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1644 - Sturm auf Wanderer

Titel: 1644 - Sturm auf Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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geschleudert worden waren. Jetzt erkannte sie, warum er sein Gesicht stets hinter dem Schleier seiner Haare verborgen hatte. In Momenten wie diesen, wenn er sich in höchster Erregung befand, verlor er die Kontrolle über die Muskeln seiner - Wangen, und sein Gesicht verunstaltete sich zu einer schrecklichen Fratze.
    Es war die Furcht gewesen, sich so darzustellen, die ihn dazu gebracht hatte, sich die Haare auch ins Gesicht fallen lassen, und es war die Scham über die Schwäche, die er in Situationen wie diesen nicht vor anderen verbergen konnte.
    Sie erkannte ihre Chance, und sie tat, was sie unter normalen Umständen niemals angesichts einer solchen Schwäche getan hätte.
    Henna lachte.
    Sie wollte ihn provozieren. Sie wollte ihn bis aufs Blut reizen, um ihn weiter zu verunsichern und ihre Chancen im Kampf mit ihm zu verbessern. „Ich wußte, daß du häßlich bist, Gendal Jumphar", rief sie ihm zu. „Du hast mich immer abgestoßen. Aber ich ahnte nicht, daß du so häßlich bist!"
    Er schrie gepeinigt auf. Zugleich versuchte er, unter seine Jacke zu greifen, aber seine Hand gehorchte ihm nicht. In diesem Moment begriff Henna, was das Knacken vorher zu bedeuten gehabt hatte.
    Bei seinem Abwehrversuch hatte Gendal Jumphar sich die rechte Hand gebrochen!
    Sie näherten sich dem Ausgang, den Henna erreichen mußte, um auf kürzestem Weg zu einem Beiboot zu kommen. Der düstere Kommandant wälzte sich herum und griff mit seiner linken Hand unter die Bluse. Er zog einen schweren Energiestrahler hervor und richtete ihn auf die junge Frau. „Nicht schießen", hallte plötzlich die Stimme von Alnora durch den Schacht.
    Unwillkürlich blickte Henna nach oben. Sie sah ihre Klonschwester in einer seitlichen Öffnung stehen. Mit beiden Händen hielt sie eine Waffe. „Ich töte sie!" brüllte Gendal Jumphar. „Ich hätte es längst tun sollen!"
    Henna Zarphis erkannte, daß er alles meinte, wie er es gesagt hatte. Sie warf sich zur Seite und erreichte den angestrebten Ausgang. „Nein!" schrie Alnora Deponar. „Nicht schießen. Sie entkommt uns nicht!"
    Zwei Schüsse fielen nahezu gleichzeitig, beide verfehlten ihr Ziel. Gendal Jumphar schoß auf Henna Zarphis. Der Energiestrahl aus seiner Waffe fuhr Zentimeter an ihr vorbei und traf einen Mann, der aus der Tiefe des Ganges kam und sie aufhalten wollte.
    Alnora Deponars Schuß schlug etwa anderthalb Meter von Gendal Jumphar entfernt in die Wand des Antigravschachts und zerstörte ein syntronisches Schaltelement, das hinter der Wandverschalung verborgen war. Im gleichen Moment fielen die Gravo-Paks des Schachts aus.
    Die MAGENTA hatte mittlerweile das Solsystem erreicht und befand sich in einer Phase negativer Beschleunigung. Gendal Jumphar wurde von einer Sekunde zur anderen diesen Verzögerungskräften voll ausgesetzt und blitzschnell beschleunigt. Er raste so schnell durch den Schacht davon, daß ihm niemand mit seinen Blicken folgen konnte. Etwa 70 Meter weiter endete sein Flug an einer Wand, die den Schacht zur Peripherie der MAGENTA hin begrenzte.
    Henna Zarphis erfaßte nicht, was geschah. Sie sprang über den Mann hinweg, den Gendal Jumphar erschossen hatte, und rannte zu einem Beiboothangar.
    Sie öffnete das Schott und sah das diskusförmige Beiboot greifbar nahe vor sich. Es hatte einen äquatorialen Durchmesser von 70 Metern und war 30 Meter hoch. Trotz dieser für ein Beiboot beachtliche Größe konnte sie es allein fliegen.
    Doch sie erreichte das Beiboot nicht.
    Als sie durch das Schott in den Hangar rannte, geriet sie in eine Falle, die Alnora Deponar in weiser Voraussicht errichtet hatte.
    Der Energiestrahl eines fest montierten Paralysators traf sie und warf sie zu Boden. Ihr rechtes Bein war gelähmt.
    Henna gab nicht auf.
    In ihrer Verzweiflung stützte sie sich auf die Hände und das noch funktionierende Bein und kroch mit äußerster Kraftanstrengung weiter.
    Sie war zu langsam.
    Als sie noch etwa zwei Meter von der Bodenschleuse des Beibootes entfernt war, und sich bereits aufrichtete zum letzten, rettenden Schritt, setzte ihr Alnora Deponar einen Fuß auf die Schulter und stieß sie auf den Boden. „Schnell!" rief sie. „Packt sie und nehmt sie mit. Wir haben keine Zeit zu verlieren!"
    „Hoffentlich geht das gut, Cläre", sagte Michael Rhodan. „Ich würde es dir gönnen!"
    Er glaubte nicht daran, daß der elegant wirkende Cläre die Unsterblichkeit erringen konnte. Er hoffte aber für ihn, daß er das Abenteuer lebend überstehen würde.

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