1649 - Niemals sterben
In der folgenden Nacht will ich hier sitzen und satt sein. Schaffst du es nicht, werde ich dich leersaugen. Verstanden?«
»Ja!«
»Dann fang schon mal an, darüber nachzudenken.«
Für Hank war es schwierig gewesen, sich dies alles vorzustellen. Aber er wusste auch, dass er nicht in einer Traumwelt lebte. Die Realität hatte sich für ihn nur verändert. Um selbst zu überleben, musste er den Wünschen der Vampirin nachkommen.
Und er hatte sich etwas einfallen lassen. Bei Tageslicht war er unterwegs gewesen. Dabei war er auf Marlene Dawson getroffen, der er vorher noch nie begegnet war.
Der Rest war ein Kinderspiel gewesen. Hank hatte sie niedergeschlagen, sie in seinen alten Wagen gepackt und in sein Haus geschleppt. Dann war sie an den Stuhl festgebunden worden.
Es war die perfekte Beute für Gilda gewesen.
Das sagte auch Gilda, als ihr das Opfer präsentiert worden war. Dann aber hatte sich etwas ereignet, an dem sie noch immer schwer zu knacken hatte.
Die junge Frau war ihr geraubt worden. Kein Blut, das sie trinken konnte.
Eine andere Vampirin war schneller gewesen, was Gilda nicht fassen konnte. Und sie hatte die Feindschaft gespürt, die von dieser Blonden ausgegangen war. So etwas war kaum zu begreifen, und Gilda hatte etwas getan, was ihr eigentlich völlig gegen den Strich ging.
Sie war geflohen! Denn ihr Instinkt hatte ihr gesagt, dass die Blonde sie vernichten würde.
So etwas passte nicht in ihr Bild. Das war einfach ungeheuerlich. Vampire mussten bei der Suche nach menschlichem Blut zusammenhalten, aber bei der Blonden war es anders. Die verfolgte ihre Schwestern mit einem wahren Hass.
So war Gilda nur die Flucht geblieben.
In einem Versteck hatte sie abgewartet und intensiv nachgedacht. Dabei war ihr eine Szene aus der Vergangenheit in den Sinn gekommen. Da hatte es noch den Supervampir gegeben. Sie erinnerte sich daran, als er zahlreiche seiner Helfer zusammengerufen hatte, als die Vampirwelt noch existierte.
Er hatte mit ihnen über Feinde gesprochen. Er hatte zahlreiche Namen genannt, und anderem auch den einer blonden Blutsaugerin, die auf den Namen Justine Cavallo hörte. Über sie hatte er intensiv gesprochen und auch erklärt, wo sie zu finden war. Sie lebte in London bei einer normalen Frau, vor der sich die Blutsauger genauso hüten mussten wie vor deren gefährlichen Freunden.
Jetzt, als Gilda zu sich selbst fand, kam ihr das alles wieder in den Sinn.
Dabei blieb es nicht, denn sofort bastelte sie an einem Plan.
Sie war einmal von dieser Blonden reingelegt worden. Ein zweites Mal sollte das nicht passieren. Sie würde sich nicht nur wehren, sondern auch rächen. Auch wenn die Blonde eine Artgenossin war, stand sie als Feindin ganz oben auf ihrer Liste.
Es gab nur eine Alternative. Sie würde nach London gehen, und sich die Cavallo dort vornehmen.
Nicht in dieser Nacht. Es war zu weit. Aber in der nächsten wollte sie die Stadt erreicht haben. Und noch etwas war wichtig. Gilda wollte nicht als Einzelgängerin unterwegs sein, sondern sich Verstärkung holen.
Dracula II hatte jede Menge seiner Helfer aus der Vampirwelt entlassen und darauf bestanden, dass sie so etwas wie ein Netzwerk bildeten. Kein Blutsauger war davon begeistert gewesen, weil sie sich mehr als Einzelgänger betrachteten.
Aber jetzt sah die Lage anders aus. Da schweißte die Not sie zu einer Gemeinschaft zusammen.
Und so sah Gilda wieder optimistischer in die Zukunft. Andere Helfer zu finden war für sie kein Problem. Sie musste diese nur von ihren Plänen überzeugen, aber auch das war zu schaffen.
Und dann - ja, dann konnten sie zurückschlagen…
***
Bevor Jane Collins die Tür des Hauses aufschließen konnte, wurde sie von innen geöffnet. Das war nichts Besonderes, aber es ärgerte die Detektivin sehr, weil es Justine Cavallo mit einer Selbstverständlichkeit tat, als würde ihr das Haus gehören. Das mochte auch an ihrem Lächeln liegen, das schon mehr einem Grinsen glich.
»Ah, ihr seid zu zweit.« Justine nickte mir zu. »Hallo, Partner, lange nicht mehr gesehen.«
»Ich habe dich nicht vermisst.«
»Sei doch locker. Freu dich, dass es Mallmann nicht mehr gibt. Ich jedenfalls habe die Zeit genossen. Er kehrt nicht mehr zurück. Wir haben es von nun an nur mit seinem Erbe zu tun, und ich denke, das schaffen wir auch noch.«
Ich hatte sie reden lassen und war in den Flur getreten.
Jane Collins, die nichts gesagt hatte, drückte die Tür zu, hängte ihren Mantel auf und fragte: »Was ist los,
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