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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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des Parlements, in seinen Ohren widerhallten. Intendant der Finanzen. Colbert saß auf einer rotgepolsterten Bank mit goldenen Paspeln in der großen Galerie, die an dem leeren Sitzungssaal vorbeiführte, in seiner unvermeidlichen schwarzen Kleidung, die aus gegebenem Anlass zumindest durch einen Gürtel aus Moiré aufgewertet wurde. Er gab sich Mühe, seine Eindrücke von der öffentlichen Anerkennung noch einen Augenblick festzuhalten. Er schloss die Augen und strengte sich an, das Gefühl nachzuempfinden, das er verspürt hatte, er ließ die Gesichter aller noch einmal Revue passieren   … Die Schritte auf dem Marmor des Flurs, die unter der steinernen Kuppel widerhallten, ließen ihn aufblicken.
    »Hier seid Ihr, Monsieur!«, rief Toussaint Roze aus und hob die Arme. »Ich fürchtete schon, Ihr wäret allein nach Hause gegangen oder hättet eine andere Kutsche genommen.«
    Colbert maß ihn mit eisigem Blick.
    »Ich habe ein wenig nachgedacht. Nun, brechen wir auf, wenn es sein muss«, knurrte er.
    »Es ist nur so, dass Monsieur Perrault bei der Kutsche auf Euch wartet, Monsieur«, entschuldigte sich Roze, als sie zum Ausgang gingen. »Und Monsieur Le Tellier lässt ausrichten, dass er Euch heute Abend zu sehen wünscht. Er möchte sich mit Euch über eine wichtige Angelegenheit beraten, bei der es, wie er mir sagte, um die Sicherheit des Staates geht.«
    Colbert hatte nicht die Güte, etwas zu erwidern, aber sein Blick umwölkte sich mit Unmut. Was war in ihn gefahren, dass er seinen Spitzel hierherbestellt hatte? Mit Perrault kehrten die schlechten Nachrichten der letzten Tage in sein Gedächtnis zurück und warfen Schatten auf den strahlenden Erfolg seines Aufstiegs.
     
    »Habt Ihr ihn aufgespürt?«, schleuderte er seinem Spitzel ohne jegliche Form der Begrüßung entgegen.
    Perrault stammelte etwas und hielt die Tür der Kutsche auf. Colbert stieg ein, gefolgt von Roze.
    »Nein, natürlich nicht«, fuhr Colbert im Brustton der Überzeugung fort. Sein Gemüt erhitzte sich mehr und mehr. »Aber er ist doch nicht einfach davongeflogen, zum Teufel! Der Junge muss doch irgendwo stecken! Also findet ihn! Dieser Molière kennt nicht einmal den vollständigen Namen seines Sekretärs, und Ihr wisst nicht, an welchem Ort er sich verbirgt. Was soll
ich
da wohl tun? Ihn etwa selber suchen?«
    Colbert stützte seinen Ellbogen auf die geschlossene halbhohe Tür und schwieg einen Moment, bevor er Perrault, der sich nicht von der Stelle gerührt hatte, einen bösen Blick zuwarf. »Ich brauche Ergebnisse, Perrault. Und zwar schnell. Findet den Jungen. Findet die Papiere, findet irgendetwas, verdammt!«
    Mit einer unbeherrschten Handbewegung zog Colbert den Vorhang vor und schlug heftig gegen das Kutschendach, das Signal zur Abfahrt. Als Perrault sah, wie die Kutsche davonfuhr, schluckte er schwer.
     
    Colbert atmete tief durch. Die Worte und der Ton, den er angeschlagen hatte, um Perrault zu maßregeln, hatten einen angenehmen Geschmack in seinem Mund hinterlassen. Doch es reichte nicht, um sich ausgeglichen zu fühlen, um die Genugtuung noch einmal zu durchleben, die der Tag ihm gebracht hatte. Ich habe noch nicht genau verstanden, welches Spiel der König spielt, dachte er. Mir gefällt weder die Audienz, die er Fouquet gewährt hat, noch die Sache mit dem Außenhandelsrat. Ich muss weitere Auskünfte einholen. Plötzlich erhellte ein Lächeln seine plumpen Gesichtszüge. Aber ja, das ist die Idee!, dachte er. So kann ich die Absichten des Königs in Erfahrung bringen und vielleicht auch in der Sache vorankommen, bei der Perrault nach verheißungsvollen Anfängen steckengeblieben ist. Mit zufriedener Miene wandte er sich Toussaint Roze zu, der neben ihm saß.
    »Arrangiert sofort nach unserer Ankunft ein Treffen mit der Nichte des Kardinals.«
    »Mit welcher?«, fragte Roze ängstlich.
    Colbert seufzte.
    »Mit Olympia natürlich.«
    Und als Colbert sich auf der bequemen Sitzbank der Karosse zurücklehnte und die Augen schloss, ließ er noch einmal den Moment Revue passieren, da er den Eid geleistet hatte: Intendant der Finanzen   …

Mont-Louis
    Sonntag, 3.   April, acht Uhr abends
    Colbert erkannte den Weg wieder, der nach Mont-Louis führte. Doch anders als in der Nacht des 10.   März war er diesmal nicht maskiert. Le Tellier hatte ihm eine Zusammenkunft mit dem Erzbischof von Paris vermittelt, der nach fast zehn Jahren zum ersten Mal wieder in der Hauptstadt weilte. Die heimliche Rückkehr von Jean-François

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