1653 - Der schöne Schein des Bösen
Ausnahmen.«
Sheila nickte ihrem Mann zu. »Der Vorschlag ist gut, Bill, ich denke, dass du ihn annehmen solltest.«
»Das werde ich wohl. Aber es bleibt das andere Problem Namens Vanessa. Und das ist etwas für dich, John.«
»Genau. Dagegen sträube ich mich auch nicht. Wirst du den Ort wiederfinden, wo es passiert ist?«
»Ich denke schon.«
»Dann wird das morgen unsere zweite Aufgabe sein.«
»Ich bin dabei.«
»Und ich bin schon so gut wie weg.« Nach diesem Satz stand ich auf und reckte mich.
Das lange Sitzen hatte mich schon etwas steif werden lassen.
Bill wollte mich noch bis zur Haustür bringen, und so verabschiedete ich mich zunächst von Sheila mit einer Umarmung.
»Danke, dass du gekommen bist, John.«
»War doch selbstverständlich.«
»Man sollte Bill wirklich einen Aufpasser an die Seite stellen.«
»Das wird sich wohl kaum einrichten lassen. Außerdem seid ihr, wenn ich das mal so sagen darf, vom Schicksal gebeutelt. Oder muss ich dich daran erinnern, was in all den Jahren passiert ist? Auch mit eurem Sohn Johnny.«
»Das weiß ich ja. Es ist nur schwer, sich daran zu gewöhnen, dass man kein normales Leben führt.«
»Das allerdings.«
Sheila war eben so. Da bildete sie unter den Frauen keine Ausnahme. Sie sahen die Dinge oft anders als wir Männer.
Bill wartete schon an der Tür. Draußen war es kalt. Die Pfützen im Garten hatten eine helle dünne Eisschicht bekommen. Auch tagsüber würden die Temperaturen kaum steigen. Wenn jetzt noch Schnee fiel, hatten wir das richtige Weihnachtswetter, denn das große Fest war nicht mehr weit entfernt.
Bill ließ es sich nicht nehmen, mir die Tür zu öffnen. Es war nicht dunkel, denn in dem großen Vorgarten der Conollys brannten die Lampen und beleuchteten die verschiedenen Regionen im Garten.
Ich tat die ersten zwei Schritte. Bill stand noch hinter mir, als ich wie vom berühmten Blitzstrahl getroffen auf der Stelle stehen blieb.
Wir hatten Besuch bekommen.
Nicht weit von einer der Lichtinseln entfernt stand eine nackte Frau…
Zunächst sagte keiner von uns ein Wort, denn auch Bill musste sie gesehen haben. Es hatte uns tatsächlich den Atem verschlagen. Wir hatten nur Augen für die Frau.
Bill fand die Sprache als Erster wieder. Obwohl der Name mir inzwischen auch bekannt war, musste er ihn aussprechen.
»Das ist Vanessa!«
»Ja, sehe ich.«
»Dann hat sie mich gefunden und will etwas von mir. Oder was denkst du?«
»Das Gleiche.«
»Und jetzt? Was sollen wir tun? Bleiben wir stehen oder gehen wir zu ihr?«
Meine Antwort kam sofort. »Ich denke, dass du hier warten solltest, Bill. Ich schaue sie mir mal genauer an. Falls sie das zulässt.«
»Aber sie will mich.«
»Kann sie auch. Aber warte bitte.« Ich war froh, dass Sheila nicht mitgekommen war.
Sie stand auch nicht in der offenen Haustür, wie ich mit einem Blick über die Schulter feststellte.
Bevor ich losging, konzentrierte ich mich auf die Nackte. Dass sie kein normaler Mensch war, sah ich auch daran, dass sie bei diesem Wetter nicht fror oder längst erfroren war. Minustemperaturen hielt kein nackter Mensch lange aus. Ihr aber schien es nichts auszumachen. Und sie tat auch nichts, als ich mich bewegte und sie erkennen musste, dass ich auf sie zu ging.
Auf dem Weg stand sie nicht. Sie hatte ihn verlassen und hielt sich neben einer Lampe auf, deren Licht ihren Körper streifte und bleich aussehen ließ.
Ihr Gesicht war zwar zu erkennen, aber ich sah keinen Ausdruck darin. Auf mich wirkte es eher künstlich, und mir kam der Vergleich mit einer Schaufensterpuppe in den Sinn.
Ich dachte an mein Kreuz und wartete förmlich darauf, dass es eine Reaktion zeigte.
Das geschah nicht, und so hielt mich nichts auf meinem Weg zu ihr auf.
Ich wollte nicht so nahe an sie herangehen, dass ich sie anfassen konnte, deshalb blieb ich in sicherer Entfernung stehen, aber zugleich nah genug, um sie nach einem weiteren Schritt berühren zu können, wenn es sich als nötig erwies.
Wir sagten nichts. Vor meinen Lippen kondensierte der Atem. Das hätte auch bei ihr der Fall sein müssen, aber nichts dergleichen war zu sehen. Es war auch nicht zu erkennen, ob sie überhaupt atmete. So vergingen die Sekunden, bis ich es leid war und sie ansprach.
»Vanessa?«
Ja, sie hatte mich gehört, auch wenn ich keine Antwort vernahm, denn sie deutete nur ein Nicken an.
Das war schon mal positiv, Und so setzte ich mit meiner nächsten Frage nach.
»Wer bist du? Wo kommst du her?«
»Man hat
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