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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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antwortete der Oberintendant schließlich und blickte ihn an, »ich werde Euch einen erneuten Beweis meines Vertrauens geben. Ihr wisst um den Wert, den ich der erzieherischen Wirkung Eurer Kunst beimesse, eine Auffassung, die nur wenige meiner Zeitgenossen teilen, ganz zu schweigen von meinesgleichen. Ich träume nun einmal voneiner Welt, in der das Theater bei vielen den Mangel an Bildung behebt, der dem Königreich so großen Schaden zufügt. Ich werde Euch in Eurer schwierigen Lage nicht im Stich lassen, vielmehr voll und ganz unterstützen. Zunächst, indem ich Eure Bezüge auf 2000   Livre anhebe. Ihr sucht am besten gleich morgen Monsieur de Gourville auf, der Euch die Summe aushändigen wird. Des Weiteren wünsche ich, dass Ihr mir ein neues Stück schreibt, mit dessen Aufführung die Fertigstellung der Arbeiten auf meinem Landsitz in Vaux gefeiert werden soll. Ich will eine Komödie, über die der Hof sich amüsieren kann. Ihr habt sechs Monate Zeit!«, schloss der Minister und griff zu einer neuen Hähnchenkeule.
    Erleichtert über den glücklichen Ausgang der Audienz, machte Molière Gabriel ein diskretes Zeichen, und die beiden verabschiedeten sich mit einer ehrerbietigen Verbeugung von Frankreichs Finanzminister.
    Kaum waren die beiden Schauspieler draußen, schob Nicolas Fouquet den Teller beiseite und lehnte sich nachdenklich in seinem Sessel zurück. Durch die Freimütigkeit des jungen Mannes mit dem ehrlichen Blick, dessen Namen er nicht einmal erfahren hatte, war in ihm ein Verdacht aufgestiegen, der sich nicht mehr verdrängen ließ. Er, Nicolas Fouquet, der treue Vasall des Königs und Anna von Österreichs Favorit, der nach Mazarin der mächtigste und zweifellos reichste Mann im Königreich war und dem jede einflussreiche Persönlichkeit im Land mindestens einen Gefallen schuldete, er, Nicolas Fouquet, sollte die Zielscheibe einer Intrige sein, die dieser jämmerliche Buchhalter Colbert eingefädelt hatte? Nein, nein und nochmals nein, das ist nicht möglich und wird es auch nie sein!, sagte er sich und leerte sein Glas Wein in einem Zug.
     
    In der Kutsche, die sie nach Paris zurückbrachte, stieß Molière unterdessen einen Seufzer der Erleichterung aus und schaute Gabriel mit einem bekümmerten, aber gütigen Lächeln an.
    »Danke.«
    Der junge Mann antwortete nicht. Während sein Blick über die Landschaft schweifte, ließ er die letzten Stunden an seinem geistigen Auge vorüberziehen und dachte bei sich, dass er an dem subtilen Spiel der Macht langsam Gefallen fand.

Klosterkirche der Feuillanten
    Samstag, 19.   Februar, am Nachmittag
    Ein eisiger Wind fegte durch die Gassen der Hauptstadt, die größtenteils vereist waren, wodurch das holprige Pflaster besonders tückisch geworden war. Zitternd vor Kälte beschleunigte Colbert dennoch seine Schritte, um zumindest pünktlich zur Predigt zu kommen.
    In der Klosterkirche der Feuillanten sorgten Jacques Bénigne Bossuet indessen weniger seine klammen Füße als vielmehr seine sehnigen Hände. Während der Kanzelredner in der Sakristei betend auf den Beginn der Messe gewartet hatte, waren sie durch die Kälte ganz gefühllos und steif geworden, so dass es ihm nun unmöglich war, dieses Gefühl wieder loszuwerden. Als er auf die Kanzel stieg, kam ihm wieder jener Tag im Winter 1659 in den Sinn, als er anlässlich der Einweihung der Kirche zum ersten Mal auf diese Kanzel gestiegen war. Wie weit lag jene ruhmvolle Predigt schon zurück und wie viel weiter noch die in Metz verbrachten Lehrjahre als Schüler des großen Predigers Saint Vincent de Paul   … Er presste die Lippen zusammen und ließ seinen Blick über die Reihen seiner andächtigen Zuhörerschaft gleiten. Da und dort erkannte er ein paar bekannte Gesichter, darunter auch einige berühmte. Er holte tief Luft und legte die Blätter, auf denen er sich ein paar Notizen gemacht hatte, vor sich auf die Kanzel.
     
    »…   Sie muss, meine Brüder, gleichsam von selbst kommen   … Die göttliche Weisheit   …«
    Colbert schreckte auf, als ihm bewusst wurde, dass er mit offenen Augen geschlafen hatte. Verstohlen blickte er sich um, um sich zu vergewissern, dass die Gläubigen neben ihm nichts bemerkt hatten und aufmerksam der hellen Stimme des schmächtigen Kanzelredners lauschten. Mazarins doppelte Buchführung und die undurchsichtigen Finanzgeschäfte gingen ihm nicht aus dem Kopf. Unvermittelt holte er ein Notizbuch hervor und notierte mit einem kleinen Bleistift hektisch drei

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