1636 - Die letzte Etappe
Rätsel behutsam, aber mit aller Konsequenz lösen mußte.
Vergessen hatte er den Auftrag des Unsterblichen nie, auch wenn er sich in den letzten Wochen fast nur um Felix gekümmert hatte. Zu seiner Rechtfertigung hatte er sich immer wieder gesagt, daß die Hinweise von ES zu unklar und zu dürftig gewesen waren. „Mein Begleiter Felix und ich nehmen eure Einladung an, Häuptling Ujambogg", sprach er zu dem Eingeborenen. „Nennt mich einfach Gucky. Wir möchten alles von euch erfahren, was etwas mit dem alten und dem neuen Gott zu tun hat."
„Bekommen wir dann eine Belohnung?" fragte Zerberlyn eilig.
Gucky mußte ein Lachen unterdrücken. „Das hängt davon ab", gab er ausweichend zur Antwort, „was ihr uns zeigen könnt."
„Dann folgt uns ins Dorf", bat Zerberlyn.
Gemeinsam gingen sie den Hang hinab.
Die anderen Eingeborenen wichen zur Seite, als sie'zwischen den Hütten auf ein besonders auffälliges Gebäude zuschritten, das als einziges kreisrund angelegt worden war und ein Spitzdach trug. Es schien sich um eine Art Gebetshaus zu handeln. „Das Haus der Erinnerung", erklärte der Medizinmann. „Wir bewahren darin die Bilder des alten Gottes und seine Reliquien auf. Möchtet ihr sie sehen?"
Ganz wohl war Gucky nicht, als er die Frage bejahte.
Sie traten durch einen Vorhang ein, der von Hängepflanzen gebildet wurde. Durch runde Öffnungen in der Decke fiel das Tageslicht herein.
Das Gebäude war eigentlich leer. An den Wänden hingen etwa ein Dutzend Zeichnungen. Die Farben waren verblichen und die Darstellungen kaum noch zu erkennen. Außerdem handelte es sich um äußerst primitive Bilder.
Aber eins war klar: Bei allen Darstellungen handelte es sich um eine humanoide Gestalt, die keine Ähnlichkeit mit den Flachköpfen der Eingeborenen besaß. Es konnte sich um Bilder eines Terraners ebenso handeln wie um die eines Ennox oder eines anderen Normalhumanoiden.
In der Mitte der Bodenfläche stand ein einfaches Holzpodest. Und darauf stand etwas.
Gucky ging ganz nahe heran, um zu identifizieren, um was es sich da handelte. „Die Reliquie!" rief Zerberlyn vom Eingang her.
Der Mausbiber umrundete das Objekt in Ruhe und betrachtete es von allen Seiten. Es besaß eine entfernte Ähnlichkeit mit einem antiken Motorrad mit Beiwagen in Leichtbauweise. Allerdings fehlten der Motor und der Scheinwerfer sowie Teile der Verkleidung. Gucky hob es kurz telekinetisch an. Er schätzte das Gewicht des ganzen Objekts vielleicht auf dreißig Kilogramm.
Noch etwas fehlte: eine Querstrebe zwischen „Motorrad" und „Beiwagen". Gucky hätte schwören können, daß sich hier einmal die Eisenstange befunden hatte, die sie auf ihrem Weg hierher gefunden hatten. Er entdeckte sogar noch die Bruchstellen.
Felix war zu ihm getreten. „Ich staune", sagte er. „Das könnte das Begleitgerät eines Ennox gewesen sein."
Gucky wußte aus den Berichten über die Ennox, daß diese bei ihren Reisen auf dem Kurzen Weg gern irgendein Objekt mitführten. Bei der Reliquie der Eingeborenen schien es sich tatsächlich um ein solches Ding zu handeln. „Das würde bedeuten", überlegte der Ilt laut, „daß deine Schwestern und Brüder diese Welt besucht haben."
„Dazu kann ich nichts sagen", antwortete Felix. „Du willst nichts sagen?" fragte Gucky. „Nein. Ich will sagen, daß ich diese Welt nicht kenne. Ich bin hier noch nie gewesen. Und ich wußte auch von ihrer Existenz und den Eingeborenen nichts. Mir ist auch nicht bekannt, daß andere Ennox jemals hiergewesen sind."
„Das ist wenigstens eine klare Antwort, mein Freund", stellte Gucky fest. Dann winkte er Zerberlyn heran. „Erzähl mir von dem alten Gott!" verlangte er. „Wie heißt er? Wann war er hier? Was hat er getan?"
Als Zerberlyn antwortete, sprach er so leise, daß der Häuptling ihn nicht hören konnte. „Das Wissen um die alte Gottheit wird immer nur von einem Medizinmann an den anderen weitergegeben. Er war einst hier und hat uns die Sprache geschenkt, die wir benutzen. Das ist überliefert. Und die Reliquie hat er uns als Mahnung zurückgelassen. Einen besonderen Namen hat die alte Gottheit nicht."
Gucky forschte in Zerberlyns Gedanken, aber dort fand er keine weiteren wesentlichen Informationen. Der Medizinmann schien allerdings nicht sehr vom Wahrheitsgehalt der Geschichte überzeugt zu sein.
Was der Mausbiber gehört und gesehen hatte, war schon erstaunlich. Die ganze Geschichte weckte die Vermutung, daß zumindest einmal ein Ennox hiergewesen war
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