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1661 - Der Torwächter

1661 - Der Torwächter

Titel: 1661 - Der Torwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sich Menschen ab. Durch die Entfernung wirkten sie kleiner, doch ein Dutzend waren es sicherlich, die darauf warteten, dass etwas geschah. Wenn sie Ferngläser bei sich trugen, konnten sie uns sicher gut erkennen.
    »Meinst du, dass sie uns folgen werden, John?«
    »Noch warten sie ab.«
    »Okay, wir werden es sehen. Eine Übermacht sind sie schon.«
    »Es kann auch sein, dass sie sich gar nicht in den Wald hier hinein trauen. Sie wissen schließlich mehr über ihn als wir. Dass er gefährlich sein kann.«
    »Das ist auch wieder wahr.«
    Es war nicht leicht, das Waldstück zu betreten. Dafür sorgte das dichte Unterholz, das wir förmlich durchpflügen mussten.
    Schnell umgab uns eine andere Atmosphäre. Ich sah sie nicht als böse oder schwarzmagisch an, sie war eben nur anders als auf dem Feld. Hoch reckten sich die Stämme der Bäume. Kahles Astwerk breitete sich aus und war an verschiedenen Stellen miteinander verschlungen.
    Dazwischen hatten sich die Nadelbäume ihren Platz erkämpft. Fichten breiteten ihre Arme aus. Auf manchen lagen Schneeflecken, die zu Eis geworden waren. Der Boden war ebenfalls keine Offenbarung. Weich, breiig, manchmal auch vereist und nie eben. Unsere Taschenlampen konnten wir noch stecken lassen. Wenn es diesen Friedhof gab, den Mike uns ausführlich beschrieben hatte, würden wir ihn bestimmt auch bei diesem schummrigen Licht finden.
    »Der Friedhof muss auf einer Lichtung liegen«, murmelte Bill. »Das hat er uns gesagt - oder?«
    »Ich erinnere mich.«
    Leider hatten wir noch keine Lichtung gefunden. Wir schlichen durch die Lücken zwischen den Bäumen, brauchten aber nie irgendwelche Hänge nach unten zu rutschen oder zu klettern. Da kam uns die flache Beschaffenheit des Geländes schon entgegen. Und sie war zudem perfekt für einen versteckt angelegten Friedhof.
    Wir passierten zwei mächtige Buchen, die wie die Säulen eines Tors aussahen - und blieben beide stehen, als hätten wir uns gegenseitig abgesprochen. Wir hatten das Ziel erreicht.
    Vor uns lag der geheimnisvolle Waldfriedhof. Wir schauten auf eine Lichtung, die jedoch nicht leer war. Auf dem Boden breiteten sich letzte Schneereste aus, aber das war es nicht, was uns nachdenklich werden ließ.
    Im Boden steckten an verschiedenen Stellen dünne Baum äste. Es war hell genug, um sie zählen zu können, und wir kamen auf die Zahl fünf.
    »Das sind ja fünf Gräber«, flüsterte Bill.
    »Richtig. Dann haben die Bewohner hier fünf Menschen verscharrt, und eines der Gräber muss ziemlich frisch sein.«
    Da der Boden recht dunkel war, holten wir unsere Lampen hervor. Das kalte Licht wanderte über den Untergrund. Wir hielten die Kegel jeweils bei den aus dem Boden ragenden Ästen an - und schauten nach, welches Grab wohl am frischesten sein konnte.
    Bill fand es zuerst. »Das muss es sein. Das Erdreich sieht hier recht locker aus.«
    Gemeinsam schauten wir nach. Das stimmte. Es waren sogar noch Fußabdrücke zu sehen.
    Ich war neugierig geworden und wollte sehen, wen man hier verscharrt hatte. Allerdings hatte ich nicht vor, die Erde mit den bloßen Händen wegzuschaufeln. Auf dem Boden lag genügend Bruchholz, und so suchte ich nach einem stabilen Ast, den ich auch recht schnell fand. Bill hatte sich ebenfalls ein Werkzeug geholt, und gemeinsam fingen wir an, die feuchte Erde zur Seite zu kratzen. Es klappte recht gut. Tief konnten wir damit natürlich nicht graben. Das war auch nicht nötig, denn schon nach kurzer Zeit schimmerte etwas Helles durch. Es war kein Gesicht, kein Stück Haut, sondern Stoff. Wenig später wussten wir Bescheid. Wir hatten die Decke gefunden, in die der Tote eingewickelt worden war. Der Stoff war zwar schmutzig, aber seine Grundfarbe war noch zu erkennen.
    Wir räumten noch mehr Erde zur Seite und hatten das Glück, an der Kopfseite angefangen zu haben.
    Ein mit Lehm verschmiertes und trotzdem noch totenbleiches Gesicht kam zum Vorschein. Es war das Gesicht eines alten Mannes, das wie eine Maske aussah.
    »John, das ist der Mann, den sie zuletzt weggeschafft hatten. Dabei sind sie von Mike Rander beobachtet worden.«
    »Stimmt, sehe ich auch so.«
    »Warum haben sie das getan? Ihn und auch die anderen Toten hier?« Bill schaute mich bei seiner Frage an. »Kannst du mir darauf eine Antwort geben?«
    »Nur vage.«
    »Und?«
    »Es muss etwas mit dem Torwächter zu tun haben, von dem immer wieder gesprochen wurde.«
    Das traf wohl zu. Nur hatten wir bisher nichts von ihm gesehen. Wir waren nicht in der

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