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165 - Am heiligen Berg

165 - Am heiligen Berg

Titel: 165 - Am heiligen Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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Yakk über dem Abgrund; unverletzt, wie von Geisterhand gehalten.
    Etwas zog das Tier der Treppe und damit festem Boden entgegen. Die Barbarin war nicht sicher, ob hier ein Dämon am Werk war oder Wudan persönlich. Sie wusste nur: Das Ganze war unheimlich, und man tat gut daran, auf Abstand zu gehen! Hastig rannte sie ein paar Stufen hoch. Dabei stieß sie unsanft gegen Yinjo, der die ganze Zeit hindurch so still gewesen war, dass Aruula ihn fast vergessen hatte. Sie fuhr herum und packte den taumelnden Jungen.
    Im gleichen Moment begann das Yakk ängstlich zu brüllen. Dann fiel es wie ein Stein aus der Luft. Erneut landete es am Rand des Abgrundes, doch diesmal gelang es ihm, sich zu retten. Schaum troff aus seinem Maul, als es die Stufen erreichte, und es zitterte am ganzen Körper.
    Aruulas Blick wanderte von dem massigen Tier zu Yinjo.
    Er schwitzte, trotz der Kälte, und die Barbarin runzelte die Stirn. War es möglich? Konnte es sein, dass dieser magere kleine Junge etwas mit der unerklärlichen Rettung des Yakks zu tun hatte?
    »Eher nicht«, sagte Aruula – und ihre Hand flog ans Schwert. Oben auf den Stufen tanzten Fackeln herum.
    Stimmen waren zu hören und eilige Schritte.
    Bitte, Wudan! Lass es keine Daa'muren sein!, betete die Barbarin.
    Sie wurde erhört.
    ***
    Tandra Meeru hätte etwas denken müssen, als er mit den anderen Mönchen die Treppe hinunterlief. Irgendwas. Zum Beispiel:
    Das ist die schönste Frau, die ich je gesehen habe!
    Etwas Ähnliches wollte Tandra Meeru auch denken. Es fiel ihm nur nicht ein.
    Der Fünfunddreißigjährige blieb ein paar Stufen über Aruula stehen; ziemlich abrupt und von plötzlicher Scheu befallen. Er war den Umgang mit Frauen nicht gewöhnt.
    Seine nachfolgenden Gefährten wurden überrascht, konnten nicht mehr ausweichen und rempelten ihn an. Sie sprachen ihre Entschuldigungen. Tandra Meeru hörte nichts und sah nichts. Außer dieser Frau. Wie energisch sie sich vor das Kind stellte, als zwei der Mönche es ansprechen wollten.
    Und wie begehrenswert sie aussah im Licht der Fackeln! So wild! So mutig! Da machte selbst das Schwert nichts aus.
    Wer war sie? Eine Mutter? Eine Kriegerin? Ein Geschenk der Götter?
    Tandra Meeru schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. Habe ich das eben wirklich gedacht?
    Ihre Stimme erscholl. Sie war so angenehm, so resolut und weiblich zugleich!
    »Ich sagte: Nehmt die Finger von meinem Yakk!« Sie stieß einen der Mönche unsanft bei Seite. »Was soll das? Warum grapscht ihr an ihm herum?«
    »Der kleine Bruder ist verletzt.« Tandra Meeru schrak hoch wie aus einem Tagtraum. Er hatte automatisch geantwortet, und obendrein in der richtigen Sprache. Die Frau gehört zu den Wandernden Völkern!, dachte er, während er sich in Bewegung setzte. Aber warum sieht sie mich an, als hätte ich zwei Köpfe auf den Schultern?
    »Der kleine –?«
    »Bruder.« Tandra Meeru wies auf den Yakkbullen. Blut tropfte von den verschrammten Vorderbeinen. »Er ist verletzt. Wir wollen ihm helfen.«
    »Schön. Und wer seid ihr?«, scholl es zurück.
    Nun war die Reihe an Tandra Meeru, erstaunt zu sein.
    »Na ja, wir…«, er unterbrach sich, breitete etwas ratlos die Hände aus und sah sich nach den Gefährten um. »Wir sind die Mönche von Shi'gana! Wen hattest du hier erwartet?«
    »Ihr seht nicht aus wie Mönche«, sagte die Frau misstrauisch.
    Tandra Meeru lächelte. »Nicht?«
    Sein Lächeln vertiefte sich, als sie ihn musterte. Er trug die übliche Kleidung: Jacke, Hose, Stiefel. Alles war einfach, aber sauber und wärmend. Tandra Meeru strich seine langen Haare zurück. »Woran erkennst du einen Mönch?«
    »Er ist kahl geschoren und trägt ein langes Gewand«, sagte die Frau prompt.
    Tandra Meeru hätte am liebsten gelacht. Er tat es natürlich nicht. Stattdessen sagte er ruhig: »Es ist kalt in Ti'bai, und wir arbeiten viel im Freien. Da ist diese Art der Kleidung zweckmäßiger. Ich bin übrigens Tandra Meeru.« Er presste die Handflächen aneinander und verbeugte sich.
    Die Kriegerin warf lässig den Bihänder nach links, fing ihn ab und legte die frei gewordene Hand an die Brust. »Aruula vom Volk der Dreizehn Inseln.« Dann zeigte sie auf den grünen Kristall. »Was habt ihr mit den Daa'muren zu tun?«
    Tandra Meerus Gefährten wurden neugierig. Sie fragten ihn, was die Fremde da zu erzählen hatte, und er übersetzte es für sie. Man merkte dieser Aruula an, dass sie die Sprache nicht verstand, deshalb fühlte sich der Mönch sicher

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