165 - Olivaros Tod
gleichen Zweck erfüllt.
Die Geheimtinte erschien auf dem Blatt.
Treffen mit A. morgen nacht, 24 Uhr, Jardim Botanico. Irrlicht zeigt Weg. Bitte komm allein, Dorian.
Die Unterschrift war ein verschnörkeltes, kunstvolles O, einwandfrei Olivaros Signum. Der Jardin Botanico war der weitläufige Botanische Garten ganz in der Nähe der Lagoa Rodrigo de Freitas, dem großen See innerhalb von Rio. In diesem See gab es auch zwei Inseln.
Ich zeigte Coco die Nachricht.
„Ich würde an deiner Stelle nicht allein hingehen, Rian", sagte sie. „Aber wie ich dich kenne, wirst du dich nicht abhalten lassen, wenn dein Olivaro ruft."
„Du kennst mich richtig. Ich hoffe, bei der Gelegenheit mehr zu erfahren. Vielleicht fällt auch schon eine Entscheidung."
„Genau das befürchte ich, Rian", sagte Coco. „Sei nur vorsichtig. Ich traue Olivaro alles zu. Er ist fähig, dich kaltblütig zu opfern, wenn es seinen Zwecken dient. Nimm eine Kristallkugel mit, damit wir in Verbindung bleiben können."
Wir küßten uns und verbrachten noch eine anregende Nacht. Daß Olivaro mir auf so geradezu plumpe Art eine Nachricht geschickt hatte, hatte den Grund, daß unsere Gegner gerade damit nicht rechnen würden. Sie überwachten eine magische Kommunikation. Einen Zettel abfangen zu wollen, war ihnen zu einfach.
Den nächsten Tag verbrachten wir großenteils und ohne Zwischenfälle an der Copacabana. Der Abend näherte sich unaufhaltsam. Ich mußte immer wieder an Dolfo denken, dieses ungeschlachte Kraftpaket, das aus dem tiefsten Urwald stammen mußte. Coco hatte in der verwüsteten Suite Dolfos Spuren nachgespürt und manches über ihn festgestellt. Die Primitivität dieses Dämons tat seiner Gefährlichkeit keinen Abbruch.
Ich hatte ein ungutes Gefühl, das nicht nur von dem kommenden Treffen im Jardin Botanico herrühren konnte. Als wir den Strand verließen, brach mir der kalte Schweiß aus. Es flimmerte vor meinen Augen, und ich spürte ein schmerzhaftes Ziehen in den Gliedern.
Ich hörte alle Geräusche überlaut. Sie zerrten an meinen Nerven. Ein Schwindelgefühl erfaßte mich.
Dann vernahm ich Trommeln, ohne erkennen zu können, wo es herrührte. Ich verlangsamte meinen Schritt.
Coco ging vorneweg und war noch ahnungslos. Ich mußte mich an die Mauer lehnen.
Schwein! ertönte eine Stimme in meinem Gehirn. Erkenne die Macht der Macumba, du bist uns verfallen! Die Metamorphose hat schon begonnen. Nichts und niemand kann sie mehr rückgängig machen. Bald wirst du verwandelt, Hunter-Schwein!
Vicente Neiva, der bei meinem ersten Aufenthalt in Rio zu einem Schweinemenschen geworden war, hatte mir die Anzeichen beschrieben. Ich war entsetzt. Es war, als ob ich einen Keulenschlag vor den Kopf erhalten hätte.
Du trägst den Keim der Verwandlung in dir, Hunter! hörte ich. Die Saat des Bösen!
Ich stand im Begriff, zu einem Schweinemenschen zu werden. Ich hatte sämtliche Speisen und Getränke überprüft. Trotzdem hatte die Macumba einen Weg gefunden.
Astaroth hielt sich bei Viviana in ihrer Hütte auf. Die zum Freak verwandelte Hexe mit dem nur faustgroßen Kopf hatte einen Affen auf ihrer Schulter sitzen. Vor ihr lag auf einer spiegelnden Platte die Geldbörse des Dämonenkillers. Den Weihwasserflakon hatte man vergraben. Damit wollten die Dämonen nichts zu schaffen haben.
Vivianas Hütte war von Schein schwarzer Kerzen erleuchtet. Stinkender, blakender Dampf aus einem Becken mit glühender Kohle durchzog sie. Ein Mensch hätte die Dünste nicht aushalten können. Selbst Astaroth rümpfte die Nase.
Viviana fühlte sich wohl in dem Mief. Ihre Hütte war jedoch recht sauber und ordentlich. Gläser mit Zauberkräutern, allerlei Ingredienzien, Buchstabentafeln, weil sich Viviana auch mit numantischem Zauber beschäftigte, Skelette, Totenköpfe und mit Federbüschen versehene Tanzmasken, sowie Schilder mit gemalten und geschnitzten Dämonenfratzen standen in Reih und Glied.
Vivianas verkrüppelte Hand strich über die Geldbörse. Sie enthielt auch eine Kreditkarte auf den Namen Dorian Hunters. Dorian hatte die abgewetzte Geldbörse unzählige Male in der Hand gehabt und lange bei sich getragen. Ein Teil seines Fluidums war auf sie übergegangen.
Für Beschwörungen und Zauber, die den Dämonenkiller betrafen, eignete sich die Geldbörse ideal. Der Taschendieb, der sie im Auftrag der Macumba-Hexe gestohlen hatte, hatte eine Belohnung erhalten. Damit betrank er sich jetzt irgendwo im Armenviertel und suchte eine Prostituierte
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