1637 - Gefangene der Zeit
du über andere Kräfte verfügst. Und jetzt sieht es so aus, als kämst du hier nicht mehr fort. Oder sehe ich das falsch?"
„Das ist schon richtig. Du konntest dich frei auf dieser Existenzebene bewegen. Bist du auch in der Lage, mir zu helfen?"
„So frei, wie es dir scheint, bin ich nicht. Die Parawelten haben ihre eigenen Gesetze. Sie sind nicht berechenbar. Und bisweilen entwickeln sie Instabilitäten oder eine Eigendynamik, die jede Kontrolle unmöglich macht. Ich könnte dir helfen, dein Gehirn zu paralysieren, damit dein unseliges Ki aufhört, dich an diesen Ort zu binden."
„Vorsicht!" warnte der Pikosyn.
Sato Ambush reagierte nicht darauf. „Embuscade", sagte er. „Ich möchte dir gern vertrauen. Ich möchte auch gern dein Gesicht sehen. Das würde vieles erleichtern."
„Du wirst enttäuscht sein, wenn du mein Gesicht siehst. Und wenn du mir nicht vertrauen kannst, dann mußt du versuchen, die Kraft deines Ki wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Sonst bleibst du an diesem Ort, bis dich der Tod erlöst. Wenn ich jetzt gehe, wird nie wieder ein Wesen hierherkommen. Das weiß ich genau."
„Bitte, zeig mir deine wahre Gestalt!" bat der Pararealist. „Auch wenn es eine Enttäuschung sein könnte."
Embuscade öffnete seinen Raumanzug und trat aus ihm heraus. Nur den Helm auf dem Kopf nahm er mit. Er trug leichte Kleidung aus matt schimmernden Stoffen, die seine Körperform deutlich werden ließen.
Zweifellos handelte es sich um einen ganz normalen Humanoiden. Von der Statur her war er etwas kräftiger als Ambush. Und vielleicht ein paar Zentimeter größer.
Dann streifte er den Helm ab.
Sato Ambush erkannte die exakten Umrisse eines menschlichen Kopfes. Aber im Gesicht konnte er keine einzige Einzelheit erfassen. Es war, als ob die Gesichtsfläche aus zahllosen winzigen Quadraten bestünde, die ständig mit hoher Geschwindigkeit untereinander vertauscht wurden.
Der Wissenschaftler kannte das technische Verfahren, mit dem man auf Videobildern Ausschnitte unkenntlich machte, indem man ein Raster erzeugte und alle Rasterpunkte ständig wahllos verwürfelte. „Ich gehöre nicht in diese Parawelt.", sagte Embuscade. „Daher kann ich hier keine reale Form annehmen."
„Das ist wissenschaftlicher Unsinn.", widersprach Ambush. „Du wendest einen technischen Trick an, um unerkannt zu bleiben."
„Das magst du glauben, aber so ist es nicht. Ich habe keinen Einfluß auf die Rasterung meines Körpers. Es handelt sich im übrigen nicht nur um mein Gesicht, das in seinen Einzelheiten unkenntlich bleibt. Die Kleidung, die ich trage, verdeckt die anderen Partien."
Er streifte seine Handschuhe ab und öffnete die Hemdbluse, die er am Oberkörper trug. Nun sah Sato Ambush, daß die Raster-Verwürfelung den ganzen Leib des Fremden betraf. „Wenn du mir folgen würdest", behauptete Embuscade, „dann könnten wir vielleicht in eine Parawelt gelangen, in der ich mich in meiner wahren Gestalt zeigen könnte."
Er schickte sich an, die Hemdbluse wieder zu schließen. „Warte!" forderte der Pararealist. „Darf ich dich berühren?"
Er hatte trotz des Rasterbilds eine leichte Verdickung unterhalb der linken Schulter Embuscades festgestellt und trat auf ihn zu. „Bitte, Sato!"
Der kleine Mann betastete erst die Schulter und dann die bewußte Stelle. Das Wesen fühlte sich völlig wie ein Mensch an. Als aber Ambushs Hand seinem Körper ganz nahe kam, geriet auch sie in das Rasterfeld und ließ keine Einzelheiten mehr erkennen. „Was ist das?" fragte der Pararealist und deutete auf die leichte Verdickung unter der linken Schulter. „Ich weiß nicht", sagte Embuscade, „ob du das verstehst.
Jemand hat mir da ein kleines Gerät implantiert. Einen Aktivator-Chip. Angeblich altere ich dadurch nicht mehr."
Für einen Moment verschlug es Sato Ambush den Atem. Er mußte sich mit aller Kraft daran erinnern, daß er sich in einer parallelen Wirklichkeit befand. Nichts von dem, was er hier sah, hörte oder erlebte, mußte Wahrheit sein. Außer ihm selbst. „Wer hat dir das Gerät implantiert?" fragte er. „Er hat keinen Namen genannt", antwortete Embuscade. „Er hat sich auch nicht selbst gezeigt. Er hat mich nur wissen lassen, daß ich den Chip verdient hätte. Was ich selbst allerdings bezweifle. Kann ich jetzt wieder in meine Montur steigen? Ohne Atemluft bekomme ich allmählich Probleme."
„Natürlich." Ambush war sehr nachdenklich geworden. „Ich möchte dir noch etwas sagen", meinte Embuscade, als er
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