1649 - Niemals sterben
Ursache. Versuchen Sie, ihre Gefühle in den Griff zu bekommen. Sie sind hier sicher.«
»Das weiß ich nicht genau.«
»Ich verspreche es Ihnen.«
»Aber es geht gegen Wesen, die es eigentlich nicht geben kann. Gegen Vampire.«
»Auch sie sind nicht allmächtig«, fügte ich hinzu.
Janes und meine Worte schienen sie beruhigt zu haben. Marlene atmete auf, und als sie die Tasse anhob, zitterten ihre Finger kaum noch. Sie trank ganz normal.
Und dann redete sie. Wir erfuhren, wie brutal sie aus ihrem normalen Leben herausgerissen worden war. Dann hatte die Cavallo sie gerettet.
Mit ihr war sie am letzten Tag und an diesem unterwegs gewesen, um nach London zu gelangen.
»Justine wollte mich hier in Sicherheit bringen. Sie denkt nämlich, dass diese Gilda sich auf meine Spur setzen wird, um an mein Blut zu kommen.«
»Haben Sie denn irgendwelche Verfolger bemerkt?«, fragte ich.
»Nein. Auch Justine nicht.«
»Und trotzdem ist sie überzeugt, dass diese Gilda weiß, wo Sie sich aufhalten?« Ich sah Jane Collins an. »Verstehst du das?«
Sie zuckte mit den Schultern, hatte dabei ein nachdenkliches Gesicht aufgesetzt.
»Worüber grübelst du nach?«
»Na ja, ich gehe etwas weiter zurück. In die Zeit, als Mallmann noch existierte.«
»Und weiter?«
»Du kennst ihn, John, ich kenne ihn. Und ich kann mir vorstellen, dass er seine Helfer gut vorbereitet hat, ehe sie die Vampirwelt verlassen durften. Sie waren genau geeicht und hätten weiterhin in seinem Sinne handeln müssen…«
Ich begriff, worauf Jane hinaus wollte. »Du denkst, dass seine Helfer über uns informiert sind.«
»Das kann ich mir gut vorstellen. Er wird ihnen von seinen Feinden erzählt haben.«
Marlene hörte nur zu, und ich machte mir ebenfalls meine Gedanken. So unrecht hatte Jane Collins nicht. Mallmann war gewieft gewesen und er hatte auch gewusst, dass er trotz allem nicht unsterblich war, und so hatte er bestimmt für den Fall der Fälle vorgesorgt. »Na?«
Ich nickte Jane zu. »Nicht schlecht, deine Gedankengänge, das muss ich zugeben. Ein Vampir braucht Blut und er kann es nicht ausstehen, wenn man es ihm vorenthält.«
»Ja, das sehe ich auch so.«
Noch eine andere Lösung kam mir in den Sinn, die ich nicht für mich behielt. »Du kennst die Cavallo, Jane. Könnte es denn sein, dass sie bewusst so gehandelt hat? Dass sie die andere Seite herlocken will, um sie in eine Falle laufen zu lassen?«
»Auch das ist nicht von der Hand zu weisen.«
»Dann wird es hier keine ruhigen Zeiten geben.«
Jane hob nur die Schultern.
Es war ja nichts bewiesen, aber wir mussten uns auf alles einstellen.
Dracula II als Person gab es nicht mehr. Er war von den explodierenden Handgranaten regelrecht zerfetzt worden. Im übertragenen Sinne waren diese Fetzen trotzdem aktiv, denn die zahlreichen Vampire, die er in die normale Welt geschickt hatte, konnte man als seine Überreste ansehen.
»Wir können vorläufig nichts unternehmen«, sagte Jane. »Willst du trotzdem hier im Haus bleiben?«
»Nein. Ich glaube auch nicht, dass in dieser Nacht noch etwas passiert. Man wird sich Zeit nehmen.«
»Aber ich werde wachsam sein.«
»Das versteht sich.«
Marlene Dawson hatte in den letzten Minuten nichts gesagt. Jetzt meldete sie sich wieder zu Wort.
»Wenn ich mir das alles so anhöre, habe ich das Gefühl, doch nicht in Sicherheit zu sein. Oder sollte ich mich da irren?«
Jane Collins wollte nicht so direkt antworten. »Das kann man nicht so sagen. Wir müssen aber mit allem rechnen. Hier werden Sie sich auf unseren Schutz verlassen können, auch gegen blutgierige Vampire.«
Marlene sagte nichts mehr. Aber an ihrem Gesicht lasen wir ab, dass Jane sie nicht hatte überzeugen können. Kein Wunder nach dem, was diese Frau erlebt hatte.
Ich wollte das Zimmer nicht ohne Abschied verlassen und trat auf Marlene zu, um ihr die Hand zu reichen.
»Lassen Sie es ruhig angehen. Ich denke, dass wir uns bald wiedersehen.«
»Dann wollen Sie nach Hause?«
»Zwei Beschützerinnen reichen aus.«
»Gut«, flüsterte sie, »und danke.«
Jane ging mit mir zusammen in den Flur. Dort stellte sie sich vor die Treppe und legte eine Hand auf das Geländer. »Ich wollte dich im Zimmer nicht fragen, John. Sag ehrlich, was hast du für ein Gefühl?«
»Kein gutes.«
»Das dachte ich mir. Du rechnest also mit einem Angriff?«
»Ja. Wenn Mallmann seine Kreaturen zuvor geimpft hat, bleibt ihnen praktisch nichts anderes übrig. Aufgabe kommt für sie nicht infrage.
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