1641 - Die Blutmaske
stecken und wen sie sich als Opfer aussuchen.«
»Wir können nichts tun.«
»Das sehe ich auch so.«
Es war tatsächlich ein Kreuz. Wir wussten, dass etwas passieren würde, aber wir hatten keine Ahnung, wann und wo.
»Kannst du dir vorstellen, John, dass sie sich bei einem von uns meldet, um uns ihren großen Sieg mitzuteilen?«
»Ja, das kann ich.«
»Okay, dann können wir nur abwarten.« Sie stöhnte leise auf, dann sagte sie: »Ob du es glaubst oder nicht. Fast kommt mir schon der Gedanke, dass es besser wäre, wenn sich Justine wieder bei mir einfinden würde. Dann hätte ich sie zumindest unter Kontrolle.«
»Du sprichst mir aus der Seele.«
»Und jetzt?«
Sie lachte bitter. »Jetzt können wir nur abwarten…«
Dem war nichts hinzuzufügen…
***
Wenn das kleine Haus Menschen beherbergte, dann lebten sie nicht mehr, sondern waren tot. Man konnte auch Leichenhalle dazu sagen, und genau den Ort hatte sich Justine Cavallo als Zuflucht ausgesucht.
Auf ihren zahlreichen nächtlichen Streifzügen, die sie quer durch London und auch in dessen Umgebung geführt hatte, hatte sie sich einige Orte gemerkt. Es war eine Vorsorge für eine Zeit, die vielleicht mal wichtig war, und jetzt konnte sie davon profitieren.
Das alte Leichenhaus auf dem kleinen Vorort-Friedhof wurde nur noch selten benutzt. Außerdem war die Tür nicht verschlossen, denn wer betrat schon freiwillig eine Leichenhalle?
Justine Cavallo hatte damit keine Probleme. Es stand kein Sarg darin, dafür gab es einige alte Holzstühle, die auszuklappen waren, sodass man es sich bequem machen konnte.
Justine Cavallo bewegte sich wie ein normaler Mensch. Sie handelte auch so. Es war kein Problem für sie gewesen, einen Wagen zu knacken, und so war sie dann mit ihrer neuen Freundin auf dem Rücksitz losgefahren.
Kein Mensch hatte sie gesehen, als sie die Leichenhalle betreten hatten.
Sie sollte für die nächste Zeit ihre Heimat werden, zumindest so lange, bis Claudine aus ihrem »Schlaf« erwachte.
Justine hatte auch nicht vergessen, ihre Kleidung mitzunehmen. Dazu gehörte die Uniformjacke und der dazu passende Rock. Die aufreizenden Dessous hatte sie ebenfalls eingepackt und auch das Schuhwerk, die halbhohen Stiefel mit den kantigen Blockabsätzen.
Es war alles perfekt gelaufen. Während John Sinclair, Suko und Jane Collins sich im anderen Teil der Wohnung aufhielten, hatte sie die Domina in Windeseile angezogen und mit ihr das Haus verlassen. Auch wenn sie dabei beobachtet worden war, störte sie das nicht. Es hätte für einen Zeugen eben so ausgesehen, als hätte sie eine erschöpfte Frau, die kaum allein gehen konnte, unter ihre Fittiche genommen.
Von einem Parkplatz hatte sie sich den Wagen geholt. Der Wächter dort würde sich an nichts mehr erinnern können, denn ihn hatte die Vampirin niedergeschlagen.
Danach war alles kein Problem gewesen. Sie hatte den Ford Focus geknackt und war losgefahren.
Und jetzt befand sie sich in der Leichenhalle. Sie hatte ihre neue Partnerin nicht aus den Augen gelassen und erlebt, wie sie erwacht war, um in ihr neues Leben einzutreten.
Es war nicht einfach für sie, und Justine war froh, dass sie sich auch tagsüber im Halbdunkel bewegen konnten, denn die Fenster waren so verschmutzt, dass kaum Licht in den kalten Raum hinein fiel.
Sie waren unter sich.
Justine dachte daran, wie sich die Blutsauger bewegten, wenn sie ihren Zustand erkannten. Sie waren zuerst tumbe Gestalten. Viele von ihnen blieben das auch, darauf hatte letztendlich auch Will Mallmann, alias Dracula II, gesetzt. Das sollte bei Claudine nicht so sein. Justine würde sie unter ihre Fittiche nehmen und sie auf ihre neue Existenz vorbereiten.
Sie hatte sich den Stuhl genommen und ihn vor die Tür gestellt. Wenn Claudine die Leichenhalle verlassen wollte, dann musste sie an ihr vorbei. Das war nicht möglich.
Es war ein sehr langsames Erwachen gewesen. Die Nacht über hatte der Keim gewirkt. Erst am Morgen hatte sie sich bewegt. Wäre Claudine jetzt nach draußen gelaufen, hätte es sie voll erwischt.
Justine hatte sie stumm beobachtet. Claudine war nicht geschockt gewesen, aber Justine war die Unruhe aufgefallen, die in ihrer neuen Verbündeten steckte.
Die Gier war da. Der Hunger und der Durst nach Blut steckten in ihr.
Sie war noch bleicher geworden und sie hatte sogar versucht, sich auf Justine zu stürzen, war aber zurückgewichen, als sie erkannte, wen sie vor sich hatte.
Und dann war Justines große Zeit gekommen. Sie
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