1644 - Angriff der Halbvampire
meinen Gedanken nachgehen.
Die Fensterscheibe war zwar kein Spiegel, trotzdem sah ich in ihr, was sich dort abspielte, wo der neue Reisende hockte. Zwar nur schwach, aber schon zu sehen.
Er blieb nicht auf seinem Sitz hocken. Mit einer ruckartigen Bewegung stand er auf, drehte mir den Rücken zu und wühlte in den Innentaschen seiner Jacke herum.
Ich sah nicht, was er hervorholte. Außerdem setzte er sich wieder hin, aber er hatte seinen Kopf nach links gedreht, sodass er mich anschauen musste.
Ich kenne wohl keinen Menschen, der es gern hat, von der Seite her angestarrt zu werden. Da war ich auch keine Ausnahme. Ich fragte mich, was für ihn an mir so interessant war. Für ihn zählte ich zum Establishment, und so konnte es sein, dass er mich von Grund auf ablehnte.
Ich beschloss, ihn besser unter Kontrolle zu behalten, und ließ den Blick aus dem Fenster sein. Dafür drehte ich meinen Kopf zur anderen Seite und hielt den Burschen mehr aus dem Augenwinkel unter Kontrolle.
Auch er hatte sich normal hingesetzt. Ich war nicht mehr interessant für ihn. Er starrte jetzt nach vorn, als wären die Polster des gegenüberliegenden Sitzes besonders interessant für ihn geworden.
Seine Unruhe blieb. Ich kam auf den Gedanken, es mit einem Junkie zu tun zu haben, der unter Entzug litt. Hin und wieder murmelte er etwas vor sich hin, dann änderte sich erneut sein Verhalten. Er blieb starr sitzen, hielt den Kopf sehr hoch und schien sich über irgendetwas starke Gedanken zu machen.
Bis er sich mit einer schnellen Bewegung von mir wegdrehte und selbst aus dem Fenster schaute. Wahrscheinlich hatte er eingesehen, dass ihm die hektischen Bewegungen nichts brachten.
Ich hoffte auf mehr Ruhe und auf eine ruhige Fahrt. Doch da hatte ich mich geirrt.
Wieder sah ich seine zackigen Bewegungen. Diesmal jedoch waren sie konzentriert, und für einen Moment verschwand die Hand des Mannes unter seiner Jacke.
Sofort war sie wieder da. Aber nicht leer, denn ich sah, dass sie ein Messer festhielt.
Ich sah die Armbewegung, hörte auch einen leisen Ruf, und dann zuckte das Messer auf mich zu…
***
Es waren nur Sekundenbruchteile, in denen ich keine Zeit zum Überlegen hatte. Ich handelte automatisch und schaffte es tatsächlich, mich mit einer heftigen Bewegung zu bücken.
Das war mein Glück, denn das Messer zischte über meinen Kopf hinweg und zwar so nahe, dass ich sogar den Luftzug spürte, bevor es gegen die Fensterscheibe prallte, die allerdings nicht zerstört wurde. Es war nur ein kratzendes Geräusch zu hören.
Ich hatte zwar alles mitbekommen, aber es wollte mir nicht in den Kopf, dass ich angegriffen worden war. Das konnte nicht wahr sein. Wie aus dem Nichts war dieser Angriff erfolgt.
Aber so einfach war das nicht. Ich brauchte nur an den Anruf zu denken, um zu wissen, wem ich diese Messerattacke zu verdanken hatte.
Dahinter steckte Will Mallmann, und der Typ mit dem Messer war einer seiner neuen Helfer.
Das war mir entgangen. Auch eine Warnung hatte ich nicht erhalten.
Keine Wärmeentfaltung meines Kreuzes. Dass ich noch lebte, hatte ich einzig und allein meiner Reaktionsfähigkeit zu verdanken.
Der Angreifer zeigte sich auf eine gewisse Weise geschockt. Er stand zwischen den Sitzen leicht nach vorn gebeugt. Und ich sah in seinen Augen einen ungläubigen Blick. Er begriff es offenbar nicht, dass sein Messer mich verfehlt hatte.
Es gab keine anderen Zeugen. Die Passagiere saßen alle weiter vorn.
Zudem hatten die Fahrgeräusche die Auseinandersetzung übertönt.
Nach dem Fehlstoß war nicht viel Zeit vergangen. Mir kam diese Spanne aber wie eine kleine Ewigkeit vor, und diese Untätigkeit hob ich auf, indem ich aufsprang und meine Hände nach dem Messerwerfer ausstreckte.
Er zog den Kopf ein und wollte mich einfach überrennen. Er schaffte es nicht. Zu langsam war sein Angriff. Mein Handkantenschlag traf ihn dort, wo ich es haben wollte. Sein Angriff wurde gestoppt, und er sackte zusammen, bevor er den Gang zwischen den Sitzen erreicht hatte.
Stöhnend lag er vor meinen Füßen. Ob er schauspielerte, wusste ich nicht.
Dass ein einziger Treffer ihn ausgeschaltet hatte, darüber wunderte ich mich schon.
Er war nicht bewusstlos geworden. Ich hörte sein leises Stöhnen, wollte ihn auch nicht liegen lassen und zog ihn in die Höhe, Aus eigener Kraft bewegte er sich nicht, ich musste ihn schon auf die Sitzbank hieven, wo er schräg liegen blieb.
Seine Augen standen offen. Er machte nur nicht den Eindruck, als
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