1661
du Träumerin, da vorn ist der Donjon von Vincennes. Und die Allee mit den Fackeln dort«, erklärte sie und zeigte mit ihrem Finger weiter nach links, »die führt nach Saint-Mandé zum Haus des Herrn Oberintendanten!«
Louise ließ sie reden. Sie schwieg und beobachtete amüsiert, wie aufgeregt ihre Nachbarin war.
»Bitten wir den Himmel, dass die Hochzeit möglichst bald stattfinden möge, damit wir auch unser eigenes Fest feiern können«, meinte Aude, als wäre die Hochzeit Henriettas von England auch ein wenig die ihre.
Das ist Balsam für ihre Seele, dachte Louise, die Augen gedankenverloren ins Leere gerichtet. Gesellschaftsdame zu sein – das ist alles, was sie hat. Sie fühlte, wie der überhebliche Ton, den ihre kleine innere Stimme angenommen hatte, sie erröten ließ, und strich mehrfach ihr Kleid glatt, um die Beherrschung wiederzugewinnen.
»Wir sind da, wir sind da!«, rief Aude. Sie brannte vor Ungeduld.
Die Karosse fuhr die Allee hinauf. Auf beiden Seiten standen Diener in blau-goldenen Livreen Spalier. Jeder trug eine Fackel, deren Lichter von der Straße aus der Beleuchtung des benachbarten Donjon Konkurrenz machten.
Von seinem Kabinett aus verfolgte Nicolas Fouquet die Ankunft seiner Gäste und dachte, dass er das Fest hätte verschieben sollen. Nur einen Monat nach dem Tode des Kardinals und der vom König veranlassten Regierungsumbildung fand es nur deshalb statt, weil seine Frau es für wünschenswert hielt, und dies trotz ihrer Schwangerschaft, die sie ermüdete und das Vergnügen dämpfte, das ihr der Empfang der Gäste für gewöhnlich bereitete. Erstmals kamen ihm die Festlichkeiten unnötig vor. Kopf hoch, sagte er sich und schrieb seine schlechte Laune der vielen Arbeit der vergangenen Wochen zu, gesellen wir uns dazu und machen wir gute Miene zum bösen Spiel. Seine Gedanken kreisten jedoch in Wirklichkeit um ein anderes Fest, das einzige, das für ihn von Bedeutungwar – das Fest, das er zur Einweihung seines Schlosses in Vaux plante.
Oben auf der monumentalen Treppe, die in die Eingangshalle führte, blieb Fouquet einen Augenblick stehen. Die Gäste waren eingetroffen und strömten von den Salons in den Garten, wo zwei Kammerorchester aufspielten. Zumindest das Wetter ist auf unserer Seite, dachte er. Dann holte er tief Luft und tauchte in die Menge ein.
Louise langweilte sich. Zwar war seit ihrer Ankunft erst eine halbe Stunde vergangen, doch sie musste sich eingestehen, dass ihr der Sinn nicht danach stand, sich zu amüsieren, so schön der Abend und so eindrucksvoll die Gästeliste auch sein mochten. Das bengalische Feuer, das zur Eröffnung des Fests entzündet worden war, hatte sie nur einen Moment ablenken können. Die Tische, die von Fleischplatten, von Pyramiden aus den ungewöhnlichsten Gemüsesorten und exotischsten Früchten überquollen, reizten sie nicht. Und die kleinen Tiere, Affen und Vögel in schillernden Farben, die zwischen den Gästen umherschwirrten, hatten ihr nur ein müdes Lächeln entlockt. Nachdem Aude verschwunden war, ohne dass sie es bemerkte, hatte Louise sich auf einer Bank neben einer Säule mit einer antiken Büste aus schwarzem Marmor niedergelassen.
»Langweilt Ihr Euch ohne Euren treu ergebenen Schauspieler, Mademoiselle de La Vallière?«
Der ironische Tonfall ließ sie zum zweiten Mal an diesem Abend zusammenfahren, und die Empörung war ihr anzusehen, als sie sich zu dem umwandte, der die Bemerkung gemacht hatte.
Direkt vor ihr stand der Herr des Hauses, Nicolas Fouquet. Er trug ein Lächeln zur Schau, das nicht frei war von Spott.Louise erhob sich überrascht, um einen Knicks anzudeuten, wobei sie dachte, dass die Bemerkung nicht ganz falsch war: Gabriel fehlte ihr tatsächlich, trotz seiner aberwitzigen Eifersucht.
»Die Jugend ist schon eigenartig, findet Ihr nicht?«, fuhr der Oberintendant fort. »Ihr langweilt Euch in Paris, während er sich in Vaux langweilt, wenn ich mit meiner Beobachtung richtig liege. Er läuft dort mit sehnsüchtiger Miene herum und vergeht fast vor Ungeduld. Er ist bestrebt, dass man ihm nichts anmerkt, denn er ist gut erzogen, doch sei er auch noch so sehr ein Schauspieler – man kann in ihm lesen wie in einem offenen Buch.« Als er in Louises Blick einen Anflug von Misstrauen entdeckte, trat Fouquet näher. »Ihr braucht nichts zu befürchten, Mademoiselle. Gabriel hat sich unter meine Protektion gestellt, sich mir anvertraut: Er hat mir seine Herkunft verraten und mir von seiner Kindheit
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