1661 - Der Torwächter
Schweigende Menge bildeten.
Nur einer sprach. Das war dieser Blaine. Und er klärte Mike darüber auf, was er wollte.
»Wir haben noch eine Rechnung offen, das weißt du. Denk daran, dass du einen Freund von mir überfahren hast. Er kann sich kaum bewegen, er kann sich also nicht rächen. Aber ich habe ihm versprochen, das an seiner Stelle zu tun, und das Versprechen werde ich einhalten. Du kommst hier nicht mehr lebend weg!«
»War das eine Drohung?«, fragte Bill.
»Nein, ein Versprechen.«
»Sehr schön.« Bill nickte. »Und darauf werde ich noch mal zurückkommen.«
»Ach ja?« Blaine lachte. Er verzog dabei sein Gesicht. Jetzt sah der Mund aus wie eine breite viereckige Öffnung. »Nimm dir nicht zu viel vor. Und du auch nicht.«
Er meinte mich damit und nickte mir deshalb zu.
»Keine Sorge, Mr. Blaine. Es wird nur bei unserer Absicht bleiben. Wir werden dem Wald einen Besuch abstatten, denn versteckte Friedhöfe haben mich schon immer interessiert.«
»Gut. Dann werden Sie wohl nichts dagegen haben, dort für immer zu liegen.«
»Abwarten«, sagte ich nur…
***
Die alte Matratze roch. Das Laken war klamm, die Wände feucht, der Boden kalt und der Stuhl sah aus, als würde er beim Draufsetzen zusammenbrechen. Neben, dem Bett standen zwei Flaschen Wasser und ein kleines Päckchen mit Keksen.
Cora Grisham hatte die Nahrung lange nicht angerührt. Schließlich war der Hunger doch zu groß geworden, da hatte sie einige Kekse in sich hineingestopft. Auch eine Flasche Wasser hatte sie geleert. Jetzt saß sie auf dem Stuhl und schaute auf die vor ihr liegende Wand mit der kleinen quadratischen Fensteröffnung, die mit Glasbausteinen ausgefüllt worden war. So wurde das Tageslicht gedämpft, und in ihrem Verlies blieb es stets dämmrig.
Die Nacht lag hinter ihr. Aber sie war in der Dunkelheit erwacht, auf dem verdammten Bett liegend. Ihr war übel gewesen. Der Schwindel hatte in den ersten Minuten nach dem Erwachen einfach nicht aufhören wollen. Erst später hatte sie sich mit ihrer Lage beschäftigen können. Da kehrte auch die Erinnerung zurück, und sie wusste jetzt, wem sie die Entführung zu verdanken hatte. Peter Blaine!
Der Mann war für sie zu einem Hassobjekt geworden. Allein wenn sie an ihn dachte, stieg ihr das Blut in den Kopf. Sie hatte auch mehrere Schweißausbrüche trotz der Kühle erlebt, und in ihrem Kopf breitete sich noch immer ein starker Druck aus.
Licht sickerte durch das Fenster. Es reichte aus, um Sich in diesem kalten Raum umschauen zu können, und was ihr zuerst ins Auge stach, war die alte Tür. Eine Tür, die nicht eben neu aussah. Sie bestand aus Holz, war auch nicht unbedingt stabil, denn man hatte einfach mehrere Latten aneinander genagelt, sodass Cora durchaus die Chance sah, durch diese Tür entkommen zu können. Im Moment war das nicht möglich. Sie musste mit dem Versuch warten, weil sie sich noch zu schwach fühlte. Aber Cora war eine Frau, die nicht so leicht aufgab. Dazu hatte auch ihre Bekanntschaft mit Mike Rander beigetragen. Er hatte ihr so etwas wie einen neuen Antrieb gegeben. Der Wunsch, ihr Leben zu ändern, um nicht in Folly Gate zu versauern, der war schon seit einiger Zeit vorhanden gewesen, doch jetzt wollte sie alles in Bewegung setzen, um dies auch wahr zu machen.
Sie musste zu Kräften kommen. Deshalb aß und trank sie. Und sie dachte nicht nur an ihren Freund, sondern auch an Peter Blaine. Gegen ihn fühlte sie einen abgrundtiefen Hass, über den sie sich selbst erschreckte. Liebe und Hass. Sie hoben sich bei ihr nicht auf. Sie gaben ihr Kraft für das, was sie vorhatte.
Cora wusste, dass man nach ihr suchen würde. So leicht gab ihr Freund nicht auf. Er würde zurückkehren und war vielleicht sogar schon im Ort. So hatte bestimmt auch Blaine gedacht, sonst hätte er sie nicht in dieses Verlies gesperrt. Wo es genau lag und in welchem Haus es sich befand, das wusste sie nicht. Es war auch nicht wichtig, denn sie wollte einfach nur raus. Bisher hatte sie sich die Tür noch nicht näher angeschaut. Das wollte sie ändern, und sie war froh, sich bewegen zu können. Damit kämpfte sie auch gegen die Kälte an, die sich in ihrem Körper eingenistet hatte.
Sie ging einige Male auf Und ab. Erst langsam, dann immer schneller, sodass sie richtig durchgewärmt wurde und sich anschließend um ihre Befreiung kümmern konnte.
Die Brettertür schloss nicht ganz. Zwischen ihrem Rand und der Wand gab es eine Lücke, in die Cora ihre Hand schieben konnte.
Dann
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