1653 - Randwelt der Rätsel
getötet?"
„Nein!" wehrte Dilja heftig ab. „Alle ihre Reaktionen verrieten große Angst. Und sie versuchten, uns zu verscheuchen - nur zu verscheuchen, Arlo, nicht anzulocken."
Der Ertruser machte ein nachdenklichbesorgtes Gesicht. „Das kann man ebenfalls so deuten, daß sie sich davor fürchten, wir würden ihr Verbrechen aufdecken. Deshalb wären sie uns am liebsten wieder los. Vielleicht waren die Raumfahrer menschenähnlich. Sie könnten uns demnach für Angehörige desselben Volkes halten. Ich traue den Kerlen jedenfalls nicht über den Weg. Oder denkst du, wenn ich sie für unschuldige Wilde hielte, ich hätte das Manöver auf ihrem Territorium fortführen lassen?"
„Ich werde mich vorsehen und außerdem die ganze Zeit den Helmfunk aktiviert lassen", versprach sie. „Dann wißt ihr immer, was bei mir läuft."
Sie nickte den Ertrusern zu, dann ging sie langsam zu dem Gebäude, in dem das Amphibienwesen verschwunden war...
*
Zum erstenmal stand Dilja nicht unter Zeitdruck und hatte Muße, die Bauweise genauer zu studieren. Die Stadt am Meer eignete sich besonders gut dafür, denn hier waren die Bauten nicht von dichtem Gestrüpp, Gras und Bäumen überwachsen.
Das Baumaterial bestand aus Granit oder ähnlichem Gestein. Blöcke zwischen einem und drei Metern Kantenlänge waren ohne Mörtel oder ein anderes Bindemittel zusammengefügt. Sie paßten dennoch so exakt zueinander, daß die Fugen haarfein und wie mit der Wasserwaage ausgerichtet wirkten.
Das aber bedeutete, sie waren äußerst sorgfältig behauen und geglättet worden, bevor man sie zusammenfügte. Eine Arbeit, die technische Präzisionswerkzeuge erforderte. Von dem Transport ganz zu schweigen.
Die Hanse-Spezialistin hatte bisher nur einen halb zugewachsenen großen Steinbruch gesehen.
Er war gut vierhundert Kilometer von diesem Ort entfernt.
Dilja schaltete die Brustlampe ein, als sie das Tor erreichte. Der Lichtkegel beleuchtete einen Korridor. Boden, Wände und Decke bestanden aus nacktem Gestein. Hinter dem Korridor sah sie ein rechteckiges Tor. Dahinter schien sich ein größerer Raum zu befinden.
Sie trat ein.
Im nächsten Augenblick flackerte in dem Raum hinter dem Korridor gelbliches Licht auf. Als sie vor der Tür stand, sah sie die Lichtquellen: zwei Öllampen, die auf niedrigen Steinsockeln in dem quadratischen Raum von zirka zehn Metern Durchmesser standen. Den Boden bedeckte ein Teppich aus mehrfarbigen Pflanzenfasern, die Decke war mit primitiver Malerei versehen - und in den Wänden waren Nischen, in denen alle möglichen Gegenstände lagen.
Gegenstände technischer Art, deren Aussehen jedoch keinen Schluß auf ihre ehemaligen Funktionen zuließ. Alles wirkte seltsam verdreht, als hätte jemand echte Gebrauchsgegenstände demontiert und falsch wieder zusammengebaut.
Das alles nahm die Hanse-Spezialistin nebenbei in sich auf, denn ihr Hauptaugenmerk galt dem Amphibienwesen mit dem rundschildähnlichen Kopfschmuck, das mitten in dem Raum stand.
Es hatte sein eigenartiges Artefakt vor sich auf den Boden gelegt - und als Dilja fünf Meter vor ihm stehenblieb, hob es den linken Arm. Die Fläche seiner dreifingrigen Hand zeigte auf die Besucherin.
Dilja fiel ein Stein vom Herzen.
Die Geste war eindeutig. Der Eingeborene suchte die Kommunikation.
Sie sagte ein paar relativ bedeutungslose Sätze, um ihr Gegenüber zum Sprechen zu animieren. Denn erst dann konnte der Translator ihres SERUNS, der sich beim ersten Wort selbsttätig eingeschaltet hatte, aktiv werden.
Als letztes nannte Dilja ihren Namen und zeigte dabei auf ihre Brust.
Der Eingeborene begriff auch jetzt.
Er gab ein paar längere Lautkombinationen von sich, die sich seltsam anhörten und behäbig und schleppend gesprochen wurden. Das mochte an seinem breiten, fischmaulartigen Mund liegen. „Er scheint Dunee zu heißen", meldete der Translator. „Mehr später. Seine Sprache ist unkompliziert."
Diesmal formulierte Dilja ein paar sinnvollere Sätze. „Ich bedauere das Mißverständnis, das es zwischen deinen und meinen Leuten gegeben hat.
Meine Leute dachten, sie könnten mit euch spielen. Inzwischen haben sie eingesehen, daß ihr daran keine Freude habt. Es tut mir leid. Sie werden euch ab sofort in Ruhe lassen."
Der Translator übersetzte nur ein paar Worte in die fremde Sprache. Wahrscheinlich war das noch nicht mal einwandfrei; das wäre zuviel verlangt gewesen.
Doch Dunee arbeitete fleißig mit. Er überschüttete Dilja mit einem wahren
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