1644 - Angriff der Halbvampire
zurückgedreht hätte, aber da hatte ich ihn falsch eingeschätzt. Einer wie ergab nicht auf. Der machte weiter und fand immer wieder neue Möglichkeiten.
Der Zug stand bereit. Er würde nicht besonders voll werden. Ich suchte mir einen Platz aus, wo ich ungestört telefonieren konnte.
Zuerst musste ich mit Suko sprechen. Ich hatte den Verdacht, dass in den letzten Stunden etwas passiert sein musste.
Genau in dem Augenblick, als der Zug anrollte, stand die Verbindung.
»Ich bin wieder im Lande.«
»Das ist gut«, hörte ich Suko stöhnen.
»So klingt deine Antwort aber nicht. Gut, meine ich.«
»Das kann auch nicht sein. Mallmann ist wieder im Spiel, und er hält neue Karten in der Hand.«
»Ich weiß, Suko, die Halbvampire. Und er setzt voll auf sie.«
»Gratuliere. Du bist gut informiert.«
»Kein Wunder«, sagte ich gequält. »Die Informationen stammen auch aus erster Hand.«
»Sag nicht Mallmann.«
»Doch.« Ich lehnte mich nach links gegen das Fenster. »Er hat mich auf dem Bahnsteig angerufen und mir erklärt, dass er alles im Griff hat. Seine neuen Diener, die Halbvampire, hat er bis über den berühmten Klee gelobt. Da konnte man schon nachdenklich werden.«
»Und das zu recht«, sagte Suko. Sein nächster Satz war für mich keine Überraschung. »Unser Freund Bill hat an diesem Morgen die erste Halbvampirin erschossen.«
»Das erwähnte Glenda schon.«
»Ja, John, er hat sie tatsächlich erschossen.«
»Okay, ich habe Zeit. Lass hören, was genau passiert ist.«
Den Gefallen tat Suko mir. Ich musste schon schlucken, als ich erfuhr, was sich in den vergangenen Stunden abgespielt hatte. Damit war auch bewiesen worden, dass Mallmann nicht bluffte, sondern zum großen Angriff geblasen hatte.
»Das ist schlecht«, gab ich zur Antwort. »Aber wir haben auch Vorteile. Die Insel, Suko. Ich denke, dass wir uns dort umschauen sollten. Außerdem ist es durchaus möglich, dass Justine uns hilft. Zwei Menschen hat sie ja geholfen. Kann es nicht sein, dass sie mehr weiß als wir beide zusammen?«
»Das ist möglich. Ich hatte nur noch keine Zeit, mit ihr zu sprechen.«
»Das holen wir so schnell wie möglich nach. Ich komme ins Büro. Bist du auch dort?«
»Ja, das denke ich.«
»Okay, dann sehen wir uns.«
»Zuvor muss ich noch die Zeugin in Sicherheit bringen. Bei den Conollys kann sie nicht bleiben. Das ist für sie zu gefährlich.«
»Mach deinen Job, Suko. Wir sehen uns.«
Ich steckte das Handy wieder weg und sah plötzlich einen Schaffner neben mir stehen.
Mein Flugticket galt auch als Bahnkarte. Es war alles okay, und der Mann ging weiter.
Im Flieger war ich schon von einer Unruhe erfasst worden. Jetzt steigerte sie sich. Ich konnte es kaum erwarten, in den Fall einzusteigen, und spürte in meinem Innern ein Kribbeln.
Es ging gegen Dracula II. Wieder einmal.
In mir machte sich die Hoffnung breit, dass es mit ihm irgendwann ein Ende haben musste. Das konnte nicht so weitergehen. Oft genug waren wir nahe dran gewesen, doch es war ihm immer wieder die Flucht gelungen, sodass er uns frustriert zurückgelassen hatte. Genau das musste sich mal ändern.
Ich war natürlich gespannt, wo Mallmanns Halbvampire als Nächstes zuschlugen.
Dass sie nicht als Blutsauger erkannt wurden, war ihr Riesenvorteil. Sie konnten sich unter die normalen Menschen mischen und blitzschnell und ohne Vorwarnung zuschlagen. Das machte sie so gefährlich und auch unberechenbar.
Ich schaute aus dem Fenster. Der Zug rollte nach Osten und der Riesenstadt entgegen. Bisher war ich praktisch allein geblieben. Auf dem Viererplatz saß niemand neben mir und mir auch keiner gegenüber. Die Bänke auf der rechten Seite des Gangs waren ebenfalls frei, aber das blieb nicht so.
Zuerst hörte ich die Tritte. Dann erschien eine Gestalt in meinem Blickfeld, die einen Sitz auf der gegenüberliegenden Seite in Beschlag nahm.
Ein noch junger Mann, auf dessen Kopf keine Haare wuchsen. Dafür waren seine Ohren gepierct, und auch an der Unterlippe hingen zwei Ringe. Er trug Jeanskleidung, die schon sehr verwaschen war, und seine Füße steckten tatsächlich in dicken Springerstiefeln.
Er hatte sich hart auf die Bank fallen lassen und drehte mir jetzt sein Gesicht zu. Ob der Blick abschätzend oder provozierend war, fand ich nicht heraus. Zumindest war er nicht durch große Freundlichkeit geprägt.
Ich hatte keine Lust auf eine Provokation und drehte meinen Kopf zur Seite, um wieder aus dem Fenster zu schauen. So konnte ich auch
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