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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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seiner bemächtigt. Die Unterschrift seines Vaters auf einem der verschlüsselten Papiere, die er in seiner Kammer versteckt hatte, die Durchsuchung des Theaters durch die Schergen des Kardinals, der Mordanschlag auf den alten Concierge und dieses Pamphlet fügten sich in seinem Kopf zu einem Ganzen, ohne dass er hätte sagen können, wie sie genau zusammenhingen. Nachdenklich blieb er auf der Gasse vor einem offenen Fenster stehen. Auf dem Fensterbrett spielte ein Kätzchen mit einem Wollknäuel. Gabriel nahm es auf seinen Arm.
    »Was denkst du darüber?«, fragte er das maunzende Tier, das nichts unversucht ließ, um sich seinem Griff zu entwinden, so dass er es schließlich auf das holprige Pflaster setzte. Gedankenverloren sah er ihm nach, wie es dem Wollknäuel hinterherjagte.
    An welchem der vielen Fäden ich auch ziehen werde, dachte er, das Knäuel, das ich entwirren muss, ist deswegen nicht weniger verheddert.

Rue Saint-Merry
    Freitag, 25.   Februar, gegen elf Uhr morgens
    Geistesabwesend starrte Nicolas Fouquet durch das Fenster seiner Karosse hinaus auf die vielen Fähren und Boote auf der Seine. Er war mit seinen Gedanken so weit fort, dass er nicht einmal den Menschenauflauf vor der Kirche Saint-Germain bemerkte, wo man sich über ein weiteres Exemplar der Schmähschrift gegen den Kardinal die Köpfe heiß redete. Von der Eskorte bewacht, fuhr die Karosse vorsichtig an der Menge vorbei und bog dann in die Rue Saint-Merry, wo sie vor einem herrschaftlichen Palais an der Ecke zur Rue Saint-Martin hielt, dessen majestätisches Tor sich sogleich öffnete, um die Karosse in den Hof fahren zu lassen. Ein Diener stürzte herbei und hielt dem Oberintendanten der Finanzen den Kutschenschlag auf, der jedoch nicht eher reagierte, bis eine Stimme ihn aus aus seinen Träumereien riss.
    »Monsieur Fouquet! Welch große Ehre für mein Haus!«
    Unter tiefen Verbeugungen und mit beinahe gefalteten Händen kam ein kleiner, schmächtiger Mann herbeigelaufen und verneigte sich tief.
    »Ich bin entzückt, ja geradezu überwältigt, Euch hier empfangen zu dürfen.«
    Seine braune, runzlige Haut, die hohlen Wangen und knöchernen Hände wie auch die Einfachheit seiner schwarzen Kleidung verliehen ihm ein seltsam orientalisches Aussehen,ein Eindruck, der durch seine wohlklingende Stimme jedoch gemildert wurde.
    Fouquet, der inzwischen ausgestiegen war, nickte und schritt dann seinem eilfertigen Gastgeber, der um ihn herumscharwenzelte, voraus zur Freitreppe.
    »Schon gut, Monsieur Jabach, Ihr wisst doch, wie gespannt ich bin, mir Eure Gemälde anzusehen, damit ich mir ein Urteil darüber bilden kann, ob sie tatsächlich die Sammlungen des Kardinals an Schönheit noch übertreffen.«
    Der kleine Mann schlug die Hände vors Gesicht.
    »Macht Ihr Scherze?
Ich
soll mich mit Seiner Eminenz messen können? Es ist nicht nett, sich über einen alten Mann lustig zu machen.«
    Fouquet ging indessen nicht auf die übertriebene Bescheidenheit seines Gastgebers ein.
    »Wenn nicht die viele Arbeit wäre, Monsieur Jabach   … seit Monaten schon will ich Eurer Einladung Folge leisten.«
    Jabach warf sich nun stolz in die Brust.
    »Hier entlang, bitte«, sagte er wenig später und deutete auf die weiße Marmortreppe am Ende der Eingangshalle, in die schwarze Cabochonsteine eingelassen waren.
    Als er die Treppe hinter seinem Gastgeber hinaufstieg, der so flink war, dass er seine Schritte beschleunigen musste, ließ Nicolas Fouquet das Leben des kleinen Mannes an seinem geistigen Auge vorüberziehen. Seit er vor über zwanzig Jahren den Sitz des Kölner Familienunternehmens nach Paris verlegt hatte, hatte Everhard Jabach ein ungeheures Vermögen erworben. Mit unübertroffenem Gespür hatte er es verstanden, in sämtlichen kriegerischen Auseinandersetzungen stets auf den Sieger zu setzen. Er war Direktor der Königlichen Manufaktur geworden und zum Direktor der Ostindischen Handelskompagnie aufgestiegen, deren Schiffe nie sanken und auch den Piraten nicht zum Opfer fielen. Everhard Jabach hatte sich imGegensatz zu seinen Konkurrenten nie geirrt, aber auch niemals danach gestrebt, aus dem Schatten herauszutreten, in dem seine Geschäfte florierten. Zwanzig Jahre nach der Eröffnung seiner ersten Bank und zehn Jahre nachdem er für seine besonderen Verdienste die französische Staatsangehörigkeit erhalten hatte, war er zudem zum bedeutendsten Kunstsammler von Paris geworden. Und der verschwiegenste, dachte Fouquet, wie sie nun einen riesigen

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