1637 - Gefangene der Zeit
Grund, uns zu besuchen?"
Statt einer Antwort schüttelte der schlanke, mit 1,90 Meter hochgewachsene Humanoide nur den Kopf. Die Geste drückte Unwilligkeit oder Unsicherheit aus, etwas, das Rhodan noch nie zuvor bei Philip bemerkt hatte. Selbst das stete, etwas spöttische Lächeln um die Mundwinkel herum war verschwunden. Äußerlich hatte sich der Ennox jedoch nicht verändert. Er trug seine übliche saloppe Kleidung, ein buntes T-Shirt, das je nach Lichteinfall phantastische Bilder und fremdartige Schriftzeichen erkennen ließ, und darüber die ärmellose Weste aus einem metallisch schimmernden Stoff. Die Shorts wirkten noch etwas abgewetzter als früher, und die Schnabelschuhe hatten wohl schon Wochen keine Pflege mehr erhalten.
Philip machte zwei Schritte auf Perry Rhodan zu, blieb dann aber wieder abrupt stehen. Er strich sich mit den Fingern durch das strubbelige, strohblonde Haar. Eine fahrige Geste, die gar nicht zu ihm paßte. „Nein", sagte er kaum hörbar. „Dein Scharmützel mit den Akonen interessiert mich eigentlich nicht. Aber wenn du Wert darauf legst, dann spreche ich dazu meine Anerkennung aus."
Rhodan meinte, so etwas wie Traurigkeit aus diesen Worten herauszuhören. Der übliche Spott fehlte. Was konnte geschehen sein, daß Philip so niedergeschlagen und verunsichert auftrat? Hemmungen irgendwelcher Art hatte er früher nie gezeigt. Im Gegenteil. „Ich müßte mal mit dir reden", stieß der Ennox überhastet hervor. Es fiel ihm offensichtlich schwer, die richtigen Worte zu finden. „Bitte", antwortete der Terraner. „Hier bin ich. Ich höre dir zu."
Philip machte wieder eine fahrige Geste mit den Händen, die alles mögliche bedeuten konnte, aber er entgegnete nichts. „Was hast du?" fragte Rhodan mit leisem Spott. „Hast du auf deinen Reisen durch das Universum irgendwo deinen Humor verloren?"
Der Ennox deutete auf die anderen Anwesenden. „Es wäre mir lieber", sagte er so leise, daß nur Rhodan ihn verstehen konnte, „wenn wir unter vier Augen sprechen würden."
Der Terraner stutzte erneut. Philips Verhalten war ganz und gar ungewöhnlich. Nie zuvor hatte er bei seinen Fragen und Äußerungen auf Anwesende Rücksicht genommen. Was mochte diese Wandlung bewirkt haben? „Wir können in meine Privatkabine gehen", sagte Rhodan. „Hier werde ich jetzt nicht mehr benötigt. Die Schlacht ist geschlagen. Was noch zu erledigen ist, ist reine Routine."
„Gut", antwortete Philip und schritt zum Ausgang. Plötzlich schien er es eilig zu haben.
Rhodan folgte ihm wortlos. In seiner Kabine bot er dem Ennox Obst und Getränke an. Philip setzte sich an den Klubtisch und biß herzhaft in einen Apfel. Rhodan wartete geduldig, aber nach dem kurzen Bissen hüllte sich sein Gegenüber in Schweigen. „Du siehst aus", meinte der Terraner auffordernd, „als hättest du ein Problem. Du bist zu mir gekommen, um mir etwas mitzuteilen. Da ich keine Gedanken lesen kann, solltest du etwas sagen."
„Das stimmt." Mehr kam nicht über Philips Lippen. „Du hast ein Problem, bei dem ich dir vielleicht helfen kann?"
„Das ist richtig."
„Soll ich etwas erraten?" spöttelte Rhodan. „Oder hat es dir die Sprache verschlagen? Endlos Zeit habe ich natürlich nicht."
„Ich weiß nicht so recht", gab Philip kleinlaut zu, „wie ich es dir sagen soll. Es ist eine schwierige Angelegenheit. Für mich.
Nur für mich. Es geht an die Grundsubstanz meines Volkes."
„Du sprichst in Rätseln." Rhodan schenkte sich und dem Ennox ein Glas Wein ein. „Vielleicht löst das deine Zunge, mein Freund."
Philip nahm tatsächlich einen Schluck. Er verzog sein blasses Gesicht. Der Wein schien ihm nicht sonderlich zu schmecken. „Es fällt mir nicht leicht, dich um einen Gefallen zu bitten", sagte er dann. „Natürlich bin ich bereit, eine Gegenleistung zu erbringen."
„Wofür? Laß dir doch nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen! Was möchtest du? Und worin besteht die Gegenleistung?"
„Du bekommst die Koordinaten meiner Heimatwelt", platzte Philip plötzlich heraus. „Und die Chance, die Ennox besser kennenzulernen. Darauf warst du doch schon immer scharf.
Oder irre ich mich?"
Das war allerdings eine Überraschung. Rhodan schwieg, denn diese Worte mußte er erst einmal verarbeiten. Sein Erstaunen verriet er ebensowenig wie seine Neugier. Das Angebot war wirklich verlockend. Und erstaunlich. Es mußte etwas Gravierendes geschehen sein, daß Philip diese Offerte machte.
Bis zu diesem Tag hatten
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