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166 - Sohn dreier Welten

166 - Sohn dreier Welten

Titel: 166 - Sohn dreier Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
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zuckte zusammen. »Ja?«
    Dann hörte auch er die Schritte…
    ***
    Dezember 2521
    »Siehst du die Hügel, Daa'tan? Dort beginnt das Land der Persen«, sagte Maduuk. Der Händler aus dem syrischen Grenzgebiet saß auf einem Lastenkarren voll Töpferwaren. Sie klirrten leise. Vor ihm zuckelte ein Pferd dahin, neben ihm hockte der Junge, den er vor einiger Zeit aufgelesen hatte.
    Maduuk streifte ihn mit flüchtigem Blick. Daa'tan war blass und dünn, er redete auch nicht viel. Der Händler hatte sich bemüht, sein Vertrauen zu gewinnen, war aber auf Granit gestoßen.
    »Du hast bestimmt einiges mitgemacht bei den Tuurks«, versuchte er es erneut. Doch wieder kam keine Antwort.
    Daa'tan dachte nicht mehr an seine Erlebnisse im Sklavenlager von Antaya. Er wollte auch nicht über die abenteuerliche, kräftezehrende Flucht aus dem gefährlichen Land reden. Für Daa'tan gab es jetzt ein neues Ziel: In seiner ersten Nacht in Freiheit – jener Nacht, in der kurz die Erde erbebt und ein flackerndes Leuchten am Horizont erschienen war – hatte er eine Vision gehabt!
    Da war ein brennender Felsen gewesen, verschwommen und ohne einen Hinweis auf die Landschaft, in der er stand. Etwas hatte Daa'tan übermittelt, er müsse diesen Felsen finden.
    Zwingend. Zu seinem eigenen Glück.
    Anfangs hatte er das Ganze für eine verschlüsselte Botschaft der Daa'muren gehalten. Aber in den Folgewochen war Daa'tan immer wieder auf Leute gestoßen, die dasselbe gesehen hatten wie er. Es waren ausnahmslos Telepathen gewesen. Keiner von ihnen konnte die rätselhafte Vision erklären – doch nicht einer hatte sich dem Ruf widersetzt!
    Bei der Erinnerung an die Telepathen blieben Daa'tans Gedanken an seiner Mutter hängen. Aruula vom Volk der Dreizehn Inseln hatte ihn früher wenig interessiert: Daa'tan hatte sich groß und stark gefühlt, und da war ja auch immer Grao'sil'aana gewesen.
    Aber in der Kälte und Hoffnungslosigkeit des tuurkischen Gefangenenlagers, als kein Daa'mure ihn retten kam und Daa'tan sich so verloren fühlte, hatte der Gedanke an Aruula ihn gewärmt. Der Junge hatte viele Nächte damit verbracht, sich auszumalen, wie die schöne Kriegerin sich zu ihm durchkämpfen würde, um ihn zu befreien. Er wusste mittlerweile, dass er Aruula schon einmal gesehen hatte: Die Fremde damals in Rumänien, vor dem Schloss der Daa'muren, das war seine Mutter gewesen!
    Grao'sil'aana hatte es ihm verraten.
    Daa'tan schnaubte missmutig. Jetzt, am helllichten Tag und in Freiheit, sah er Aruula mit anderen Augen.
    Warum sucht sie nicht nach mir?, grübelte er verbittert. In Rumänien hat sie ein Kind gerettet, das nicht ihres war – aber mich hat sie zurückgelassen! Weshalb?
    (Konfrontiere sie mit dieser Frage!), scholl es aus dem Nichts, und Daa'tan fuhr hoch wie elektrisiert. Seine Augen wurden groß.
    »Grao'sil'aana! Bist du das?«, fragte er atemlos.
    »Hä?« Maduuk, der Händler, runzelte die Stirn.
    Daa'tan winkte ab und versuchte es noch einmal, (Grao'sil'aana! Bist du das?)
    (Ich bin es.)
    (Wo finde ich dich?) Daa'tans Blick flog aufgeregt über die Landschaft.
    (Siehst du die Ebene im Nordosten?)
    »Was machst du da, Junge?«, fragte Maduuk beunruhigt, als sich Daa'tan auf die Zehenspitzen stellte. »Setz dich wieder hin! Du fällst mir noch vom Wagen!«
    Daa'tan schlug das Herz bis zum Hals. Im Nordosten lag ein verbrannter Landstrich. Dort hatte es vulkanische Aktivitäten gegeben, wohl als Folge der Beben jener Nacht. Noch immer schwelten kleinere Feuer. Hin und wieder fauchte ein Geysir in die Höhe, und aus dem rissigen Boden stieg Dampf auf. Nichts und niemand lebte mehr in der Ebene. Trotzdem bewegte sich etwas.
    (Ich sehe dich! Hörst du, Grao'sil'aana? Ich sehe dich!) (Dann komm her!)
    Daa'tan wandte sich an Maduuk. »Danke fürs Mitnehmen! Aber jetzt muss ich weg. Vielleicht treffen wir uns später wieder«, sagte er hastig und flankte vom Wagen.
    Daa'tan rannte über das Lavafeld. Mehrmals kam er gefährlich nahe an waberndem, rot glühendem Gestein vorbei, einmal zischte direkt hinter ihm ein Geysir hoch. Es war ihm egal. Daa'tan sah nur Grao'sil'aana, seinen Gefährten, seinen Freund. Vergessen war die Zeit, als ihm der Daa'mure auf die Nerven gegangen war mit seinen ständigen Befehlen und Verboten. Vergessen war auch der Wunsch nach Freiheit – zumindest für den Augenblick. Daa'tan breitete die Arme aus und flog dem Daa'muren um den Hals.
    »Grao! Ich bin so froh, dich wieder zu sehen!«, rief er.
    Grao'sil'aana zog

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