166 - Medusenfluch
höllisch in acht nehmen, weil ihr Körper besonders leicht entflammbar war. Es genügte schon gewöhnliches Feuer, um sie zu vernichten.
Weißmagische Flammen zerstörten sie noch viel schneller.
Ich war gespannt, was sich die Hexe weiter einfallen lassen würde, um sich meiner zu entledigen. Würde sie mir nun persönlich gegenübertreten?
Hatte sie mein Gespräch mit Robert Dalton belauscht? Dann war ihr klar, daß sie mich mit ihrem attraktiven Äußeren nicht blenden konnte.
Wenn sie das aber nicht wußte, würde sie es wahrscheinlich versuchen. Vielleicht würde sie mir als schüchternes, schutzbedürftiges Mädchen gegenübertreten, mich um Hilfe bitten.
Nun, die Hilfe, die sie von mir bekommen würde, würde sie dorthin befördern, wohin sie gehörte: in die Hölle, zu Asmodis, denn sie war eine von seinen vielen Bräuten, die es Überall gab.
Ich schaute noch einmal in den verwahrlosten Bus, ehe ich von der Stufe hinuntersprang.
Im selben Moment vernahm ich ein metallisches Klicken, und dann hatte ich jemanden hinter mir, der mir die verdammt scharfe Spitze eines Messers unter das Kinn setzte.
***
Witterung, Gehör und Tastsinn prägten sich bei Agassmea immer mehr aus. Immer besser fand sie sich zurecht, und sie lernte, sich auch blind Nahrung zu verschaffen.
Tief saß der Haß in ihrem Herz, wenn sie an Höllenfaust dachte, und sie träumte davon, eines Tages wieder zu erstarken und sich zu rächen.
Sie stellte sich vor, wie sie über Shemtora triumphierte, wie sie sich wieder auf den Katzenthron setzte und wie alle Raubkatzen ihr wieder gehorchten.
Sie würde dann die kräftigsten und wildesten Tiere um sich scharen und die Grausamen 5 angreifen. Vielleicht war es ein überheblicher Fehler von Höllenfaust gewesen, sie am Leben zu lassen. Ein Fehler, der ihm eines Tages zum Verhängnis werden würde.
Doch jetzt war sie von Rache noch meilenweit entfernt, und es war mehr als fraglich, ob sie ihr Ziel je erreichen würde. Zu viele Gefahren befanden sich zwischen dem Jetzt und dem Dann. Hürden, die sie nicht sehen konnte.
Das Rauschen eines Wasserfalls lockte sie an. Sie glaubte, ihn zu kennen. Wenn er es war, gab es hinter dem breiten Wasservorhang eine Höhle. Danach suchte Agassmea, und sie fand sie auch. Jetzt wußte sie, wo sie sich befand.
Sollte es Verfolger geben, würden sie sie hier höchstwahrscheinlich nicht suchen. Bis auf weiteres sollte die verborgene Höhle Agassmeas neues Zuhause sein.
Hier konnte sie ungestört darüber nachdenken, wohin sie sich begeben sollte. Welcher Weg war der gefahrloseste?
Die Höhle führte tief in den Berg hinein – ein Felsenschlauch mit zahlreichen Windungen. Dadurch wurde der Schall so oft gebrochen, bis das Rauschen des Wasserfalls nicht mehr zu hören war.
Hier, in dieser schwarzen Stille, wollte sich Agassmea hinlegen und ihre Wunden lecken. Selbst jetzt war sie noch zu stolz, um zu bereuen, was sie getan hatte.
Frank Esslin hatte ihr mehr gegeben als Höllenfaust. Für sie stand fest, daß der Söldner der Hölle nicht mehr lebte, aber in ihrer Erinnerung würde er weiter existieren, und wenn sie es möglich machen konnte, würde sie auch Esslins Tod rächen.
Kälte durchströmte die Höhle und strich über das Fell der Tigerfrau. Doch nach der nächsten Krümmung spürte Agassmea plötzlich Wärme. Sie hörte ein Knistern und Knacken.
Ganz in der Nähe mußte ein Feuer brennen, eines, das jemand entfacht hatte und das er stetig nährte. Agassmea duckte sich, als wäre sie mit einem Knüppel geschlagen worden.
Sie preßte sich auf den Böden und zog sich vorsichtig zurück, hoffend, nicht bemerkt worden zu sein, aber die Person, die sich in der Höhle befand, hatte sie gesehen.
***
Ich bewegte mich nicht. Steif wie eine Gipsfigur war ich, damit sich das Messer nicht in mein Fleisch bohrte.
Ich spürte, daß die Person hinter mir keine Frau war.
Also nicht Abby Vymax!
Wen mochte sie vorgeschickt haben? Lebte sie hier am Ende mit einem Hexer zusammen? Der Mann hatte schätzungsweise meine Größe und Muskeln wie ein Freistilringer.
Er wollte mir mit dem Messer Angst machen. Okay, ich tat so, als hätte ich mir bereits ins Hemd gemacht, damit er unvorsichtig wurde.
»Liebe Güte, was soll das?« fragte ich krächzend. »Ich bitte Sie, tun Sie das Messer weg, bevor ein Unglück, geschieht. Ich will nichts von Ihnen und habe auch nicht die Absicht, mich hier einzunisten. Also geben Sie mich frei, und lassen Sie uns miteinander
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