als ich Carlotta und dich kennenlernte, hat sich einiges geändert.«
»Das ist Schicksal. So wie dir ist es auch den Conollys ergangen. Versuch dich daran zu gewöhnen.«
Maxine schaute mir direkt in die Augen. »Das ist aber nicht einfach. Schließlich habe ich noch einen Beruf. Außerdem gibt es da noch Carlotta. Ich sehe sie auf keinen Fall als Last an, doch es ist nicht einfach, sie vor der Öffentlichkeit zu verbergen.«
»Das sehe ich ein. Wie läuft es denn in deinem Job?«
»Gut. Carlotta ist mir eine große Hilfe. Sie hat auch einen wunderbaren Draht zu den Tieren. Da möchte ich mich nicht beschweren. Ich muss eben nur zusehen, dass niemand ihr oder unser Geheimnis erfährt.«
»Das ist wohl wahr.«
»Zudem muss ich Carlotta einen gewissen Freiraum lassen. Selbst hier in Stockholm. Man kann sie schlecht einsperren. Und ich glaube, dass ihr der Ausflug trotz allem gut getan hat. So ist das nun mal. Eigentlich hätte ich jetzt in der Kongresshalle sitzen müssen, um mir einen Vortrag anzuhören…«
»Aber hier gefällt es dir doch besser?«
»Auf jeden Fall. Nur muss ich die nahe Zukunft aus meinem Gedächtnis bannen, sonst kann ich die Umgebung nicht
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