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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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floh sie, ohne die Antwort abzuwarten.
    »Die kleine Hexe!«, zischte Olympia. »Das wird sie mir büßen.«
    Louise lief über die Terrasse zum Garten, wobei sie fast einen Diener mit einem Tablett umgerannt hätte. Die frische Luft, schwer vom Duft der Blüten, drang in ihre Lungen. Sie stellte fest, dass sie zitterte.
     
    Das Fest näherte sich seinem Ende. In kleinen Gruppen verließen die Gäste das Haus und fuhren die Allee hinauf, wo die Diener wieder Spalier standen. Hin- und hergeworfen vom Holpern der Räder auf dem unbefestigten Weg, der vom Regen noch aufgeweicht war, zog Louise ihren Schal fester um die Schultern. Aude an ihrer Seite schlief schon, den Kopf gesenkt, der bei jedem neuen Stoß auf Louises Schulter zu fallen drohte. Das Quietschen der Radnaben klang schmerzlich in ihren Ohren. Sie versuchte sich zu entspannen, doch sie war außerstande, ihre Begegnung mit Olympia zu vergessen. Olympias Worte schienen an ihrer Haut zu kleben wie der überzuckerte Pflaumensaft, den sie früher zusammen mit Gabriel stibitzt hatte. Es ist so lange her, dachte sie. Als sie über die Drohungen nachdachte, die Olympias honigsüße Worte kaum hatten verschleiern können, lief es ihr wieder kalt den Rücken hinunter. Olympia wusste also um ihre Beziehung zum König, und ihre Worte hatten deutlich gemacht, dass übelgesinnte Leute daran Anstoß nehmen und ihr Schaden zufügen könnten, dass sie Protektion benötigte und dass es so einfach, so harmlos wäre, sich die Dankbarkeit mächtiger Leute zu sichern, indem man sie darüber informierte, was der König sagte und was ihn beunruhigte. Louise fragte sich, ob sie recht daran getan hatte, Nein zu sagen, oder ob es bessergewesen wäre, gar nichts zu sagen. Wie dem auch sein mochte, die tödlichen Blicke, die Olympia ihr zugeworfen hatte, als sie gegangen war, bedeuteten ohne jeden Zweifel, dass es kein Zurück mehr gab.
    »Morgen, morgen sehen wir weiter«, flüsterte Louise noch, als sie spürte, wie der Schlaf sie überkam.
    Einen Augenblick später, als der Kutscher die Pferde auf die Straße nach Paris lenkte, störte kein Laut mehr die Stille und die Dunkelheit, die im Inneren der Karosse herrschten.

Saint-Mandé, Palais von Nicolas Fouquet
    Sonntag, 10.   April, nach dem Fest
    Die letzten Besucher hatten sich vom Fest des Oberintendanten der Finanzen verabschiedet. Alle Domestiken waren damit beschäftigt, die Spuren des Büfetts zu beseitigen, das man in den zahlreichen Empfangsräumen des Hauses aufgebaut hatte, und das Mobiliar und das Geschirr wieder an seinen Platz zu räumen. Nicolas Fouquet stand nicht der Sinn danach, schlafen zu gehen, zumal die Schwangerschaft seiner Frau ihn der fleischlichen Genüsse beraubte. In seinem Arbeitszimmer hatte er François d’Orbay und Jean de La Fontaine versammelt und ließ sie von seinem Portwein kosten. Die Unterhaltung war entspannt. Nach all den Wochen der Unsicherheit, die mit dem Gesundheitszustand des Kardinals und mit dem neuen Staatsrat von Ludwig XIV. verbunden waren, hatte der Oberintendant nun das Gefühl, dass die Dinge wieder ihren gewohnten Gang gingen. Sein Vorstoß in Fontainebleau hatte ihn anscheinend von allen Verdächtigungen reingewaschen, die Colbert seit Monaten so perfide ausgestreut hatte.
    »Habt Ihr ihn gesehen, als er seinen Eid leistete«, sagte La Fontaine, »aufgebläht wie ein Frosch, der so groß wie ein Ochse sein will?«
    Der Vergleich ließ Fouquet schallend lachen.
    »Gut beobachtet, mein lieber Jean! Der Frosch, der sich aufblähtund so groß wie ein Ochse werden will, das ist eine großartige Idee. Ihr werdet daraus bestimmt eine Eurer Fabeln schmieden, deren Geheimnis Ihr alleine kennt! Es ist wahr, dass die Natter, die das Wappen des braven Monsieur Colbert ziert, seit ein paar Tagen einen ziemlich trägen Eindruck macht«, fügte der Oberintendant hinzu. »Ich muss sagen, dass der gute Mann, seit ich mit der Leitung des Außenhandelsrats betraut worden bin, keine Gelegenheit auslässt, um mir seine Treue zu versichern. Seine honigsüßen Komplimente begleiten jede unserer Begegnungen.«
    »Euer Gnaden, hütet Euch vor Nattern, die scheinbar in der Sonne dösen«, meinte d’Orbay, der seinen Portwein genoss. »Das Tier ist falscher als der Frosch!«
    »Da habt Ihr recht, mein lieber d’Orbay.«
    Der Oberintendant ließ sich in seinen Sessel zurückfallen. Er dachte an die sanfte Schönheit von Mademoiselle de La Vallière und bedauerte, dass er sich nicht länger mit ihr

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